Nach der Wahl: Rasanter Generationswechsel beim Club

2.10.2014, 05:58 Uhr
Thomas Grethlein, Mathias Zeck und Stefan Müller (v.l.n.r.) sind drei der fünf neuen Aufsichtsratsmitgliedern.

© Sportfoto Zink / DaMa Thomas Grethlein, Mathias Zeck und Stefan Müller (v.l.n.r.) sind drei der fünf neuen Aufsichtsratsmitgliedern.

"Ich wünsche Ihnen einen recht guten Nachhauseweg." Das war’s. So beendet Klaus Schramm kurz vor drei Uhr die Mitgliederversammlung des 1. FC Nürnberg. Und so verabschiedet er sich damit nach zehn Jahren als Aufsichtsratsvorsitzender des Vereins; seit fast 50 Jahren ist er Mitglied, seit über 40 Jahren ehrenamtlich für den Club tätig. Dann steigt der 75-Jährige vom Podium. Die Erschöpfung ist ihm anzusehen nach der langen Veranstaltung. Die Enttäuschung auch. Und die Rührung.

Das Ende einer Ära: Klaus Schramm bei seiner letzten Rede als Aufsichtsratsvorsitzender.

Das Ende einer Ära: Klaus Schramm bei seiner letzten Rede als Aufsichtsratsvorsitzender. © Sportfoto Zink / DaMa

Er schüttelt ein paar Hände, lässt sich auf die Schulter klopfen. „Tut mir ehrlich leid“, raunt ihm eine Frau zu. Ein letztes kurzes Interview für diese Nacht. Das Wichtigste für den Club ist jetzt, so gibt er dem neuen Aufsichtsrat mit auf den Weg, „das, was den ganzen Abend hier Thema war und besprochen wurde: Dass Einigkeit herbeigeführt werden muss. Vor allem auch Einigkeit in der Außendarstellung.“ Als „oberste Aufgabe“ sieht Schramm das für das neue Gremium an: „Ich hoffe es, dass das gelingen kann. Es ist eine große Herausforderung.“

Schneider nicht mehr dabei

Eine Herausforderung, die er gerne noch mal angenommen hätte, aber nicht mehr soll. Die Mitglieder wählen andere, überwiegend deutlich jüngere, eine neue Generation rückt auf, auch Siegfried Schneider muss seinen Platz räumen. Es gibt also einen personellen Umbruch im wichtigsten Gremium des 1. FC Nürnberg; fünf der neun Plätze sind jetzt neu besetzt. Mit Leuten, die für einen möglichst unaufgeregten Neuanfang stehen.

Was doch ein wenig erstaunt auf der phasenweise recht turbulenten Zwei- Tages-Veranstaltung: Die meisten Stimmen erhalten dann doch die Kandidaten mit den souveränsten Auftritten. Stefan Müller zum Beispiel knackt als Einziger sogar die 1000er Grenze, womit er offensichtlich selbst nicht gerechnet hatte. Der 46-Jährige aus Schwabach, Geschäftsführer einer Marketingfirma, gibt sich erkennbar überrascht ob seines Wahl- erfolgs.

„Ich möchte nicht back to the roots“, so distanziert sich Müller früh in seiner dreiminütigen Rede von der Oppositionsgruppe mit Hanns-Thomas Schamel an der Spitze; einsetzen will sich Müller vor allem für eine Befriedung des Vereins, die Wende zum Guten könnten letztlich nur „alle zusammen schaffen“.

Müller hat gute Chancen, neuer Aufsichtsratsvorsitzender zu werden, obwohl er lieber im Hintergrund agieren würde. Von den im Gremium Verbliebenen sollen Peter Schmitt und Oberbürgermeister Ulrich Maly bereits dankend abgelehnt haben, auch Günther Kochs Beförderung vom Stellvertreter zum Chef gilt als unwahrscheinlich. Somit käme nur noch Ralf Peisl in Frage.

Auch Thomas Grethlein punktet mit einer emotionalen, aber keineswegs populistischen Rede. „Es muss sich einiges ändern“, sagt Grethlein, 56, Leiter eines Start-up-Unternehmens — und, wie Müller, gebürtiger Nürnberger. Grethlein bringt auf den Punkt, was viele im Saal hören wollen: „Ich stehe für eine vernünftige Vereinspolitik, frei von Machtinteresse“, sagt Grethlein, vielen Leuten spricht er damit aus dem Herzen.

Wahrscheinlich ist Schamel vor allem an seinen Ansprüchen gescheitert; Vorsitzender des Aufsichtsrates wollte er werden und mit seinen vier Unterstützern die Kontrolle im Gremium übernehmen. Den Vorstand hätte er ausgetauscht — will (oder kann) aber auch am Dienstag keine Alternativen zu Martin Bader und Ralf Woy nennen. Die Mitglieder haben allerdings keine Lust auf eine personelle Wundertüte und stimmen stattdessen lieber für den kontrollierten Umbau.

Für den will sich auch der ehemalige Hörfunkreporter Mathias Zeck aus Bamberg einsetzen, der als Letzter der 16 Kandidaten ans Mikrofon darf – und dabei auch von den gründlich missratenen Auftritten einiger seiner Vorgänger profitiert. Medienprofi Zeck versteht es glänzend, die Menschen in seinen Bann zu ziehen, für seine Ideen zu begeistern. „In schwierigen Zeiten Farbe zu bekennen, ist für mich reizvoller als in Zeiten des Erfolgs, wo alle dazugehören wollen“, damit hat Zeck schon im Vorfeld viele Sympathien gewonnen. Sein Appell an die fast 2000 Menschen in der Frankenhalle: „Wir brauchen ein neues Einigkeitsgefühl“, sagt Zeck, „dieses Auseinanderdriften des Vereins muss ein Ende haben.“

Strategischer Plan

Müller, Grethlein und Zeck haben zunächst drei Jahre Zeit, dem entgegenzuwirken, Johannes Bisping und Rainer Gömmel vorerst zwei. Die beiden sind die offiziellen Nachrücker für die kürzlich zurückgetretenen Schamel und Manfred Müller. Der Laufer Bisping, geschäftsführender Gesellschafter eines Kommunikationsunternehmens, will sich um eine „deutlich stärkere Einbindung und direkte Verbindung zu den regionalen Unternehmen kümmern“, wie er vorab ankündigte. Und geht mit gutem Beispiel voran; seine Firma ist seit geraumer Zeit ein sogenannter „FCN- Partner“ und damit Sponsor.

Gömmel, 70, ebenfalls gebürtiger Nürnberger und früher unter anderem Inhaber eines Lehrstuhls an der Universität Regensburg, verspricht die „Erstellung eines strategischen Plans“, außerdem behauptet er: „Wir werden niemals untergehen.“ Das ist doch schon mal ein Anfang.

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