Zu naiv? Der Club macht sich das Leben selbst schwer

20.11.2017, 05:58 Uhr
Beide Gegentore gegen Holstein Kiel waren für den Club am Samstag vermeidbar - so bleibt dem FCN nur ein Punkt.

© Sportfoto Zink / DaMa Beide Gegentore gegen Holstein Kiel waren für den Club am Samstag vermeidbar - so bleibt dem FCN nur ein Punkt.

Am nächsten Vormittag stand Fabian Bredlow schon wieder vor einer Fernsehkamera, obwohl er eigentlich nicht viel zu erzählen hatte. Er ist ja nicht zum ersten Mal die Nummer eins des 1. FC Nürnberg; weil sein Rivale Ende September über Rückenschmerzen klagte, durfte er bereits gegen Bochum und in Fürth zeigen, dass er mindestens genauso gut ist wie Thorsten Kirschbaum.

Auch nach seinem erst dritten Einsatz in der Zweiten Liga weiß Fabian Bredlow immer noch nicht, wie sich eine Niederlage im Club-Trikot anfühlt, obwohl das 2:2 gegen Holstein Kiel sehr ähnliche Auswirkungen hatte. Einen der Gründe für das erneute Stimmungstief im Sportpark Valznerweiher fasste der junge Torwart so zusammen: "Ich hab‘ ja das ganze Spiel kaum was zu tun gehabt."

Als er in der 70. und 88. Minute etwas zu tun bekam, konnte er Sekunden später nur noch den Ball aus dem Netz fischen. An beiden Gegentreffern traf ihn keine Schuld, der eine oder andere Kollege musste sich hingegen einiges anhören vom Chef – weil sowohl das 1:2 als auch das 2:2 in ihrer Entstehung locker zu verhindern gewesen wären. Hier ein kleiner Rempler im Mittelfeld, da eine unmissverständliche Zuordnung. Und schon wäre der Club wahrscheinlich als Sieger vom Platz gegangen,

Michael Köllners Analyse nahm deshalb am Samstagabend etwas mehr Zeit in Anspruch als üblich; dabei muss ihm dann irgendwann der große Johan Cruyff in den Sinn gekommen sein, der sich wahrscheinlich eher selten mit dem 1. FC Nürnberg beschäftigen musste – aber zumindest eine so genannte Fußball-Weisheit hinterließ, die seit ein paar Wochen auch den Kollegen aus Fuchsmühl aufzuwühlen scheint. "Fußball spielen ist sehr simpel, aber simplen Fußball zu spielen, ist das Schwierigste überhaupt", so hat es Johann Cruyff einmal gesagt. Und so ähnlich hat es Michael Köllner gestern rezitiert, um die Situation beim Club etwas genauer zu beschreiben.

Simplen, möglichst einfachen Fußball, am besten in den entscheidenden Momenten: Köllner verlangt letztlich nicht viel, außer dass sich jeder Einzelne gefälligst verantwortlich fühlen soll für das Gruppenergebnis. "Einfach schlecht verteidigt" hätten Patrick Kammerbauer und Enrico Valentini in den Sekunden vor dem Anschlusstreffer, als ihnen Dominick Drexler im Rücken entwischte, außerdem wäre dem jungen Kammerbauer vor dem Ausgleich niemand böse gewesen, wenn er mit einem taktischen Foul im Mittelfeld den Kieler Angriff unterbrochen hätte.

"Unerfahren", ja "naiv" sei sein Club letztlich ins Verderben gerannt; beim Schlusspfiff standen immerhin vier 20-Jährige auf dem Platz, zwei davon hatte der Trainer allerdings erst im Verlauf der zweiten Halbzeit eingewechselt. Dass er Alexander Fuchs beim Stand von 2:0 zu seinem Zweitliga-Debüt verhalf, anstatt vielleicht mit Ondrej Petrak oder Lukas Mühl eine zusätzliche Sicherung einzubauen, konnte nicht jeder Beobachter nachvollziehen. Köllner schon. Auch am nächsten Vormittag stand er zu seiner Entscheidung, dem Jugendstil selbst in richtungsweisenden Phasen treu zu bleiben.

Für eine entsprechende Umstellung in seinem auch erst 25. Zweitligaspiel sah er selbst nach ausgiebigem Videostudium "keine Veranlassung"; Enrico Valentini hofft stattdessen auf einen Lernprozess, auf eine Entwicklung, die eventuell noch von Bedeutung sein könnte. Bittere Lektionen wie beim ansonsten aus Nürnberger Sicht ordentlichen 2:2 gegen Kiel "werden uns in der Rückrunde noch guttun, wenn die Spiele wichtiger werden", meint der rechte Verteidiger – schränkt seine mutige Einschätzung aber noch geringfügig ein: "Falls wir dann noch oben dabei sein sollten."

Davon gehen sie aus beim Club, jetzt erst recht. So ein Unentschieden gegen eine der zurzeit formstärksten Mannschaften in der Zweiten Liga nschaft sollte man nicht schlechter reden, als es letztlich war. "Für mich ist der Trend eher positiv als negativ", sagt Valentini, sein neuer Torwart dürfte das ebenso sehen. Besonders jetzt, mit ihm zwischen den Pfosten.

Im Vergleich mit Kirschbaum habe er unter der Woche "einfach den stabileren Eindruck gemacht" versichert Köllner, mittelfristig "gehört ihm sowieso die Zukunft, seine Zeit wird eh kommen." Vielleicht ja auch die Zeit des ganzen 1. FC Nürnberg. Irgendwann. 

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