Dampf ablassen, aber richtig!

23.11.2010, 13:21 Uhr
Dampf ablassen, aber richtig!

© Hans-Joachim Winckler

Nur wenige technische Errungenschaften haben derart großen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung genommen und zum Wandel der Lebens- und Arbeitswelt beigetragen wie die Erfindung der Eisenbahn. „Aus der Industrialisierung in England heraus ist die Eisenbahn entstanden, und so sollte sie in umgekehrter Reihenfolge die Industrialisierung in Deutschland ankurbeln“, so Martin Schramm, seit Juli Leiter von Stadtarchiv und Stadtmuseum, „und das hat sie tatsächlich auch ausgelöst.“

Die Beschleunigung nahm ihren Lauf, soziale Probleme und Umweltverschmutzung trüben das Bild einer romantisch verklärten Zeit. Die von Ruth Kollinger kuratierte Ausstellung setzt aber weit früher ein. Sie erklärt und illustriert auch die Vorgeschichte, etwa mit Robert und George Stephenson, den führenden Maschinenbauern aus Newcastle upon Tyne, und dem deutschen Eisenbahnpionier Josef Ritter von Baader. Jeder Abschnitt über Entwicklung, Bau und Betrieb der Ludwigsbahn wird mit prägnanten Texten kurz zusammengefasst.

1833 wurde schließlich die Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft gegründet. Ludwig I. hatte per Privileg genehmigt, dass sie seinen Namen tragen durfte. Die Ausstellung zeigt das Original. Wie die meisten Exponate stammt es aus dem Stadtarchiv. Leihgaben aus dem DB Museum Nürnberg, aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv und aus Privatbesitz ergänzen die Schau. Besonders stolz sind Schramm und seine Mitarbeiter auf die Kostenvoranschläge und Rechnungen des Adler und des Pfeil. 1140 Pfund kostete seinerzeit die bekannteste Lokomotive. Auch das „Unkostenbuch“ der Ludwigs-EisenbahnGesellschaft ist im Besitz des Archivs.

Gleisbett-Originalstein

Doch es gibt mehr als „nur“ Textdokumente, Stiche oder technische Zeichnungen. Die Kuratoren haben sich auch bemüht, in den vier Ausstellungsräumen dreidimensionale Exponate „zum Anfassen“ zu zeigen. So weist ein Originalstein des Gleisbettes von 1835 Besuchern den Weg. Holzscheite und Kohle verdeutlichen, wie viel Treibstoff die Lokomotive verbrauchte. Zu sehen sind ein Beschwerdebrief über einen Hilfslokomotivführer, der die Fahrgäste mit dem plötzlichen Ablassen von Dampf erschreckte, oder die Bewerbungsfotos zweier Fahrkartenverkäuferinnen von 1908.

1922 stellte die Ludwigsbahn ihren Betrieb ein. Ein Foto von der letzten Fahrt legt Zeugnis ab. Bis die Gesellschaft aufgelöst wurde, sollte es noch bis 1967 dauern. Das letzte Sparbuch der Gesellschaft wurde gar erst 1977 entwertet.

„Die Ludwigseisenbahn — Zwischen Romantik und Industrialisierung“: Schloss Burgfarrnbach. Montags bis donnerstags 9—16 Uhr, freitags 9—12 Uhr, sonntags (5. Dezember, 9. und 23. Januar) 10—16 Uhr. Bis 31. Januar.