Adidas rudert nach Geschmacklos-Werbemail zurück

19.4.2017, 21:15 Uhr
Mit dieser Twitter-Entschuldigung für die "unsensible Email" versuchte Adidas, die Wogen zu glätten.

© oh Mit dieser Twitter-Entschuldigung für die "unsensible Email" versuchte Adidas, die Wogen zu glätten.

Was Adidas als "unsensibel" beschreibt, empfanden viele Menschen weltweit als äußerst geschmacklos: Den in diesem Jahr über 26.000 Teilnehmern des Boston-Marathons nicht etwa zum Durchhalten zu gratulieren, sondern zum "Überleben". Ausgerechnet beim Boston-Marathon.

Die Bilder von explodierenden Bomben und dichten Rauchschwaden gingen 2013 rund um die Welt, nachdem zwei Attentäter im Zieleinlauf ihre selbst gebauten Bomben zur Explosion gebracht hatten. Drei Menschen überlebten das Attentat nicht. Über 250 wurden zum teil schwer verletzt.

Kein Wunder, dass sich vor allem in den Sozialen Netzwerken viele über die Gratulationsmail aufregten. Und manche argwöhnten gar, dass dahinter mehr stecken könnte, als nur ein verbaler Lapsus, nämlich eine bewusst provozierende Kampagne, die der Marke globale Aufmerksamkeit bescheren sollte.

"Guerilla Marketing" nennt man solche Aktionen, die auf aufmerksamkeitserregende Werbung in überraschenden Zusammenhängen setzen und so Emotionen schüren. Die italienische Textilmarke Benetton perfektionierte dieses Instrument, indem sie vor der Jahrtausendwende in der Werbung mit Magersüchtigen, HIV-Infizierten oder der Abbildung von blutbeschmierter Kleidung eines Soldaten im Bosnien-Krieg reihenweise Tabus brach.

Nivea etwa war erst vor kurzem in der Kritik, weil auf einem Werbeplakat eine Frau im weißen Bademantel zu sehen war mit der Botschaft: "Weiß ist Reinheit". Angeprangert wurde die "rassistische Botschaft", die prompt von Rechtsgerichteten missbraucht wurde. Nivea entschuldigte sich. Die Sitten verrohen dabei offenbar immer mehr. Noch nie hat der Deutsche Werberat so viele Beschwerden unter anderem wegen "Verstößen gegen "ethische und moralische Mindestanforderungen" bekommen wie im vergangenen Jahr.

Allerdings wissen auch Markenhersteller, dass der Schuss mit provokanter Werbung nach hinten los gehen kann. "Im Fall Adidas kann ich mir nicht vorstellen, dass es mehr war als ein Fauxpax", sagt dann auch Peter Schultze, Marketingexperte und Chef der Kommunikationsagentur Schultze, Walther, Zahel in Nürnberg, so etwas schade, wenn auch nur vorübergehend, einer Marke wie Adidas.

Nachdrücklich versichert dann auch ein Unternehmenssprecher: "Um Gottes willen, das war auf keinen Fall eine Kampagne. Es war einfach dumm von unserem E-Commerce-Team, ein menschliches Versagen."

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