Enkel scheidet aus: Ära der Wöhrls vorerst beendet

31.12.2016, 06:00 Uhr
Scheidet aus dem Unternehmen aus: Olivier Wöhrl.

© Stefan Hippel Scheidet aus dem Unternehmen aus: Olivier Wöhrl.

Wie sein Vorstandskollege Robert Rösch am Freitag bestätigte, läuft der Vertrag von Olivier Wöhrl regulär zum 31. Dezember aus und wird auch nicht verlängert. 83 Jahre nach Gründung der Textilkette mit dem markanten Knopf im Firmenlogo durch Rudolf Wöhrl zieht sich damit der letzte Vertreter der Gründerfamilie aus dem im Insolvenzverfahren befindlichen Unternehmen zurück.

Der damals 31-jährige Olivier hatte 2011 überraschend die Führung beim Nürnberger Textilunternehmen übernommen. Der studierte Maschinenbauingenieur hatte die Interessen der Familie bereits seit 2010 als Vorsitzender des Aufsichtsrates gewahrt. Die Erfolge blieben allerdings überschaubar.

Beschleunigt durch die zunehmende Online- und Billigkonkurrenz geriet das Unternehmen in immer schwierigeres Fahrwasser. Das Amtsgericht Nürnberg hat dann Anfang Dezember die Insolvenzverfahren für die Rudolf Wöhrl AG und deren Tochtergesellschaft Rudolf Wöhrl, das Haus der Markenkleidung GmbH & Co. KG mit insgesamt 15 Filialen, eröffnet und in beiden Fällen die Eigenverwaltung angeordnet.

Im laufenden Insolvenzverfahren hat noch ein weiteres Familienmitglied seine Funktion verloren: Der 72-jährige Gerhard Wöhrl als Vertreter des Mehrheitsaktionärs, der Familie Wöhrl. Wie das Branchenblatt Textilwirtschaft berichtet, hat der älteste der beiden Söhne des Firmengründers bereits am Mittwoch per E-Mail die Mitarbeiter über seinen Ausstieg aus dem Familienunternehmen informiert. Für ihn sei die Zeit gekommen, sich neue E-Mail-Accounts zuzulegen, zitiert das Blatt aus dem Brief.

Gerhard Wöhrl hatte 1970 zusammen mit seinem Bruder Hans Rudolf das Modeunternehmen vom Vater übernommen, hielt dann ab 2004 sogar die Mehrheit. Ab 2007 stand er an der Spitze der Familien AG, es kam zum Bruch mit seinem Bruder, der sich komplett aus dem Unternehmen zurückzog. Unter Gerhard Wöhrls Ägide wurden nahezu alle Filialen neu aufgestellt.

Dementi vom Bruder

Wenn im Januar eine Entscheidung im laufenden Investorenprozess bei der Rudolf Wöhrl AG getroffen wird, könnte die Gründerfamlie allerdings ein Comeback erleben. So wird unter anderem Olivier Wöhrl in Verbindung mit einer Investorengruppe Interesse an einem Neueinstieg nachgesagt.

Und zumindest die Textilwirtschaft will aus Insiderkreisen erfahren haben, dass neben der Familie Röther (Modepark Röther) auch Gerhards Bruder Hans Rudolf Wöhrl zum Kreis der Investoren gehört. Der dementiert das aber lebhaft. Zwar habe er vor Wochen ein Angebot abgeben, so Hans Rudolf Wöhrl am Freitagabend gegenüber unserer Zeitung, doch das habe sich erledigt. Er werde definitiv nicht einsteigen.

Wie ein Unternehmenssprecher erklärte, läuft der Investorenprozess wie geplant. Man sei noch immer mit mehreren Interessenten in konkreten Verhandlungen und gehe davon aus, dass eine Entscheidung im Laufe des Januars fallen wird. Ohne frisches Kapital, so viel ist klar, wird der Textilfilialist nicht überleben können. Fällige Kredite, die Kosten der Sanierung einschließlich notwendiger Filialschließungen sowie fällige Investitionen, um Wöhrl wieder attraktiver zu machen, addieren sich nach Angaben des amtierenden Managements wohl auf einen Kapitalbedarf von gut und gerne 100 Millionen Euro.

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