12. März 1970: Eine Oper für knapp 200.000 Mark

12.3.2020, 07:00 Uhr
12. März 1970: Eine Oper für knapp 200.000 Mark

© Kammler

Während der zwei Stunden kam jeder dran, der auf dem Podium saß: außer den beiden Referenten Generaldirektor Dr. Arno Schönberger, Oberspielleiter Hesso Huber, Dr. Dietrich Mahlow und Eberhard Roters (Kunsthalle), Gierster-Stellvertreter Wolfgang Gayler, Michael M. Prechtl (Albrecht-Dürer-Gesellschaft und Curt Heigl (Bayerische Landesgewerbeanstalt).

Es würde den Rahmen sprengen, wollte man wortgetreu alle Fragen und Antworten wiedergeben. Deshalb sei aus dem bunten Strauß nur das Wichtigste herausgegriffen. Hier ist die Auswahl:

Frage: „Welche Verhandlungen sind im Gange, um Werke Dürers als Leihgaben nach Nürnberg zu bringen?“

Dr. Schönberger: „Wir sind dabei, Leihgaben zu erbitten. Die Pinakothek ist bereit, ihre sieben Dürerbilder zu geben, die ‚Vier Apostel‘ ausgenommen. Daneben bestehen Kontakte mit Museen in Kassel, Köln, Berlin, mit dem Prado (Madrid), dem Louvre (Paris), der Albertina (Wien) und mit New York“.

Dr. Glaser: „Die Versuche, die ‚Vier Apostel‘ zu bekommen, sind noch nicht abgeschlossen. Ich glaube, daß Ministerpräsident Goppel bei seinem bevorstehenden Besuch in Nürnberg die Bereitschaft dazu aussprechen wird.“ Frage: „Was kommt aus Mitteldeutschland?“

Dr. Schönberger: „Da kann man noch nichts sagen. Es könnte sein, daß wir Leihgaben bekommen, wenn die Gespräche zwischen der DDR und der Bundesrepublik zustande kommen und erfolgreich enden. Es könnte aber auch sein, daß der Osten eine eigene Ausstellung zeigt.“

Frage: „Was plant das Theater zum Dürerjahr?“

Hesso Huber: „Zwei Schauspielinszenierungen. ,Galileo Galilei‘ von Brecht in einer Buckwitz-Inszenierung und ‚Sturm‘ von Shakespeare. Darüber laufen die Verhandlungen.“

Wolfgang Gayler: „Von der Auftragsoper ist ja viel gesprochen worden. Neues ist nicht zu berichten, nachdem Arrabal den Auftrag bekommen hat. Wie die Oper aussehen wird, ist noch nicht bekannt.“

Frage: „Was kostet die Auftragsoper?“

Dr. Glaser: „Wir rechnen, daß die Kosten für den Librettisten und den Komponisten bei 50 000 Mark liegen. Für die Inszenierung werden – mit großen Vorbehalten – zwischen 120 000 und 140 000 Mark anzusetzen sein.“ Frage: „Was hat die Landesgewerbeanstalt vor?“

Curt Heigl: „Wir zeigen Gold- und Silberschmuck, mit einem historischen Kern, aber bis hin zu modernen Gegenständen, eingeschlossen eine Gruppe ‚Schmuck von Malern und Bildhauern‘. Dabei ist beispielsweise noch offen, ob ich Schmuck von Dali bekomme. Letzten Endes ist das eine Frage der hohen Versicherung.“

Frage: „Wie sehen die Pläne der Dürer-Gesellschaft aus?“

Michael M. Prechtl: „Wir wollen nicht nur Theoretiker, sondern auch Künstler beteiligen und haben 50 in- und ausländische Künstler angeschrieben mit der Bitte, ein Werk für das Dürerjahr zu schalten oder eines aus ihrer Produktion Dürer zu widmen. 35 davon haben spontan zugesagt.“

Frage: „Hängt die Teilnahme am Dürerjahr vom Geldbeutel ab?“

Dr. Glaser: „Wo es nur geht, werden wir ohne Eintrittspreise arbeiten oder die Preise möglichst niedrig halten. Alle Veranstaltungen sollen der Öffentlichkeit zugänglich sein.“

Frage: „Hat man sich Gedanken über die bisherige Zusammensetzung des Dürerjahr-Kuratoriums gemacht?“

Dr. Glaser: „Im Kuratorium sollte die Politik vertreten sein. Da gibt es natürlich Veränderungen, die sich so auswirken, daß der jeweils amtierende Kanzler den Vorsitz hat. Kiesinger hat selbstverständlich den Vorsitz abgetreten.“

Frage: „Was tut die Stadt im Dürerjahr für die Bildenden Künstler?“

Dr. Glaser: „Eigentlich wollten wir ja den Grundstein für ein Kunst- und Bildungszentrum legen. Aber in den nächsten Tagen wird dem Stadtrat ein Konzept für eine internationale moderne Sammlung vorgelegt.“

Frage: „Was unternimmt die Stadt gegen eine Kitsch-Welle?“

Walter Schatz: „Unsere größte Sorge sind die ‚betenden Hände‘ in Schweineschmalz. Wir werden darüber noch mit den Verbänden sprechen und planen ein Preisausschreiben ‚Dürer-Kitsch gesucht‘, um die Sache abzufangen.“

Es gäbe noch vieles aufzuzählen. Beispielsweise die große Grafikausstellung in der Kunsthalle, die „Dürergasse“, in der Handwerksbetriebe aus der Zeit des Meisters zu sehen sein sollen, oder die Pläne, die gewälzt werden, damit sich draußen der Name Nürnbergs als Dürerstadt einprägt.

Auch darüber wurde gestern abend gesprochen. Und ein Plakat gezeigt mit dem Bildnis Dürers und der Aufschrift: „Dürer war ein freier Mann, man sieht‘s ihm an den Haaren an.“ Und Rechtsanwalt Gerd Kluge verteilte Proklamationen für ein Anti-Dürer-Jahr, von Publikum und Planern als Abwechslung in der Diskussion gern in Empfang genommen.

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