Künstler auf dem Karriere-Sprung

1.4.2008, 00:00 Uhr
Künstler auf dem Karriere-Sprung

© Thomas Scherer

Sieht so ein Künstlerleben aus oder eher eine Studentenbude? Die Fenster sind mit Transparentpapier beklebt, das Licht fällt milchig auf das aufgeklappte i-book. Im Raum nebenan finden sich Flaschen mit Farbe und Sprühdosen, Klemmen, Werkzeug und Styropor-Reste. Benjamin Zuber ist mitten im Umzug - und oft mitten in einem Projekt. Medial möchte sich der 26-Jährige dabei gar nicht festlegen lassen. Zu Anfang seines Studiums an der Akademie der Künste in Nürnberg habe er viel gezeichnet, inzwischen arbeitet er öfter mit Installationen oder am Computer.

Für die Blaue Nacht in Nürnberg hatte Benjamin Zuber die Titelseiten der NN eingescannt und auf vier Ebenen übereinander geschoben. Grobe Pixel, alle paar Sekunden wechselnde Bilder. Ein Zufallsgenerator bestimmte, was eingespielt wurde - so wie es auch die menschliche Erinnerung tut.

Oder den «Hochsitz zur Beobachtung des jungen Wildes», den der junge Mann mit dem intellektuellen Bart aus Seminartischen aufstapelte: Über eine Leiter konnten Ausstellungsbesucher die Bilder auf der gegenüberliegenden Wand aus unterschiedlichen Blickwinkeln ins Visier nehmen.

Als analytischen Beobachter möchte sich der Pfarrerssohn aus Fürth gern sehen. Jene Stellen finden, wo man «anecken und Problemfelder aufdecken» kann. Von Schlendrian und bohemehaften Künstlerleben ist er weit entfernt: «Ich habe es am liebsten, wenn viel am Laufen ist - und muss mich eher bremsen, wenn ich im Stress und völlig übernächtigt bin.»

Das sei, sagt Benjamin Zuber, schon in der Schule so gewesen. Im Schliemann- und dem Helene-Lange-Gymnasium hat er das künstlerische Schaffen als «präzises Ziel» gehabt. Kunst als absoluter Fokus, das Wichtigste, was es gibt. Dass dabei wenige reich werden, der Erfolg launisch und der Markt hart, nimmt er in Kauf.

Ein Spaßvogel

2001 hat er Abitur gemacht, dann Zivildienst und ein längeres Praktikum im Fotostudio. Ein Zwischenspiel an der Erlanger Uni - Medienwissenschaft plus Kunstgeschichte - ist das Sprungbrett für die Akademie. Seit 2004 arbeitet er dort in der Klasse von Michael Munding, der mit konzeptionellen Ideen und interdisziplinärer Arbeitsweise inspiriert.

Ein Spaßvogel, denkt man, wenn Benjamin Zuber seine Arbeitsmappe aufklappt. Da platziert er zum Beispiel eine große Nackte des Pop-Art-Künstlers Tom Wesselmann auf Toast, ausgeschnitten aus Fleischwurst vor einem Hintergrund aus Emmentaler, drei Kleckse Ketchup als Mund und Brustwarzen. Aha! Oder der Zitat-Hai. 1992 konservierte der britische Künstler Damien Hirst einen echten Hai in Formaldehyd, das Werk kostete 50 000 Pfund und soll 2004 für acht Millionen Dollar weiterverkauft worden sein. Benjamin Zuber fällt dazu ein handlicher Bausatz ein: Hai und Becken aus Legosteinen, dazu ein Päckchen Götterspeise. Zum Selbstanrühren, für 88 Euro.

Auch 35 Kilo Hefeteig, die er bei der Ausstellung «Roh» auf einen von sechs Seziertischen der Erlanger Anatomie packte, sind humorvoll und hintersinnig zugleich. Fünf Tage lang gärte die Hefe, tropfte der Teig schließlich vom Metalltisch und füllte den Raum mit einem süßsäuerlichen Geruch. Igitt? Vielleicht, auf jeden Fall aber eine Düpierung des konventionellen Kunstkonsums.

Wird Zuber seine Arbeit in Karlsruhe fortsetzen? Die Hochschule für Gestaltung wird für ihre Computerkunst hoch gelobt, vielleicht wird der Fürther dem intuitiven Gebrauch des Mediums ja näherkommen. Und weniger das finanzielle Versprechen reizen ihn die Türen, die die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufstößt: Sommerakademie, Auslandsstipendien, Kontakte und die Möglichkeit, größere Projekte zu realisieren.

Bislang wandert alles Geld, was der Kunststudent mit seiner Arbeit verdient in Werkzeug und Material. Styropor-Blöcke nebenan zeugen noch von dem Mini-Flügel, den Benjamin Zuber bei einer Ausstellung in ein heruntergekommenes Casino in der Nürnberger Luitpoldstraße stellte. Mit Keyboard, sonst klingt es ja nicht.