Irres Finish: Fürth verspielt zwei Punkte in Braunschweig

18.10.2014, 14:52 Uhr
Fürther Schockmoment: Benjamin Kessel raubt dem Kleeblatt in der Nachspielzeit den Sieg.

© Sportfoto Zink / WoZi Fürther Schockmoment: Benjamin Kessel raubt dem Kleeblatt in der Nachspielzeit den Sieg.

Es war dann doch trotz aller Bedenken kein Geisterspiel im Stadion an der Hamburger Straße in Braunschweig. 21.200 Zuschauer waren trotz Lokführerstreik gekommen, darunter ein paar Hundert Fürther, die alle mit ihren Gesängen eine prächtige Atmosphäre beisteuerten zum Duell der beiden Traditionsteams, der ehemaligen Deutschen Meister. Diese Titel liegen allerdings schon länger zurück, bei Fürth 85 Jahre, in Braunschweig 47 Jahre. Beide Vereine sind mittlerweile froh, nach Jahrzehnten in der Versenkung zumindest wieder an der Schwelle zur Bundesliga zu stehen, ja zuletzt sogar im Oberhaus jeweils ein Jahr mit vergleichsweise geringen Mitteln die großen Namen des modernen Fußballs geärgert zu haben. Fürth und Braunschweig stiegen jedoch beide zuletzt nach nur einer Saison in der Bundesliga wieder ab. Nun wollen beide unbedingt wieder nach oben, stehen jedoch nach durchwachsenen Starts noch im Mittelfeld der Zweitliga-Tabelle.

Bei der Spielvereinigung machte man sich zuletzt vor allem Sorgen über die Leistungen auf fremdem Platz. Aus vier Auswärtsspielen gab es gerade mal ein Tor (in Bochum, 1:1) und einen Punkt. Braunschweig hatte überhaupt nur zwei der letzten sieben Partien gewonnen. Es war bald klar: Wer das Aufeinandertreffen der Altmeister gewinnen würde, der dürfte weiterträumen von der Rückkehr in die Bundesliga noch in dieser Saison. Doch am Ende änderte sich nicht viel an der Tabellensituation, weil der Spielvereinigung eine 2:0-Führung nicht zum Sieg in Niedersachsen ausreichte. Mit der letzten Aktion des Spiels gelang Braunschweig der 2:2-Ausgleich per Kopf.

Mit dem letzten Aufgebot angereist, hatte Trainer Frank Kramer die Mannschaft vorher erneut umbauen müssen. Die Länderspielpause konnte nicht etwa dazu genutzt werden, ehemals Verletzte wieder im Training zu begrüßen – nein, sie brachte sogar neue Angeschlagene. Der Trainer beorderte deshalb Stephan Schröck zurück in die Viererkette, links hinten verteidigte Guilherme für den verletzten Thomas Pledl. Nico Gießelmann rückte dafür ins Mittelfeld. Die Fürther übernahmen sofort die Initiative, nahmen Braunschweig jegliche Luft zum Atmen. Immer wieder wusste sich der Gastgeber nur mit Fouls zu helfen, aus den Freistößen jedoch konnte Fürth keinen Vorteil ziehen. Aus dem Spiel heraus erarbeitete die Spielvereinigung ebenfalls Möglichkeiten, bei der besten drückte Nico Gießelmann eine Schröck-Hereingabe knapp am linken Pfosten vorbei (25.). Braunschweig existierte in dieser Phase überhaupt nicht, enttäuschte auf der ganzen Linie – weniger als 25 Prozent Ballbesitz sprachen eine deutliche Sprache. Gerade als die Heimfans begannen ihren Unmut herauszubrüllen, Braunschweigs Coach Torsten Lieberknecht vor seiner Bank das Toben begann, wachte die Eintracht etwas auf. Doch Hedenstad verstolperte den Ball gegen Guilherme (28.). Im Gegenzug verpasste Kacper Przybylko die größte Fürther Möglichkeit der ersten Hälfte, als er plötzlich allein vor Gikiewicz auftauchte, den herauseilenden Keeper aber anköpfte (32.).

Vor der Pause ließ der Druck der Gäste etwas nach, Fehlpässe von Caligiuri und Stiepermann ermöglichten Braunschweig Entlastung. Ein gefährlicher Kessel-Knaller aus 15 Metern klatschte ins Gesicht von Benedikt Röcker, der benommen liegen blieb. Der Ball hätte auch den Weg ins Tor finden können. Neun zu zwei Torschüsse waren jedoch ein klares Zeugnis Fürther Überlegenheit zum Pausenpfiff.

Aus der Kabine kam Braunschweig zunächst entschlossener, Torjäger Nielsen zielte aber knapp am Pfosten vorbei. Auf der Gegenseite hielt Gikiewicz stark auf der Linie gegen einen Röcker-Kopfball (49.). Zehn Minuten später war es dann soweit, ausgerechnet aber nach einem schnellen Konter der Spielvereinigung: Weilandt passte eine Bogenlampe auf Przybylko, der verarbeitete den Ball und passte ihn durch die Beine seines Bewachers auf Marco Stiepermann, der zu seinem zweiten Saisontor nur noch einschieben musste. Und neun Minuten später durfte das Kleeblatt wieder jubeln, diesmal lief es genau umgekehrt, den zweiten aussichtsreichen Konter verwertete Kacper Przybylko nach Zuspiel von Stiepermann zum 2:0 (68.).

Nun musste Braunschweig kommen und entfachte Druck: Bei einer Flanke aus dem Halbfeld stand der ehemalige Braunschweiger Marco Caligiuri zu weit weg von seinem ehemaligen Kollegen Kessel, der zum 1:2 einköpfte (72.). Es war das erste Kopfball-Gegentor überhaupt in dieser Saison für Fürth. Die Eintracht war urplötzlich wieder zurück im Spiel, witterte ihre Chance. Die Spielvereinigung konnte sich erneut bei Röcker bedanken, der diesmal einen Ademi-Schuss aus vierzehn Metern abblockte. Wenig später hielt Torwart Tom Mickel stark im Eins-gegen-Eins mit Korte (83.). Die Schlussoffensive war angebrochen, das Publikum peitschte seine Mannschaft mit aller Kraft nach vorne. Frank Kramer schickte den wiedergenesenen Johannes Wurtz für Weilandt in sein erstes Spiel fürs Kleeblatt, Lieberknecht stellte um auf Dreierkette und volle Offensive.

Es lief bereits die dreiminütige Nachspielzeit auf der Uhr, da schickte Kramer Thomas Kleine für Nico Gießelmann ins Spiel, es war der erste Saisoneinsatz für den 37-Jährigen, der einfach noch mithelfen sollte, dieses 2:1 irgendwie über die Zeit zu retten. Doch auch der Oldie und neue Rekordspieler der Spielvereinigung konnte nicht mehr verhindern, dass Benjamin Kessel mit der letzten Aktion des Spiels Braunschweig per Kopf doch noch den Ausgleich besorgte.

 

Eintracht Braunschweig: Gikiewicz - Kessel, Decarli, Correia (84. Khelifi), Reichel - Korte, Boland - Hedenstad (64. Pfitzner), Zuck - Bakenga (64. Ademi), Nielsen

SpVgg Greuther Fürth: Mickel - Schröck, Caligiuri, Röcker, Guilherme – Fürstner, Sukalo – Weilandt (84. Wurtz), Stiepermann (88. Zulj), Gießelmann (90. + 1 Kleine) – Przybylko

Tore: 0:1 Stiepermann (59.), 0:2 Przybylko (68.), 1:2 Kessel (72.), 2:2 Kessel (90. + 4) | Gelbe Karten: Korte - Fürstner, Weilandt | Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart) | Zuschauer: 21.200

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