Schneckenrennen in der Bundesliga: Wer bleibt drin?

24.4.2019, 14:13 Uhr
Schneckenrennen in der Bundesliga: Wer bleibt drin?

© Sportfoto Zink/DaMa

Wie’s aussieht, hat Huub Stevens am Wochenende die Schalker vor dem Abstieg gerettet – durch eine entschlossene 2:5-Heimniederlage gegen Hoffenheim. Der niederländische Trainer wird am Ende der Saison einer der seltsamsten unter den ungezählten Rettern der Bundesliga-Geschichte sein, ein Retter, der nichts kann für diese Rettung. Stevens (im Schnitt 0,8 Punkte pro Spiel) hat eine noch schlechtere Bilanz als sein Vorgänger Domenico Tedesco (0,92), aber die 27 Punkte, die Schalke 04 bisher zusammengetragen hat, dürften bereits reichen zum direkten Klassenverbleib.

Solche leicht irre anmutenden Bestandsaufnahmen gehören längst zur Realität im sanftesten Abstiegskämpflein, das es jemals gab. Der FC Schalke 04 liegt als Fünfzehnter noch immer sechs Punkte vor dem VfB Stuttgart, der 1.FC Nürnberg folgt mit weiteren drei Punkten Rückstand auf Rang 17, Schlusslicht Hannover 96 kommt auf noch einmal drei Zähler weniger. Das Quartett hat damit nach 30 Spieltagen schon Geschichte geschrieben, noch nie seit Bestehen der Bundesliga 1963 hatten die letzten Vier so wenig Punkte (insgesamt 81), nicht einmal 1966, als mit Tasmania Berlin ein Prügelknabe mitspielte, der nach 30 Spielen nur einen Sieg und vier Remis erstritten hatte.

In der Rückrunde schafften die verzweifelten Vier gemeinsam ganze fünf Siege (Schalke zwei) und nur noch 27 Punkte; die obligatorischen Trainerwechsel beschleunigten die kollektive Talfahrt eher noch. Seinen Nothelfer-Kollegen im Tabellenkeller ging oder geht es ähnlich wie Stevens: Der am Samstag beim VfB Stuttgart von seinem Leiden erlöste Markus Weinzierl blieb mit einem Schnitt von 0,7 Punkten pro Spiel ebenfalls (minimal) hinter dem Vorgänger zurück (Tayfun Korkut mit 0,71), Thomas Doll bringt es bei Hannover 96 auf gerade 0,36 Punkte pro Spiel (Vorgänger André Breitenreiter kam auf 0,58).

Die einzige Ausnahme bildet – noch – der gegenüber den Rivalen unterprivilegierte 1.FC Nürnberg, bei dem Trainer Boris Schommers mit im Schnitt 0,63 Punkten knapp vor dem beurlaubten Michael Köllner (0,57) liegt. Verliert Nürnberg am Sonntag gegen Bayern München, dreht sich auch das allerdings um. Der Eindruck, der Club mache gerade große Fortschritte in Sachen Bundesliga-Reife, könnte mithin trügen. Allerdings ist Nürnberg der einzige Abstiegskandidat, der die (bescheidenen) eigenen Möglichkeiten ausreizt, und die bisher höchste Niederlage mit Trainer Schommers, das 0:2 am Karsamstag in Leverkusen, war tatsächlich sogar eine Art Fortschritt, weil der VfB Stuttgart in Augsburg gleich mit 0:6 havarierte.

Paralleln zum Kleeblatt

Der 1.FC Nürnberg – bisher drei Siege, neun Unentschieden, ein Minus von 32 in der Tordifferenz – steht momentan exakt genauso da wie vor sechs Jahren die Spielvereinigung Greuther Fürth in ihrem einzigen Bundesligajahr, nur dass das Kleeblatt damals, bei neun Punkten Rückstand auf den Relegationsrang 16, schon verloren war.

Eine in halbwegs normalen Zeiten ebenfalls als ausreichend irre verdächtige Rechnung, nach der Nürnberg ein einziger Sieg aus den vier Partien gegen die Bayern, in Wolfsburg, gegen Mönchengladbach und in Freiburg reichen könnte, mutet inzwischen beinahe realistisch an.

Am Ende: ein Wunderchen?

Den Negtivrekord hält bisher der Hamburger SV, dem 2014 peinliche 27 Punkte reichten, um via einer noch peinlicheren Relegation gegen Fürth (0:0 und 1:1) die Klasse zu halten. Dass die Marke jetzt unterboten wird, ist stark anzunehmen; zwischen den Ligen – im Unterhaus quälen sich die Topfavoriten, der 1.FC Köln und der HSV, dem Saisonende entgegen – liegt eine gewaltige Grauzone der Möglichkeiten.

Allerdings: Drei Punkte Rückstand und die gegenüber dem VfB klar bessere Tordifferenz lassen für Nürnberg nur so lange Hoffnung, wie noch ein Spieltag übrig bleibt. Eine Überraschung am Sonntag (18 Uhr, im Live-Ticker auf nordbayern.de) gegen den FC Bayern könnte für den Club einen entscheidenden Schub bedeuten, und wer, wie zum Einstand von Schommers, gegen Borussia Dortmund punktet, kann das auch gegen München schaffen. Das findet Nürnbergs Kapitän Hanno Behrens, dessen Mitspieler Eduard Löwen glaubt, dass "gegen Bayern ein Wunder passieren muss". Am Ende könnte diesmal aber ein Wunderchen reichen.

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