Phantomtore, Koks und Hoyzer: Skandale im Fußball

21.10.2013, 10:17 Uhr
Leverkusen-Stürmer Stefan Kießling köpft deutlich am Tor vorbei. Durch ein Loch im Netz aber landet der Ball doch hinter Torhüter Koen Casteels. Ein waschechtes Phantomtor - und damit noch lange kein Präzedenzfall. Wir haben kuriose Treffer, legendäre Szenen und handfeste Skandale in Bildern zusammengefasst. Ein Stück Fußballgeschichte.
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Phantom Kießling

Leverkusen-Stürmer Stefan Kießling köpft deutlich am Tor vorbei. Durch ein Loch im Netz aber landet der Ball doch hinter Torhüter Koen Casteels. Ein waschechtes Phantomtor - und damit noch lange kein Präzedenzfall. Wir haben kuriose Treffer, legendäre Szenen und handfeste Skandale in Bildern zusammengefasst. Ein Stück Fußballgeschichte. © dpa

Der wohl naheliegendste Vergleich: Thomas Helmers Phantomtor aus dem Jahr 1994 gegen den 1. FC Nürnberg. Damals stolperte der Verteidiger in Diensten des FC Bayern München den Ball deutlich sichtbar links am Tor vorbei, der Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers entschied allerdings auf Tor. "Es kamen zwei jubelnde Mitspieler auf mich zu, die habe ich erst mal ein bisschen fassungslos angeguckt. Da aber war das Kind schon in den Brunnen gefallen", erinnert sich Helmer im Gespräch mit der FAZ. "Als Spieler weißt du in einem solchen Ausnahmemoment zwischen eigenen Zweifeln und jubelnden Kollegen für ein paar Momente überhaupt nicht, was los ist und was du machen sollst." Das DFB-Sportgericht entschied damals: Keine Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters. Die Partie wurde neu angesetzt, wiederholt - und der FC Bayern gewann das fällige Wiederholungsspiel deutlich mit 5:0. Ganz ohne Diskussionsbedarf.
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Helmers Fehltritt

Der wohl naheliegendste Vergleich: Thomas Helmers Phantomtor aus dem Jahr 1994 gegen den 1. FC Nürnberg. Damals stolperte der Verteidiger in Diensten des FC Bayern München den Ball deutlich sichtbar links am Tor vorbei, der Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers entschied allerdings auf Tor. "Es kamen zwei jubelnde Mitspieler auf mich zu, die habe ich erst mal ein bisschen fassungslos angeguckt. Da aber war das Kind schon in den Brunnen gefallen", erinnert sich Helmer im Gespräch mit der FAZ. "Als Spieler weißt du in einem solchen Ausnahmemoment zwischen eigenen Zweifeln und jubelnden Kollegen für ein paar Momente überhaupt nicht, was los ist und was du machen sollst."

Das DFB-Sportgericht entschied damals: Keine Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters. Die Partie wurde neu angesetzt, wiederholt - und der FC Bayern gewann das fällige Wiederholungsspiel deutlich mit 5:0. Ganz ohne Diskussionsbedarf. © imago

Ebenso legendär: Das Wembley-Tor. Im WM-Finale 1966 gegen Deutschland traf der Engländer Geoff Hurst in der 101. Spielminute die Unterkante der Latte, der Ball prallte auf dem Boden und wurde von Verteidiger Wolfgang Weber ins Toraus geköpft. Der Schiedsrichter entschied: Treffer - und damit zum 3:2 für England, was die Vorentscheidung um die WM-Krone bedeutete. Später räumte der schweizer Referee Gottfried Dienst ein, er habe den Ball nicht richtig gesehen und nur aufgrund des Jubels der Engländer auf Tor entschieden. Bis heute ist nicht abschließend geklärt ob der Ball nun hinter, oder eben vor der Linie war. Ein Politikum bleibt der Wembley-Treffer aber. Geschichte wiederholt sich. Im Achtelfinale der Weltmeisterschaft 2010 trafen erneut Deutschland und England aufeinander. In der 37. Spielminute ist es Lampard, der den Ball an die Unterkante der Latte hämmert. Manuel Neuer dreht sich und nimmt den Ball deutlich hinter der Linie auf. Kein Pfiff, kein Tor und Entsetzen bei den Briten um Lampard. Der Treffer wird nicht gegeben - und England scheidet aus. "It's miles over the line – but the goal's not given!", schreibt die englische Tageszeitung "Guardian" später. Die Geburt des Anti-Wembley-Tors, 44 Jahre nach dem vermeintlichen Original.
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Rache für Wembley

Ebenso legendär: Das Wembley-Tor. Im WM-Finale 1966 gegen Deutschland traf der Engländer Geoff Hurst in der 101. Spielminute die Unterkante der Latte, der Ball prallte auf dem Boden und wurde von Verteidiger Wolfgang Weber ins Toraus geköpft. Der Schiedsrichter entschied: Treffer - und damit zum 3:2 für England, was die Vorentscheidung um die WM-Krone bedeutete. Später räumte der schweizer Referee Gottfried Dienst ein, er habe den Ball nicht richtig gesehen und nur aufgrund des Jubels der Engländer auf Tor entschieden. Bis heute ist nicht abschließend geklärt ob der Ball nun hinter, oder eben vor der Linie war. Ein Politikum bleibt der Wembley-Treffer aber.

Geschichte wiederholt sich. Im Achtelfinale der Weltmeisterschaft 2010 trafen erneut Deutschland und England aufeinander. In der 37. Spielminute ist es Lampard, der den Ball an die Unterkante der Latte hämmert. Manuel Neuer dreht sich und nimmt den Ball deutlich hinter der Linie auf. Kein Pfiff, kein Tor und Entsetzen bei den Briten um Lampard. Der Treffer wird nicht gegeben - und England scheidet aus. "It's miles over the line – but the goal's not given!", schreibt die englische Tageszeitung "Guardian" später. Die Geburt des Anti-Wembley-Tors, 44 Jahre nach dem vermeintlichen Original. © John Hrusa (dpa)

Und noch so ein Un-Tor, das eigentlich drin war, aber irgendwie auch nicht. Am ersten Spieltag der Bundesliga-Saison 2013/14 überlupft Hoffenheims Kevin Volland Club-Keeper Raphael Schäfer und verleiht dem Ball dabei einen derartigen Drall, dass dieser deutlich hinter der Torlinie aufkommt, dann aber nach vorne wieder rausspringt. Schäfer und sein Defensiv-Kollege Per Nilsson wissen definitiv, was Sache ist. Die resignierten Blicke sprechen Bände. Das Schiedsrichter-Team hat aber nix gesehen und lässt weiter laufen. Gut für den Club, der sich in Sinsheim immerhin ein 2:2 erkämpft.
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Drin das Ding

Und noch so ein Un-Tor, das eigentlich drin war, aber irgendwie auch nicht. Am ersten Spieltag der Bundesliga-Saison 2013/14 überlupft Hoffenheims Kevin Volland Club-Keeper Raphael Schäfer und verleiht dem Ball dabei einen derartigen Drall, dass dieser deutlich hinter der Torlinie aufkommt, dann aber nach vorne wieder rausspringt. Schäfer und sein Defensiv-Kollege Per Nilsson wissen definitiv, was Sache ist. Die resignierten Blicke sprechen Bände. Das Schiedsrichter-Team hat aber nix gesehen und lässt weiter laufen. Gut für den Club, der sich in Sinsheim immerhin ein 2:2 erkämpft. © Sportfoto Zink / JüRa

Unabdingbar in einer Reihe mit dem Tenor "Skandale, Skandale, Skandale": Christoph Daum. Oder der "Verschnupfte", wie Uli Hoeneß ihn nannte. Der warf im Oktober 2000 Daum vor, Drogen zu konsumieren. "Der DFB kann doch keine Aktion wie 'Keine Macht den Drogen' starten und Herr Daum hat vielleicht damit etwas zu tun", ließ sich Hoeneß in der Münchner Abendzeitung zitieren. Der Beginn der wohl haarigsten Affäre der Bundesliga-Historie. Deutscher Nationaltrainer sollte er werden. Im Oktober 2000 stand Christoph Daum dann kurz vor der Unterschrift. Die Drogen-Gerüchte kommentierte Daum locker weg, bot mit den Worten "Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe" sogar eine Haarprobe an. Tatsächlich wurden dort dann aber Spuren von Kokain gefunden, sein Handschlag-Vertrag als DFB-Trainer platzte. Auch bei Bayer Leverkusen wurde er von seinen Aufgaben entbunden. Ein zweiter Test, den Daum selbstständig in den USA machen ließ, konnte den Trainer nicht mehr rehabilitieren.
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Reines Gewissen

Unabdingbar in einer Reihe mit dem Tenor "Skandale, Skandale, Skandale": Christoph Daum. Oder der "Verschnupfte", wie Uli Hoeneß ihn nannte. Der warf im Oktober 2000 Daum vor, Drogen zu konsumieren. "Der DFB kann doch keine Aktion wie 'Keine Macht den Drogen' starten und Herr Daum hat vielleicht damit etwas zu tun", ließ sich Hoeneß in der Münchner Abendzeitung zitieren. Der Beginn der wohl haarigsten Affäre der Bundesliga-Historie.

Deutscher Nationaltrainer sollte er werden. Im Oktober 2000 stand Christoph Daum dann kurz vor der Unterschrift. Die Drogen-Gerüchte kommentierte Daum locker weg, bot mit den Worten "Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe" sogar eine Haarprobe an. Tatsächlich wurden dort dann aber Spuren von Kokain gefunden, sein Handschlag-Vertrag als DFB-Trainer platzte. Auch bei Bayer Leverkusen wurde er von seinen Aufgaben entbunden. Ein zweiter Test, den Daum selbstständig in den USA machen ließ, konnte den Trainer nicht mehr rehabilitieren. © dpa

Mit 2:0 führte der HSV 2004 in der ersten Runde des DFB-Pokals beim SC Paderborn, als Schiedsrichter Robert Hoyzer "aktiv" wurde. Erst schenkte er den Hausherren einen Foulelfmeter, dann stellte er Hamburgs Mpenza wegen angeblicher Schiedsrichterbeleidigung vom Platz. Knapp 60 Minuten und ein Strafstoßgeschenk später war die "Sensation" perfekt: Der Regionalligist schmeißt den Bundesliga-Dino aus dem Pokal! Es war der Beginn eines großen Wettskandals im Deutschen Fußball. Hoyzer gab im Zuge der Ermittlungen zu, auch Spiele aus der 2. Bundesliga und der Regionalliga manipuliert zu haben, auf die vorher große Geldsummen gesetzt worden waren. Hoyzer wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung verurteilt und noch dazu vom DFB lebenslang gesperrt.
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Hoyzer wird aktiv

Mit 2:0 führte der HSV 2004 in der ersten Runde des DFB-Pokals beim SC Paderborn, als Schiedsrichter Robert Hoyzer "aktiv" wurde. Erst schenkte er den Hausherren einen Foulelfmeter, dann stellte er Hamburgs Mpenza wegen angeblicher Schiedsrichterbeleidigung vom Platz. Knapp 60 Minuten und ein Strafstoßgeschenk später war die "Sensation" perfekt: Der Regionalligist schmeißt den Bundesliga-Dino aus dem Pokal!
Es war der Beginn eines großen Wettskandals im Deutschen Fußball. Hoyzer gab im Zuge der Ermittlungen zu, auch Spiele aus der 2. Bundesliga und der Regionalliga manipuliert zu haben, auf die vorher große Geldsummen gesetzt worden waren. Hoyzer wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung verurteilt und noch dazu vom DFB lebenslang gesperrt. © dpa

Homosexualität im Fußball - ein schwieriges Thema. Am 7. Dezember 2009 wendet sich Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter an den Schiedsrichter-Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Volker Roth, und behauptet, Obmann Manfred Amerell habe ihn sexuell belästigt. Daraufhin melden sich auch andere Schiedsrichter, die ebenfalls Amerell anschwärzen. Es folgt ein beispielloser Rechtsstreit um Rufschädigung, Schadensersatz und sexuelle Nötigung. Im Dezember 2012 wurde Amerell tot in seiner Wohnung in München aufgefunden. Er erlag einem Herzinfarkt. Michael Kempter arbeitet noch immer als Schiedsrichter, wurde vom DFB aber aus dem Profibereich abgezogen.
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Kempter vs. Amerell

Homosexualität im Fußball - ein schwieriges Thema. Am 7. Dezember 2009 wendet sich Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter an den Schiedsrichter-Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Volker Roth, und behauptet, Obmann Manfred Amerell habe ihn sexuell belästigt. Daraufhin melden sich auch andere Schiedsrichter, die ebenfalls Amerell anschwärzen. Es folgt ein beispielloser Rechtsstreit um Rufschädigung, Schadensersatz und sexuelle Nötigung. Im Dezember 2012 wurde Amerell tot in seiner Wohnung in München aufgefunden. Er erlag einem Herzinfarkt. Michael Kempter arbeitet noch immer als Schiedsrichter, wurde vom DFB aber aus dem Profibereich abgezogen. © dpa

Aufreger im WM-Finale 2010: Nigel de Jong streckt den Spanier Xabi Alonso mit einem Kung-Fu-Tritt nieder. Der Ball ist meterweit entfernt. Schiedsrichter Howard Webb zeigt dem Niederländer die Gelbe Karte. Warum auch immer.
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Kung-Fu-Fighting

Aufreger im WM-Finale 2010: Nigel de Jong streckt den Spanier Xabi Alonso mit einem Kung-Fu-Tritt nieder. Der Ball ist meterweit entfernt. Schiedsrichter Howard Webb zeigt dem Niederländer die Gelbe Karte. Warum auch immer. © dpa

Ein wandelnder Skandal: Mario Balotelli. Im Januar 2013 geriet der damals noch bei Manchester City angestellte Mittelfeldspieler mit seinem Trainer Roberto Mancini aneinander. Der Vorfall hatte keine weiteren Folgen - außer dass Balotelli den Verein in Richtung Mailand verließ. "Ich denke, er wird mich vermissen", scherzte Mancini. Oder der hier: Fünf Tage nachdem er bei Manchester City einen Vertrag unterschrieben hatte, verursachte er einen Autounfall mit Totalschaden - mit 5.000 Pfund in der Hosentasche. Auf Nachfrage eines Polizisten, warum er denn so viel Bargeld bei sich trage, erklärte Balotelli bereitwillig: "Weil ich reich bin!" Durchaus logisch. Auch sein Haus hat Balotelli schon beim Spielen mit Feuerwerk in Brand gesteckt.
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It's me, Mario!

Ein wandelnder Skandal: Mario Balotelli. Im Januar 2013 geriet der damals noch bei Manchester City angestellte Mittelfeldspieler mit seinem Trainer Roberto Mancini aneinander. Der Vorfall hatte keine weiteren Folgen - außer dass Balotelli den Verein in Richtung Mailand verließ. "Ich denke, er wird mich vermissen", scherzte Mancini.

Oder der hier: Fünf Tage nachdem er bei Manchester City einen Vertrag unterschrieben hatte, verursachte er einen Autounfall mit Totalschaden - mit 5.000 Pfund in der Hosentasche. Auf Nachfrage eines Polizisten, warum er denn so viel Bargeld bei sich trage, erklärte Balotelli bereitwillig: "Weil ich reich bin!" Durchaus logisch. Auch sein Haus hat Balotelli schon beim Spielen mit Feuerwerk in Brand gesteckt. © dpa

Relegation: Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC spielen im Mai 2012 um die Bundesligazugehörigkeit. Schon während der Partie fliegen immer wieder Bengalos auf das Feld, die Spieler packen mit an und räumen auf. Kurz vor Schluss stürmen tausende Düsseldorfer den Rasen der Arena, um den Aufstieg ihrer Fortuna zu feiern. Dumm nur, dass die Partie noch gar nicht vorbei war. Levan Kobiashvili nutzt die Tumulte zu einer Attacke auf den Schiedsrichter, Düsseldorfs Andreas Lambertz wird mit einem Bengalo in der Hand gesichtet. Der Rasen wird schnell geräumt, die Partie wieder angepfiffen und zu Ende gebracht. Und die Fortuna steigt auf.
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Vorzeitiger Fanerguss

Relegation: Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC spielen im Mai 2012 um die Bundesligazugehörigkeit. Schon während der Partie fliegen immer wieder Bengalos auf das Feld, die Spieler packen mit an und räumen auf. Kurz vor Schluss stürmen tausende Düsseldorfer den Rasen der Arena, um den Aufstieg ihrer Fortuna zu feiern. Dumm nur, dass die Partie noch gar nicht vorbei war. Levan Kobiashvili nutzt die Tumulte zu einer Attacke auf den Schiedsrichter, Düsseldorfs Andreas Lambertz wird mit einem Bengalo in der Hand gesichtet. Der Rasen wird schnell geräumt, die Partie wieder angepfiffen und zu Ende gebracht. Und die Fortuna steigt auf. © Roland Weihrauch (dpa)

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