Sieg nach Overtime-Krimi: Ice Tigers gleichen Köln-Serie aus

15.3.2018, 23:44 Uhr

Es war nicht so, dass in Deutschlands größter Multifunktions-Arena gar keine Stimmung herrschte. Immer wieder, wenn Kinder sich zu lustiger Musik lustig bewegten, freuten sich die Menschen auf den Rängen. Sie schunkelten und sangen mit, wenn de Höhner eingespielt wurden und bejubelten die zwei Tore der Kölner Haie. Dazwischen aber hörte man nur eine einsame Trommel. So fühlen sich also Playoffs in einer Eishockeystadt an.

So hatte das wunderbare Magazin No Sports Köln vor der Eishockey-WM bezeichnet. In der Arena in Deutz feierten dann die Russen und die Letten und zuweilen auch die Deutschen, schon eine S-Bahn-Stadion weiter aber wurden die Menschen in ihren bunten Trikots mitleidig begutachtet. Iserlohn, Schwenningen und neuerdings auch Bremerhaven – das sind auch nach der Silbermedaille von Pyeongchang Deutschlands Eishockeystädte, die in den Playoffs aufleben. Auch in Nürnberg zelebrieren viele Männer ihre letzte Rasur, Frauen und Männer pflegen ihren Aberglauben und sind zu Tode betrübt, wenn der Auftakt so derart misslingt, wie das 1:4 am Mittwochabend. 24 Stunden später aber fanden die Thomas Sabo Ice Tigers in dieser seltsam heruntergekühlten Atmosphäre zu ihrem Spiel und mit dem 3:2 auch in diese best-of-seven-Serie.

Treutle bekam eine zweite Chance

So wie sie in der Punkterunde auswärts viele Punkte geholt hatten, so holten sie sich auch in Köln das Heimrecht zurück. Ein 0:2-Rückstand brachte die Ice Tigers nicht von ihrem Plan ab. Ohne die Ruhe eines jungen Mannes aus Gaißach aber hätte es wahrscheinlich trotzdem nicht gereicht. Leo Pföderl ist einer der Helden von Pyeongchang – zurecht, weil er gegen die Schweiz ein wichtiges Tor geschossen hatte. Danach aber wurde er von Bundestrainer Marco Sturm geschont. Wahrscheinlich auch für seine herausragende Leistung an diesem Donnerstagabend in Köln.

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Wie angekündigt hatte Rob Wilson seine Mannschaft umgebaut, wenn auch nicht ganz so, wie man das hatte erwarten können. Niklas Treutle bekam eine zweite Chance, seine Eignung als Playoff-Torhüter nachzuweisen. Steven Reinprecht kehrte zurück, der 41-Jährige wurde wie immer von Patrick Reimer und Yasin Ehliz aufs Eis geführt. Und auch Marius Möchel gab sein Playoff-Debüt 2018. Dafür mussten Patrick Bjorkstrand, der schnelle Däne, und Petr Pohl zuschauen. Marco Pfleger, vor einem Jahr noch ein Schlüsselspieler, spielt offenbar überhaupt keine Rolle mehr. Dafür durfte erneut Eugen Alanov in der vierten Reihe ackern.

Pföderl lässt Nürnberg jubeln

Der Effekt der Umstellungen: kaum zu erkennen. Zumindest im ersten Drittel. Im ersten Power-Play ließ Treutle einen mächtigen Schuss von Christian Ehrhoff abprallen, vor dem Tor fand sich niemand, der sich um Sebastian Uvira hätte kümmern wollen (8. Minute). Auf der anderen Seite traf Reimer den Außenpfosten (12.), konnte den Puck danach nicht an der blauen Linie nicht im Drittel halten. Den Konter der Haie schloss Blair Jones mit jener Bewegung ab, mit der der Nürnberger Kapitän scheitert (13.). Gefühlt war sein präziser Schuss der zweite der Gastgeber überhaupt. Im Anschluss stellten die Haie ihr Offensivspiel erst einmal völlig ein.

Nürnberg konnte sich neu ordnen und entwickelte die nötige Ruhe, um erste Fehler der Haie zu nutzen. John Mitchell hatten sie zum Beispiel völlig übersehen, der Kanadier konnte in Seelenruhe einen Pass von Brett Festerling aufnehmen, vor Wesslau reichte ihm eine Finte, um den schwedischen Torhüter zu überwinden (16.). Mit dem Anschlusstreffer übernahmen die Ice Tigers die Kontrolle, ohne dabei zu gefährlich zu werden. Wie am Mittwoch zwang Köln sie an die Banden, Nürnberg war auf einen weiteren Fehler angewiesen. Pascal Zerressen ließ sich mit seinem Aufbaupass so lange Zeit, bis Leo Pföderl direkt vor ihm auftauchte – auch gegen diesen Alleingang hatte Wesslau keine Chance (28.).

Es begann diese gespenstisch ereignislose Phase, die nur durch Musikeinblendungen unterbrochen wurde. Auf den Rängen passierte wenig, auf dem Eis gar nichts. Beide Mannschaften beschränkten sich auf das, was sie im Zweifel am besten können. Verteidigen. Erst mit einem Lattentreffer von Pföderl (58.) wurde es wieder interessant – von der viertelstündigen Pause vor der Verlängerung mal abgesehen. Reimer blieb danach in der Kabine. Ohne ihren Kapitän überstand die Mannschaft zwei Strafzeiten und ein eigenes Power-Play. Nürnberg aber wirkte abgeklärt, ruhig und geduldig. Als sich die Arena auf eine weitere Pause einstellte, drückte Pföderl die Scheibe direkt im Angesicht von Wesslau über die Linie (78.). Pföderl jubelte, unter dem Dach jubelten die Nürnberger Fans. Alle anderen verließen die Arena in Stille, noch bevor der Arena-Sprecher den Namen des Torschützen durchgegeben hatte.

Hier gibt's das Spiel im Ticker zum Nachfiebern:

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