Kleine Parteien und große Unterschiede

11.3.2014, 21:00 Uhr
Kleine Parteien und große Unterschiede

© Hans-Joachim Winckler

Keine Frage, die Grünen haben seit der letzten Kommunalwahl im Jahr 2008 an Oppositions-Profil gewonnen, auch begünstigt durch eine stark geschwächte CSU. 339 Anträge brachte die vierköpfige Fraktion in diesen sechs Jahren in den Stadtrat und seine Gremien ein (alle – auch die folgenden Zahlen bei den anderen Parteien – jeweils ohne Etat-Sitzungen).

Als „Zeichen für den Aufschwung“ der Grünen wertet Fraktionsgeschäftsführer Harald Riedel den „deutlichen Zuwachs“ bei den Mitgliedern. Von rund 50 auf 75 stieg deren Zahl seit 2008. Was angesichts der Zahlen bei der Fürther SPD (knapp 800 Mitglieder) und CSU (354) nach wenig klingt, verbuchen die Grünen als Erfolg – denn ein strukturelles Problem können sie bis heute nicht abschütteln: Als Partei im eigentlichen Sinn werden sie von ihrem Klientel oft gar nicht wahrgenommen – eher schon als ideelle Gruppierung, entwachsen der Friedens- und Umweltbewegung.

Hoffnung auf Impulse macht der Partei, dass sich eine grüne Jugend gebildet hat, die derzeit mit ökologischen Themen in Briefen an Fürther Erstwähler für sich wirbt. Und auch neue Gesichter finden sich auf vorderen Plätzen der Stadtratsliste, die am Sonntag zur Wahl steht – darunter Barbara Fuchs, Geschäftsleiterin in einem Industriebetrieb und, für Grüne eher untypisch, mit wirtschaftlicher Schwerpunktsetzung sowie Kamran Salimi, Vorsitzender des Vereins „Wir sind Fürth“ und Streiter für den Denkmalschutz.

Einen neuen Aufbruch scheint die FDP in Fürth anzustreben, die ihren Mitgliederstand mit 60 angibt. Nach zuletzt desaströsen Ergebnissen auf allen Ebenen haben die Liberalen, die mit Kurt Scherzer von 1964 bis 1984 immerhin schon mal den Fürther Oberbürgermeister gestellt haben, rechtzeitig vor der Wahl Schwung aufgenommen.

Ein umfangreiches Programm liegt vor, das dezidiert auf Fürther Belange eingeht. Nach Auskunft des Ortsvorsitzenden, des auf Platz zwei der FDP-Liste stehenden Rechtsanwalts und OB-Kandidaten Stephan Eichmann, wurde es „von einzelnen Arbeitsgruppen auch unter Beratung Externer erarbeitet“.

In den vergangenen sechs Jahren allerdings war der liberale Einsatz weniger ausgeprägt. Ganze vier Stadtratsanfragen und -anträge stehen für die FDP zu Buche, die lediglich mit dem inzwischen 83-jährigen Malermeister Kurt Georg Strattner im Kommunalparlament vertreten war. Strattner fällt zwar bisweilen durch launig-grantige Kommentare auf, doch insgesamt halten sich seine Wortbeiträge in Grenzen.

Dass weniger Arbeitsleistung nicht allein mit dem Einzelkämpfer-Dasein erklärbar ist, beweist die Linke in Fürth. Sie hatte mit Rechtsanwalt Ulrich Schönweiß ebenfalls nur noch einen Sachwalter im Rathaus, seit der zweite gewählte Stadtrat, Mohamed Younis, Anfang 2009 im Streit geschieden war. Die Linke brachte dennoch innerhalb von sechs Jahren 177 Anfragen und Anträge ein – eine Teamleistung, wie die Partei betont.

Vor den Stadtratssitzungen tagt stets ein „kommunalpolitischer Arbeitskreis“ der Linken, zu dem „regelmäßig auch Nicht-Parteimitglieder kommen“, etwa aus dem Sozialforum oder dem Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Die Zahl ihrer Mitglieder in Fürth geben die Linken mit „circa 100“ an.

Wie viele Mitglieder die Freien Wähler (FW) in Fürth haben – das bleibt offen, denn eine entsprechende zweimalige Nachfrage unserer Zeitung wurde mit dem Hinweis aufs Internet beschieden. Dort ist bis dato keine Zahl zu finden.

Organisiert sind die Freien Wähler als Verein, man orientiere sich „nicht an einer Parteiideologie“. Vorsitzende ist die einzige FW-Stadträtin Heidi Lau, 2008 reichten der Realschullehrerin 2,4 Prozent Stimmenanteil gerade noch für diesen Sitz – mit Unterstützung des zuvor von der CSU hinzugestoßenen Stadtratskollegen Werner Scharl, der nach seiner Wahlschlappe dann gänzlich in der politischen Versenkung verschwand.

Mit öffentlichen Fürther FW-Verlautbarungen tritt ausschließlich Lau in Erscheinung, die Zahl ihrer Anträge und Anfragen beläuft sich in den vergangenen sechs Jahren nach Auskunft der Stadt auf rund 50. Über 20 davon datieren aus dem vergangenen halben Jahr vor der Kommunalwahl am nächsten Sonntag.

Überhaupt keine Anfrage und keinen Antrag brachte laut Stadt in den vergangenen sechs Jahren der einzige Vertreter der rechtslastigen Republikaner (Rep), Claus-Uwe Richter (55), in den Stadtrat oder seine Gremien ein. Zunächst verweigerte Richter auf FN-Nachfrage Auskünfte über die Mitgliederzahl (die deshalb in einer früheren Fassung dieses Artikels fehlten), inzwischen hat er es sich anders überlegt: Nach seinen Angaben gehören der Partei in Fürth 72 Männer und Frauen an, die sich einmal pro Jahr zur Versammlung treffen. In der Öffentlichkeit allerdings tritt allein Richter als Repräsentant auf.

2008 machten zwei Prozent, das entsprach gerade einmal etwa 900 Fürther Wählern, ihr Kreuz bei den Rep, doch es gab auch andere Zeiten: Ende der 80er Jahre hatten sie mit ihren ausländerfeindlichen Kampagnen noch deutlich mehr gepunktet. Bis 2006 wurde die Partei sogar unter dem Verdacht des Rechtsextremismus vom Verfassungsschutz beobachtet.

Von Claus-Uwe Richter sind deutschtümelnde Töne, wie sie noch immer auf den Rep-Seiten dominieren, seit Jahren freilich nicht zu vernehmen – der Betriebswirt äußert sich in Fürther Stadtratssitzungen generell äußerst selten.

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