1. März 1970: Maßstäbe für Europa

1.3.2020, 07:00 Uhr
1. März 1970: Maßstäbe für Europa

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Auf dem Gelände an der Katzwanger Straße soll Europas größte Schwermontagehalle entstehen, die von einem 800 Tonnen tragenden Kran beherrscht wird. Diese Krankapazität in einer Halle ist in europäischen Landen bisher einmalig.

Die neue Prüfhalle wird einen weiteren europäischen Rekord nach Nürnberg holen: In der 36 Meter hohen Halle sollen in der ersten Ausbaustufe 125.000 und in der Endstufe 300.000 Kilo-Volt-Ampere Prüfleistung zur Verfügung stehen. Der Stoßspannungsgenerator, der praktisch Blitzeinschläge in das Hochspannungsnetz simuliert, soll sogar fast fünf Millionen Volt erzeugen können, völlig neu sein wird eine Gleichspannungsanlage, aus der Stromstärken bis zu zwei Millionen Volt entnommen werden können.

So enorm die Dimensionen sind, mit denen das derzeit 2.500 Beschäftigte zählende Werk in die 90er Jahre auf diesen Zeitraum sind die Untersuchungen und Planungen abgestellt, gehen will, so gewaltig sind auch die erforderlichen Investitionen: allein die im Frühjahr 1972 fertige erste Ausbaustufe ist mit rund 35 Millionen DM veranschlagt. Der Endausbau wird ein Mehrfaches dieser kosten.

Mutiger Schritt zwingend gefordert

Solch mutige Schritte in die Zukunft sahen die Verantwortlichen des Werks zwingend von sich gefordert angesichts der Situation, daß der Energiebedarf pro Jahr um sieben Prozent steigt und die elektrische Energie in der Regel siebenmal umgeformt werden muß, bis sie dem Verbraucher zur Verfügung steht. Und sie wagen diesen Schritt, weil für die nächsten 20 Jahre eine vierfache Steigerung des Transformatorenausstoßes erwartet wird.

Wenn man bedenkt, daß der jährliche Materialverbrauch derzeit rund 65.000 Tonnen ausmacht, wird die Bedeutung des künftigen Montagezentrums deutlich. Damit die 29 Meter hohe, 34 Meter breite und zunächst 100 Meter lange (später 240 Meter) und sehr teure Halle auch optimal genutzt werden kann, wird sich unter dem 800-Tonnen-Kran eine zweite Ebene mit 35-Tonnen-Kränen befinden, die leichtere Lasten schneller bewegen können.

Die Prüfhalle wird die Schwerstmontage-Abteilung noch um sieben Meter überragen. Alles an ihr ist gigantisch: ihr Volumen entspricht dem von 75 Einfamilienhäusern, die beiden Tore der Montagehalle hin sind 12 mal 16,5 Meter groß. Mit Ausnahme zweier Vorbauten mit Büros wird für beide Hallen eine Stahlkonstruktion verwendet. Benötigt werden dazu 3.000 Tonnen Konstruktionsstahl und 1.600 Tonnen Baustahl.

Trafos werden immer größer

Wenn Transformatoren mit Gewichten von fast 1.000 Tonnen bewegt werden müssen, wird der Transport zum Problem. Ab Frühjahr soll heuer ein neuer Spezialwagen der Bundesbahn zur Verfügung stehen, auf dem bis zu 450 Tonnen transportiert werden können. Künftige Projekte aber überschreiten die Möglichkeit des Schienenweges, also bleiben nur der Straßen- und Wassertransport.

In Nürnberg sind die Voraussetzungen dafür, daß die mit Fracht 1.100 Tonnen schweren Speziallader bis zum künftigen Hafen fahren können, geschaffen worden, indem Brückenbauten vermieden und die in Frage kommende Straße unterführt wurde. Ein geeigneter Schleppkahn für den Transport auf dem Wasserweg existiert zwar nach nicht, befindet sich aber in der Planung. Man hofft, daß er in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen wird.

Das wird auch nötig sein, denn die Transformatoren werden immer größer, immer schwerer. Derzeit liegt dem Nürnberger Werk bereits ein Auftrag für einen Trafo von einer Million kVA vor: diese Leistung entspricht dem dreifachen Spitzenbedarf der Stadt Nürnberg. Bestimmt ist der Riesenumformer für ein deutsches Kernkraftwerk. Seine Kosten werden zwischen sechs und acht Millionen DM liegen.

Eine Million kVA – das sind bereits Anforderungen von heute. In der Technik aber muß in die Zukunft geplant werden, und darum rechnet man in der Transformatoren-Union schon mit größeren Dimensionen: Einheitsleistungen von zwei Millionen kVA werden in einigen Jahren von Transformatoren gefordert werden. Darum der finanzielle Kraftakt des Werkes, das auch Umformer für gesteigerte Ansprüche bauen (und prüfen!) will.

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