Stimmen und Statistiken

Nicht unglücklich, sondern verdient: Warum das Kleeblatt auch in Rostock ohne Punkte blieb

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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16.3.2024, 20:02 Uhr
Armindo Sieb hatte zweimal den Ausgleich auf dem Fuß, am Ende stand jedoch erneut eine Niederlage für ihn und seine Teamkollegen.

© Sportfoto Zink / Melanie Zink, Sportfoto Zink / Melanie Zink Armindo Sieb hatte zweimal den Ausgleich auf dem Fuß, am Ende stand jedoch erneut eine Niederlage für ihn und seine Teamkollegen.

Über weite Strecken des Spiels agierten die Hausherren bissiger und gefährlicher vor dem Tor, erst in der Schlussphase der Partie wachte das Kleeblatt auf und hatte Chancen zum Ausgleich, doch ein Treffer wollte der Mannschaft um Kapitän Branimir Hrgota an diesem Samstagnachmittag nicht gelingen.

"Verdient oder nicht: Darüber ist es im Fußball immer schwierig zu sprechen. Fakt ist: Wir hatten die Torchancen, haben sie nicht reingemacht. Hansa hat eine reingemacht heute", zitiert die Spielvereinigung ihren Coach auf der Vereinswebsite. Branimir Hrgota hadert mit fehlendem "Glück": "Jede Niederlage ist bitter und tut weh. Es sind Kleinigkeiten, die heute gefehlt haben und leider wirst du dann auch direkt bestraft. Dem Gefühl nach machen sie mit der ersten guten Chance direkt das Tor und dann stehst du da und musst dagegen ankämpfen." Eine Einschätzung, die sein Teamkollege Armindo Sieb teilt: "Leider haben am Ende ein wenig das Spielglück und das Tor gefehlt."

Aber waren wirklich fehlendes Spielglück, eine Vielzahl vergebener Großchancen und ein eiskalter Gegner ursächlich für die dritte Niederlage in Serie? Ein oberflächlicher Blick auf die Statistik könnte tatsächlich darauf hinweisen: Das Kleeblatt hatte 51 Prozent Ballbesitz und entschied 53 Prozent der Zweikämpfe für sich. Acht zu drei Ecken standen am Ende zu Buche, auch bei der Torschussstatistik hat das Kleeblatt leicht die Nase vorn. Zudem präsentierten sich die Gäste gewohnt laufstark und spulten rund sieben Kilometer mehr ab als der Gegner.

Zu viele Chancen zugelassen: Anfälligkeit in der Defensive

Doch die Niederlage damit zu begründen, dass man an diesem Nachmittag nicht mit Fortuna im Bunde war, ist zu kurz gegriffen - und auch das lässt sich statistisch belegen: Beim Expected-Goals-Wert etwa hatten die Rostocker klare Vorteile: Die Torchancen der Rostocker hätten statistisch gesehen für 2,51 Treffer reichen müssen. Dazu passt es, dass Hrgotas Einschätzung im Anschluss an die Partie nicht ganz der Wahrheit entspricht - schon vor dem 0:1 brannte es mehrmals lichterloh im Strafraum des Kleeblatts. Die Führung der Hausherren entstand keinesfalls aus der ersten gefährlichen Szene, sondern war die Konsequenz des immer größer werdenden Drucks, den die Rostocker ab der 30. Minute aufgebaut hatten.

Zur Geschichte des Spiels gehört zudem, dass die "Kogge" Mitte des zweiten Durchgangs gleich mehrere gute Chancen zum 2:0 vergab: Rostock beschränkte sich zwar hauptsächlich auf Konter, aber weil das Kleeblatt immer wieder leichtfertig den Ball im Aufbauspiel vertändelte und das Spielgerät teilweise schon in der eigenen Hälfte verlor, kreierten die Gastgeber zwischen der 50. und der 70. Spielminute Chance um Chance. Die Hintermannschaft der Fürther sah in den meisten Fällen gar nicht gut aus, lediglich der mangelhaften Chancenverwertung der Rostocker ist es zu verdanken, dass die Partie nicht schon früher entschieden war.

Zu selten knapp gescheitert: Mangelnde Durchschlagskraft in der Offensive

Der Blick auf die eigenen Tormöglichkeiten des Kleeblatts hingegen offenbart Luft nach oben. 0,91 Tore hätte das Kleeblatt aufgrund der Qualität der eigenen Torchancen statistisch erwarten dürfen - ein Wert, mit dem zwar durchaus ein Treffer gelingen kann, aber auch vor dem Hintergrund der Rostocker Gelegenheiten letztlich zu wenig, um von einer unglücklichen Niederlage zu sprechen. So richtig gefährlich wurde es nur, als Armindo Sieb erst frei vor Kolke scheiterte (71.) und den Ball sechs Minuten später knapp am Gehäuse der Gastgeber vorbeizirkelte. Das Gros der Fürther Abschlüsse hingegen beschränkte sich auf Distanzschüsse, die meist zu ungenau gerieten, um den Rostocker Keeper zum Eingreifen zu zwingen.

Letztlich fehlte es vor allem an der zündenden Idee: In Ermangelung spielerischer Alternativen schlug das Kleeblatt ab Mitte der zweiten Hälfte ein ums andere Mal hohe Bälle in den Strafraum der Hausherren, die jedoch fast allesamt versandeten. Schon früh zeigte sich, dass dieses Mittel aller Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führen würde, die Rostocker hatten vor allem im eigenen Sechzehner die Kopfballhoheit und gewannen mehr als 60 Prozent der Luftzweikämpfe. Dennoch versuchten es die Fürther immer und immer wieder mit hohen Bällen - oder eben mit den bereits erwähnten Abschlüssen aus der zweiten Reihe.

Verdiente Niederlage aufgrund fehlender Balance

"Ob du drei oder vier noch größere Chancen brauchst, wage ich zu bezweifeln", sagte Zorniger nach dem Spiel - dabei war gerade die geringe Anzahl eindeutiger Torgelegenheiten ein Problem der Fürther. Aufgrund der letzten Ergebnisse ist es zwar wenig verwunderlich, dass das Kleeblatt nicht vom Anstoß weg mit wehenden Fahnen zum Sturmangriff auf die Rostocker Abwehr blies. Das erklärte auch Alexander Zorniger: "Wir haben in der ersten Halbzeit bewusst einen defensiveren Ansatz rausgesucht. Wir haben in den zwei Spielen davor acht Gegentore kassiert, wir können nicht die ganze Zeit nur blauäugig nach vorne rausrennen."

Doch die Balance aus einer stabilen Defensive und einer schlagkräftigen Offensive hat das Kleeblatt eben auch nicht gefunden - einerseits, weil die Abwehr durchaus eine Vielzahl an Chancen zuließ, andererseits, weil die eigenen Angriffsbemühungen größtenteils zu harmlos gerieten. Und so erscheint es zumindest zweifelhaft, wenn Branimir Hrgota und Armindo Sieb die Niederlage als unglücklich bezeichnen. Und Alexander Zorniger hat zwar recht, wenn er sagt, dass es oft schwierig ist, Ergebnisse im Fußball als verdient oder unverdient zu bezeichnen - bezüglich des Resultats seiner Elf in Rostock gilt das jedoch nicht.

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