Bilder für den zweiten Blick

3.7.2013, 17:17 Uhr
Bilder für den  zweiten Blick

© Thomas Scherer

Wer verstehen will, wie Jochen Pankrath als Künstler tickt, für den dürfte eine Geschichte von Kunstgalerie-Leiter Hans-Peter Miksch hilfreich sein. Der bekam jüngst Post aus Göttingen. Ein Katalog, den er zunächst nur pflichtschuldigst durchblätterte, dessen Inhalt ihn aber mehr und mehr interessierte. Der Clou wartete am Schluss: Als derzeitiger Wohnort des Künstlers war dort Fürth vermerkt. Persönlich vorstellig werden war Pankrath aber wohl zu einfach.

Von hinten durch die Brust ins Auge – so läuft das auch bei der Kunst von Jochen Pankrath (Jahrgang 1981), die sich meist nicht gleich auf den ersten Blick erschließt und auf vielen verschiedenen Ebenen funktioniert. Humor, Hintergründiges, auch Rätselhaftes: All das findet man auf den Bildern vom Pankrath, der an der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste bei Ralph Fleck studiert hat. Frech interpretiert er etwa Malerei-Klassiker neu. Beispiel Gustave Courbet: Der malte sich in seinem Werk „Die Begegnung – Bonjour, Monsieur Courbet“ 1854 selbst mit ins Bild.

Pankraths Antwort lautet „Au revoir, Monsieur Courbet“ — und vom Meister sind nur noch der Körperumriss und eine Blutlache übrig. Wer hat’s getan, was war die Mordwaffe? Hinweise findet man auf dem Bild durchaus — aber sicher nicht genug, um den Fall vollends aufzuklären. Ein bisschen Verwirrung zu stiften scheint ein Hobby von Jochen Pankrath zu sein. Bei manchen in der Kunstgalerie ausgestellten Werken denkt der Betrachter spontan: „Hä?“ Um dann, mit ein wenig Überlegen, ein „Ahaaaa!“ hinterherzuschieben. Ob dieser Effekt immer funktioniert, ist dem Künstler selbst gar nicht so wichtig.

Ganz und gar ungewöhnlich ist, dass er seine Atelier-Welt mit auf die Bilder malt. Da stehen etwa Leinwände und Schemel herum. Wo hört die Wirklichkeit auf, wo fängt die Kunst an? Ach, und was ist überhaupt Kunst? Wenn man auf die Rückseite einer Leinwand die Rückseite einer Leinwand malt? Bei Jochen Pankrath schon. Da war er dann wieder, der hintergründige Humor, der sich vielleicht erst auf den zweiten Blick erschließt, aber auf jeden Fall schmunzeln lässt.

Derlei Spitzfindigkeiten gibt es in der Ausstellung viele zu entdecken. Immer beobachtet von den großen Vorgängern, in deren Tradition man als zeitgenössischer Künstler zwangsläufig steht: Joseph Beuys ist in Form seines Anzugs anwesend, Albrecht Dürer als Denkmal.

Schlussendlich beweist Pankrath, dass man nicht nur im Fußball, sondern auch in der Kunst den Heimvorteil nutzen kann. Da er vor Ort war, hatte er Zeit genug, um eine riesige Wandarbeit anzufertigen. Auf der ist ein Paar in Business-Klamotten zu sehen. Sie steht auf einer Leiter und zeichnet um sich herum — mehr schlecht als recht — einen windschiefen Palast. Sein Platz ist unten, er hält die Leiter fest. „Zweite Dimension“ heißt die Arbeit. Für den Besucher, der sich fragt, was das nun wieder bedeuten soll, hat Pankrath eine Treppe auf die Wand gezeichnet. Durch die kann der Betrachter quasi ins Bild einsteigen – und auf eine Entdeckungsreise gehen, die sich lohnt.

Bis 4. August, Kunstgalerie Fürth, Königsplatz 1, Mi.–Sa. 13–18, So. 11–17 Uhr
 

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