Stein: Kampf um ein kleines Stück Grün

28.6.2015, 13:00 Uhr
Stein: Kampf um ein kleines Stück Grün

© Foto: Thomas Scherer

„Wir fürchten, hier wird ein ganz gefährlicher Präzedenzfall geschaffen“, war eines der Hauptargumente, die Kerstin Distler gegenüber Landrat Dießl vorbrachte. Das rund 750 Hektar große Landschaftsschutzgebiet war Mitte der 1990er Jahre auf Wunsch der Stadt Stein entstanden. Um ein neues Baugebiet für Mehr- und Einfamilienhäuser zu schaffen, müssen allerdings 16 700 Quadratmeter wieder aus dem Schutz herausgelöst werden. Diese Entscheidung könnte in der Kreistagssitzung am Montag fallen. Die Angaben über den Anteil dieser Fläche am gesamten Schutzgebiet schwanken zwischen 0,2 und 0,3 Prozent.

Doch der Delegation im Landratsamt Zirndorf ging es gar nicht um Größenverhältnisse. Sie fürchten, dass die 16 700 Quadratmeter erst der Anfang sind: In der Salamitaktik würden mehr und mehr Stücke der geschützten Fläche aufgegeben. Erste Interessenten sind einigen der Frauen bereits persönlich bekannt.

Hier versuchte der Landrat zu beruhigen: „Wenn der Kreistag die Fläche aus dem Landschaftsschutz herausnimmt, können andere daraus keinen Rechtsanspruch ableiten.“ Jeder neue Fall müsse einzeln bewertet werden, weder gebe es eine Garantie, dass die Flächen für immer unter Schutz stünden, noch gebe es ein Recht der Grundstückseigentümer, dass nun auch ihre Flächen Bauland würden.

„Sensible Fläche“

Neu in die Diskussion führten die Steiner Frauen ein, dass das Gelände eine Art Bannwald für die Steiner Siedlung Heimgarten in Deutenbach sei. „Hier wird eine sensible Fläche beplant, die Schutzwirkung hat für die Anwohner“, sagte Kerstin Distler. Würde dort der Wald aufgegeben, könne der Westwind ungebremst über eine freie Fläche von sieben Kilometern wehen. Angesichts der zunehmenden Gefahr von Unwettern könnte das „verheerend“ sein. Ein Umstand, der bislang noch nicht berücksichtigt wurde.

Dießl wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kreistag nicht zu bewerten habe, welcher Art der Bebauungsplan sei, den die Stadt Stein aufstelle: „Die Planungshoheit der Kommunen ist ein hohes Gut.“

Auch dass die artenschutzrechtliche Untersuchung, die für das Areal erstellt wurde, von der Grundstückseigentümerin selbst in Auftrag gegeben worden war, akzeptierte der Landrat nicht als Gegenargument. Gutachter unterlägen dem Neutralitätsgebot, zudem sei die Expertise von der Unteren Naturschutzbehörde auf Stimmigkeit überprüft worden.

Kritisch sieht Arno Pfeifenberger vom Steiner Bund Naturschutz das Vorgehen der Unteren Naturschutzbehörde. Er hält die dort vorgenommene Abwägung für nicht ausreichend und hat deshalb ein gesondertes Schreiben an Landrat Dießl geschickt. Hier bemängelt er besonders, dass die Aussagefähigkeit des Gutachtens „äußerst begrenzt“ sei. Dafür führt er zwei Gründe an: Die Grundstückbesitzerin habe den Experten für die Umweltanalyse selbst bestellt. Außerdem sei das dokumentierte Vorkommen von Arten, angefangen beim Graureiher über den Waldkauz bis zu Fledermäusen und Reptilien, des Landesbundes für Vogelschutz nicht zur Kenntnis genommen worden. „Für mich ein klarer Fall für eine rechtsaufsichtliche Prüfung, da es Hinweise gibt, dass hier nicht korrekt gearbeitet wurde“, meint Pfeifenberger.

Knapper Abstand

Berücksichtigt werden sollte seines Erachtens nach außerdem, dass die Abstände zwischen geplanter Bebauung und Wald zu knapp bemessen seien, insbesondere in Hinblick auf die Windanfälligkeit des Areals.

Sowohl Pfeifenberger als auch die Steiner Delegation regten an, die Entscheidung über die Aufhebung des Schutzes des Geländes nochmals zu vertagen. Eine Hoffnung, die der Landrat nicht machen wollte, denn das Gesuch der Stadt Stein liege schon sehr lang vor und nun solle eine Entscheidung fallen.

Die Steinerinnen appellierten zusätzlich in einem Brief an alle Kreisräte, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein. Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz würden nicht mehr ausreichen: „Wir müssen heutzutage um jeden Baum kämpfen “, meinte Ursula Foh aus der Steiner Gruppe.

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