Nach Hack-Abschied: Schwiewagner fürchtet Zerreißprobe

20.6.2018, 05:57 Uhr
Nach Hack-Abschied: Schwiewagner fürchtet Zerreißprobe

© Foto: Sportfoto Zink

Die Ära Helmut Hack nähert sich dem Ende. Wenn der langjährige Präsident und Geschäftsführer bei der SpVgg Greuther Fürth zum 31. Juli offiziell aus seinen Ämtern scheidet, wird ihm Holger Schwiewagner als neuer starker Mann beim Kleeblatt nachfolgen.

Herr Schwiewagner, ist mit Ihnen als neuem Chef der Profiabteilung auch ein neuer Stil, eine neue Ausrichtung und Herangehensweise verbunden?

Holger Schwiewagner: Ich habe meinen eigenen Stil. Den habe ich schon die letzten Jahre gegenüber den Mitarbeitern und nach Außen gelebt. Von neu kann man also nicht reden. Es ist sicher so, dass mit dem Ausscheiden von Helmut Hack meine Verantwortung wächst. Für mich wird es sicher schwieriger, weil sich früher in kritischen Situationen viel auf die Person Helmut Hack projiziert hat.

Klingt das nun nach einer Chance oder etwas Wehmut?

Schwiewagner: Fakt ist: Es ist für uns jetzt eine große Verantwortung. Unsere Aufgabe ist es, dass wir den Verein in eine gute Zukunft führen. Da haben wir klare Vorstellungen, wie und mit welchen Personen wir das machen wollen. Und Wehmut? Wenn ich in 22 Jahren zurückschaue und das auf die Straße gebracht habe, was Helmut Hack geschafft hat, dann haben wir viel richtig gemacht.

"Zeit für die Trennung ist gekommen"

Nach dem glücklichen Klassenerhalt hieß es noch: einfach so weitermachen wolle man auf keinen Fall. Jetzt sind die Führungspersonen bis auf Hack aber gleichgeblieben. Kann es damit einen Neuanfang geben?

Schwiewagner: Das ist mir zu einfach und zu oberflächlich. Ich tue mich auch schwer mit Forderungen nach einem Paradigmenwechsel. Da muss mir jemand schon genau sagen, was man denn glaubt, verändern zu müssen. Ein Beispiel: Uns wird seit einigen Jahren der Vorwurf gemacht, dass unsere Nachwuchsarbeit so schlecht wäre. Da widerspreche ich nicht, wenn es um reine Ergebnisse geht. Schau ich mir aber an, dass David Raum und Patrick Sontheimer in der letzten Saison zusammen über 30 Spiele bei den Profis gemacht haben, jetzt mindestens vier Spieler aus der "U 19" fester Bestandteil der "U 23" werden sollen, unser Nachwuchsleistungszentrum wieder mit drei Sternen zertifiziert worden ist, dann muss ich sagen, es war nicht alles schlecht. Wir machen nicht einfach weiter wie bisher. Aber wir würden einen riesengroßen Fehler machen, wenn wir den ganzen Laden über Nacht auf links drehen würden. Das wäre fatal.

Künftig soll die Geschäftsführung der Profis klar vom Präsidium getrennt werden. Warum?

Schwiewagner: Wir zeigen, das eine ist das Geschehen im e.V., dem Breitensport, das andere ist die Arbeit in der Kapitalgesellschaft, sprich dem Profifußball. In den 22 Jahren unter Helmut Hack hatten wir Ruhe im Verein. Kritiker würden sagen, wir haben die Leute ruhig gestellt. Unter dem Strich haben die Ergebnisse gepasst. Wir wollen die Trennung, weil wir überzeugt sind, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, das anzupassen.

Und deswegen stehen Sie nicht als Präsident zur Verfügung?

Schwiewagner: Genau, und ich frage mich auch, ob ich künftig die Rolle als Vizepräsident weiter bekleide.

Aufsichtsrat kein Kuschelgremium 

Ist das verknüpft mit der Person des künftigen Präsidenten?

Schwiewagner: Nein. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es ist wichtig, klare Strukturen zu haben, unabhängig von Personen. Ein neuer Präsident wird nicht die Rolle eines Helmut Hack einnehmen, er wird Repräsentant sein. Die operativen Geschicke des Fürther Profifußballs liegen in der Hand der Geschäftsleitung, und die wird vom Aufsichtsrat überwacht.

Wird der Aufsichtsrat gestärkt? Unter Hack soll die Kontrollfunktion wenig ausgeprägt gewesen sein . . .

Schwiewagner: Man muss dieses Gremium nicht stärken. Es hat klar definierte Aufgaben, klar definierte Rechte und Pflichten in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung. Die Regeln, wonach wir den Aufsichtsrat zu informieren haben und seine Zustimmung einholen müssen, sind ebenfalls klar. Ich frage mich, wie es zu dieser Wahrnehmung kam. Wenn die Geschäftsführung diese Position ausgenutzt hätte und der Aufsichtsrat hätte die Geschäftsführung nicht reglementiert, hätte sich der Aufsichtsrat haftbar oder sogar strafbar gemacht. Da sitzen nicht nur Leute in dem Rat, die alles abnicken. Es sind große Unternehmer, die nicht wie in andere Städten die Profilierung über die Medien suchen, aber intern kritisch sind.

Das eine ist das Papier, das andere die Realität. Allzu kontrovers sollen die Sitzungen in der Vergangenheit nicht gewesen sein . . .

Schwiewagner: Das mag sein. Aber es ist doch eine Frage des Vertrauens in die Geschäftsführung. Trotzdem gab es sehr wohl kontroverse Diskussionen, man war nicht immer einer Meinung. Aber wir haben die Diskussionen intern ausgefochten. Und nur, weil nichts nach Außen dringt, heißt es nicht, dass sich alle lieb haben.

"Durch Geld von Sommer darf uns kein Risiko entstehen" 

Welches Anforderungsprofil soll der neue Präsident erfüllen?

Schwiewagner: Das muss der Wirtschaftsbeirat definieren. Wenn das alte Präsidium gefragt wird, werden wir sicher mithelfen, ein Profil zu entwickeln. Mit geht diese Diskussion zu sehr auf die Person des Präsidenten. Er entscheidet ja nicht alleine. Das Präsidium besteht aktuell aus vier Personen. Um Entscheidungen zu treffen, bedarf es einer Stimmenmehrheit. Alleinherrscher gibt es in Fürth nicht. Der Präsident hat satzungsgemäß einen Sitz im Aufsichtsrat, er wird natürlich Einblick haben in den Profifußball und wird eingebunden sein. Aber er wird keine operativ gestaltende Rolle haben, was rein rechtlich als Aufsichtsratsmitglied gar nicht geht.

Apropos – Aufsichtsrat Thomas Sommer hat sich mit der Ankündigung, der SpVgg Millionen zur Verfügung zu stellen, klar positioniert. Wie bewerten Sie diese Ansage?

Schwiewagner: Grundsätzlich ist es doch gut und schön zu sehen, dass es mit Thomas Sommer einen Menschen gibt, der grundsätzlich bereit wäre, zu investieren. Die Frage ist nur, unter welchen Voraussetzungen. Das müssen wir nicht im Rahmen eines Interviews diskutieren, sondern mit Thomas Sommer persönlich. Und dann müssen wir und auch der Aufsichtsrat bewerten, ob es eine Möglichkeit gibt, dieses Geld anzunehmen und sinnvoll einzusetzen. Zwei Punkte sind ganz wichtig: Der Spielvereinigung darf dadurch kein Risiko entstehen. Und wir hätten gegenüber Thomas Sommer eine Verantwortung, sein Geld richtig einzusetzen. Salopp gesagt: es nicht zu verbrennen.

Klingt das für Sie nach Chance oder Risiko?

Schwiewagner: Das hängt davon ab, in welcher Form Thomas Sommer bereit wäre, dem Verein Geld zu geben. Damit meine ich nicht die in der Öffentlichkeit diskutierten Mitspracherechte. Mir geht es da um die rechtliche Umsetzung. Da müssen wir sehen, wie wir zueinander finden.

In Ruhe eine Entwicklung vorantreiben 

Die bevorstehende Trennung der Geschäftsführung, ein neues Präsidium, Befindlichkeiten im Aufsichtsrat – droht der Spielvereinigung in den nächsten Wochen eine Zerreißprobe?

Schwiewagner: Wir müssen wahnsinnig aufpassen, dass uns diese ganzen Diskussionen nicht zu viel Energie rauben. Ich finde es spannend, wenn immer wieder von Veränderungen gesprochen wird. Ich sage Ja, aber mit Ruhe und mit Bedacht. Eine Zerreißprobe wird es sein, wenn die Forderung von Außen nach Veränderung zu groß wird. Die letzten zwei Jahrzehnte hatten wir immer Ruhe, es herrschte Einigkeit, und wir haben intern diskutiert. Das hat uns gut getan. Wenn wir uns jetzt nicht mehr auf unser originäres Geschäft konzentrieren können, wird es uns zerreißen.

Ein schmaler Grat zwischen Energie und Unruhe . . .

Schwiewagner: Unruhe ist für mich das größte Risiko. Es ist klar, dass die Stimmung im Verein von der Entwicklung im sportlichen Bereich abhängt. Gewinnt die Mannschaft, hat man viel richtig gemacht. Verliert sie, hat man alles falsch gemacht. Aber genau das ist es doch nicht.

Wo sehen Sie die Spielvereinigung in einem Jahr, wo in fünf Jahren?

Schwiewagner: In einem Jahr in ruhigen, stabilen Gewässern. Was in fünf Jahren ist, kann ich noch nicht beantworten. Wir sind gerade dabei, eine Strategie für die kommenden Jahre zu entwickeln und erste Schritte umzusetzen. Da kann und will ich aber noch nicht darüber reden.

 

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