Bildhauer Paul Teutsch stellt in der Kreis-Galerie aus

14.3.2008, 00:00 Uhr
Bildhauer Paul Teutsch stellt in der Kreis-Galerie aus

© Scherer

Kann man Kunstwerke ohne Vorwissen und allein über die sinnliche Wirkung begreifen? Statt den Betrachter mit eingängiger Werbegrafik oder ähnlich leicht zu Konsumierendem «weichzuklopfen», setzt Paul Teutsch auf die Individualität und den eigenen Blick des Betrachters. Klar ist dabei aber auch: Ohne Zeit zum Schauen und die Bereitschaft, sich zu informieren, entgehen einem (ge)wichtige Aspekte im Werk des Künstlers.

Mit Metallkugeln gefüllte Granate

«Ich setzte schon ein bisschen voraus, dass man weiß, wozu ich einen Hang habe», sagt der Bildhauer. Auf diesen «Hang» verweisen Werktitel wie «M-18 Claymore» oder «Schrapnell» - Bezeichnungen für einen bestimmten Typ von Landminen und eine mit Metallkugeln gefüllte Granate. Nun ist Teutsch aber ganz sicher kein Militarist. Indem er seinen abstrakten Skulpturen aber die erwähnten Titel gibt, bekommen sie einen konkreten Bezug zur Wirklichkeit, zu den Gräueln der weltweiten Kriege, in denen so viele Unschuldige durch den Einsatz der Metallwaffen ums Leben kommen.

Mit diesem Kniff will Teutsch aber nicht den moralischen Zeigefinger heben, sondern ausloten, wie das Wissen um die Minen und Granaten die Wahrnehmung seiner Metallarbeiten verändert. «Der richtige Schrecken ist der, den man selber kapiert. Betroffenheit entsteht durch Eigenleistung, nicht über Bilder, die brutal sind», sagt er.

«Die gegenständliche Malerei war für mich gegessen»

Zu dieser Überzeugung ist er gelangt, als er in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Ulm ausgestellt hat. Gut zehn Jahre ist das her. Damals war der Bildhauer noch Maler und studierte an der Nürnberger Kunstakademie bei Hans Peter Reuter. Bei der Vorbereitung der Ulmer Ausstellung reifte in ihm die Absicht, «nichts zu illustrieren oder zu erklären». Er stellte schließlich schwarze Farbtafeln und Bleiplatten aus. «Und ab dann war die gegenständliche Malerei für mich gegessen», stellt er fest.

Er entdeckte seine Leidenschaft für Metall, arbeitete in einer Gießerei, machte Kurse im Schmieden und Schweißen und hat heute seine eigene kleine Metallwerkstatt in Fürth. In Bronze und Eisen, Stahl und Edelstahl arbeitet er dort an den klassischen Bildhauerthemen wie Volumen und Flächen, Spannung und Oberfläche. Gussarbeiten macht er dabei selten: «Das nimmt die Spannung der Oberfläche weg», sagt er. Leben kann Teutsch von seiner Kunst wie die meisten seiner jungen Kollegen nicht. Mehr Zeit als in seiner Werkstatt verbringt er deshalb zum Broterwerb in einer Buchhandlung.

Mit starker Säure behandelt

Seine Kunstobjekte sind formal äußerst reduziert und ästhetisch zurückhaltend, streng und spröde in ihrer Wirkung, die damit im Kontrast zu den mitunter aggressiven Titeln steht. Er variiert etwa kastenförmige Gebilde, indem er die Flächen, Positiv- und Negativformen in immer neue Relationen zueinander setzt. Nichts in seiner Kunst ist zufällig, alles bis ins Kleinste kalkuliert. Und wenn es sein muss, lässt der junge Bildhauer Oberflächen auch mal in drei Tagen um 150 Jahre «altern», indem er sie mit starker Säure behandelt.

Es geht ihm um das Aha-Erlebnis, den kleinen «Plopp, den es macht», wenn der Betrachter das Gestaltungsprinzip der Arbeiten erkennt. Oder wenn er sich plötzlich im gedanklichen «Minen-Feld» wiederfindet und versucht, die Titel in Einklang mit den abstrakten Objekten zu bringen: Der Schrecken im Schönen. Die neunteilige Arbeit «Schrapnell» jedenfalls dürfte bei den meisten Betrachtern zunächst durchaus angenehme Assoziationen wecken: Wie überdimensionale Eiswürfel, Schogetten oder Goldbarren glänzen die Metallstücke an der Wand. Teutsch hat darin, so sagt er, die Form des Schrapnells aufgegriffen, jene mit Metallkugeln gefüllte Granate, die Henry Shrapnel (1761- 1842) erfunden hat.

Kreisgalerie, Kartäusergasse 14. Bis 29. März, Di.-Fr. 14-18, Sa. 10-14 Uhr. Info-Tel.: 2 34 86 10