«Der Fürther Weg führt zum Erfolg»

16.5.2007, 00:00 Uhr
«Der Fürther Weg führt zum Erfolg»

© Hans-Joachim Winckler

Herr Wagner, die Musikschule hat im Laufe ihres 20-jährigen Bestehens immer wieder viele Talente hervorgebracht. Das wären doch beste Teilnahmevoraussetzungen für diesen Wettbewerb. Warum sehen Sie ihn eher kritisch?

Wagner: Das erklärt sich vielleicht ganz gut mit unserem Slogan: «Weil Können Spaß macht», heißt es bei uns. Das impliziert ja bereits, dass wir nicht auf sturen Leistungsdrill ausgerichtet sind, sondern dass unser Motto lautet: Erst durch das gemeinsame angstfreie Vergnügen am Musizieren können die Schüler zu einer sehr guten und selbstbestimmten Leistung finden.

Eine Rundfunkredakteurin beschrieb die Musikschule in ihrem Bericht als «pisafreie Zone». Es gibt keinen Prüfungsdruck im Südstadtpark?

Wagner: Ich halte wenig davon, dass man, wie es bei der Pisastudie der Fall ist, auf schlechtes Abschneiden der Schüler mit noch mehr neuen Prüfungen reagiert. Es muss die Freude am Musizieren im Vordergrund stehen, dann erst erreicht man auf Dauer gute Ergebnisse.

Dennoch haben auch Schüler von Ihnen bereits erfolgreich am Jugend musiziert-Wettbewerb teilgenommen.

Wagner: Natürlich unterstützen wir alle Schüler oder auch Lehrer, die bei uns auf einen solchen Wettbewerb hinarbeiten, keine Frage. Für manche Schüler ist er eine gute Sache. Nur ist er, im Gegensatz zu anderen Musikschulen, in unserem Konzept nicht vorgesehen. Es gibt eben hier diesen Fürther Weg, der sich nicht über den Wettbewerb definiert und der dennoch zum Ziel führt. Ich sehe auch die Entscheidung des Verbandes deutscher Musikschulen, in dem wir Mitglied sind, eher negativ, die Schüler künftig durch Eingangstests und Prüfungen auszusieben. Das selektiert - und qualifiziert nicht.

Sprechen wir über die Musik im Allgemeinen: Experten betonen immer wieder die positive Wirkung der Musik auf die Entwicklung eines Menschen. Was ist da wirklich dran?

Wagner: Man muss aufpassen, dass man das nicht verklärt. Plakativ ausgedrückt: Es gibt ja auch schlechte Menschen, die gute Musik machen. Wer ein Instrument in der Gemeinschaft spielt, lernt jedoch auf jeden Fall Sozialkompetenz. Es gehört ja einiges dazu, seinen eigenen Rhythmus mit dem der anderen abzustimmen, sich zurückzunehmen oder auch mal den Ton anzugeben, je nachdem wie es die Noten vorschreiben. Hinzu kommt das Selbstvertrauen, wenn man zum ersten Mal auf der Bühne vor Publikum spielt.

Die Bestrebungen, den Musikunterricht an den Schulen zu kürzen, müssen Sie naturgemäß sehr kritisch sehen, oder?

Wagner: Ja, das ist auf jeden Fall der falsche Weg. Auch wenn bei Ganztagsschulen darüber nachgedacht wird, die Musikstunden in den Nachmittag zu verlegen, ist das für mich ein Abschieben von wichtigen Fächern und ein falsches Signal. Musik darf an allgemeinbildenden Schulen nicht zum Stiefkind werden.

Gibt es aber überhaupt noch Chancen, sich für Musik zu begeistern, wenn die Eltern selbst kein Instrument anrühren?

Wagner: Es ist freililch einfacher, wenn Kinder in einem musikfreundlichen Klima aufwachsen. Dazu zählen beispielsweise auch die Fingerabzählverse oder einfach rhythmische Hopse-Spiele im Kleinkindalter. Aber sich für die Musik zu begeistern oder auch ein Instrument zu lernen, das ist in jedem Alter möglich. In der Schule können da auch Weichen gestellt werden, vorausgesetzt der Musikunterricht beschränkt sich nicht nur auf das Abfragen von Lebensdaten der Komponisten.

Die Musikschule Fürth e. V. macht mit der Hauptschule in der Pestalozzistraße ein Pilotprojekt: Je 50 Schüler lernen in kleinen Gruppen Flöte und Gitarre. Ist das der Musikunterricht der Zukunft?

Wagner: Das könnte er zumindest sein. Wichtig ist aber vor allem, dass viele Kinder zumindest die Chance bekommen, sich überhaupt einmal mit einem Instrument zu befassen. In anderen Städten gibt es die Aktion «Jedem Kind ein Instrument» - so etwas finde ich sehr gut!

Damit kann man zumindest kostengünstig die weniger finanzkräftigen Familien erreichen, die sich Musikunterricht für ihre Kinder nicht leisten können.

Wagner: Wir haben noch niemanden abgewiesen, weil er sich die Musikstunden nicht leisten kann. Wir bieten einen Familien- und einen Sozialbeitrag an, wenn Menschen nicht so viel Geld haben. Im vergangenen Jahr beliefen sich diese Ermäßigungen auf 36 000 Euro. Jeder, der ernsthaftes Interesse daran hat, soll auch Musik machen dürfen.

Interview: M. HILDEBRAND