14. März 1970: Bewaffneter Räuber war entkommen

15.3.2020, 14:59 Uhr
Die Nürnberger Polizei fahndete am 14. März 1970 nach einem Räuber, der die Bayerische Vereinsbank in der Fürther Straße überfallen hatte.

Die Nürnberger Polizei fahndete am 14. März 1970 nach einem Räuber, der die Bayerische Vereinsbank in der Fürther Straße überfallen hatte.

Es war dies der zweite derartige Coup auf diese Bankfiliale innerhalb eines Jahres. Am 5. März 1969 erbeuteten zwei Burschen 60 000 DM. Die Täter wurden wenige Tage später verhaftet. Wenige Minuten nach dem gestrigen Überfall, der sich um 8.45 Uhr ereignete, löste die Polizei Großalarm „Schließkette“ aus. Alle verfügbaren Streifenwagen waren zur Fahndung nach dem Täter und zum Abriegeln der Ausfallstraßen eingesetzt. Gegen 11 Uhr wurde das vermutliche Tatfahrzeug in der Bergstraße gestellt und drei Personen vorübergehend festgenommen. Eine Überprüfung ergab: sie hatten mit dem Raub nichts zu tun.

Schon vor einem Jahr

Die Bayerische Vereinsbank hat bereits eine Belohnung von 10 000 DM für die Ergreifung des Täters und Wiederbeschaffung der Beute ausgesetzt. Der neuerliche Überfall zeigt Parallelen mit der Tat am 5. März vergangenen Jahres. Auch diesmal war der vom Filialleiter am Vortag in der Zentrale angeforderte Tagesbedarf früh in einem kleinen Aluminiumkoffer überbracht worden, der dann dem Täter mit dem gesamten Inhalt in die Hände gefallen war. Gegen 8.15 Uhr, 15 Minuten vor Eintreffen des Geldtransportes, betrat eine Frau den an die Bankräume angrenzenden Hausflur. Plötzlich schreckte sie zusammen: vor ihr stand ein etwa 22 bis 25 Jahre alter Mann, der die Kapuze seines schwarzen Anoraks tief ins Gesicht gezogen hatte und eine breitrandige Sonnenbrille trug. Der Unbekannte beruhigte die verängstigte Frau: „Haben Sie keine Angst, ich tue Ihnen nichts. Ich warte nur auf jemanden.“

Koffer hinterm Tresen

Etwa eine halbe Stunde später: der Kassier Klaus F. hatte bereits das ihm übergebene Geld der Zentrale – 165 000 DM – nachgezählt und dann den Koffer wieder verschlossen, den er, für Kunden nicht sichtbar, hinter den Kassentresen stellte. In diesem Augenblick betrat eine vermummte Gestalt den Schalterraum, in dem sich zu diesem Zeitpunkt nur drei Bankangestellte und eine Kundin befanden. Noch während die Tür öffnete, fiel ein Schuß. Die Kugel, die den Lehrling knapp verfehlte, durchschlug zwei Fensterscheiben. Das Projektil wurde später auf der Straße gefunden. Erst nach diesem Schuß rief der etwa 1,80 Meter große Unbekannte: „Geld her, sonst knallts!“ Niemand in der Schalterhalle wagte es, sich in diesem Augenblick zu rühren. Der Räuber stürzte auf den Kassier Klaus F. zu, der uns nach dem Überfall erklärte: „Ich wußte, wenn ich der Aufforderung nicht Folge leisten würde, hätte er auf mich geschossen.“

Spuk dauerte eine Minute

Auf dem Kassentisch lagen sauber sortiert etwa 3000 DM in Noten. Der Kassier aber holte den Aluminiumkoffer hinter dem Tisch hervor und übergab ihn dem Räuber, der noch einmal fragte: „Ist auch etwas drin?“ Als der Kassier nickte, verließ der Räuber, die Pistole immer noch auf die Angestellten gerichtet, rückwärtsgehend den Schalterraum. Von dem Augenblick an, da er auf die Straße trat, verlor sich die Spur. Der ganze Spuk dauerte nach Angaben des Kassierers „höchstens eine Minute“. Als der Täter außer Sichtweite war, löste Klaus F. den Alarm aus. Die große Jagd aller verfügbaren Polizeifahrzeuge begann auf ein Auto, von dem man weder den Typ, noch die Farbe, noch das Kennzeichen kannte. Niemand hatte den Räuber nach dem Überfall gesehen.

Erst um 12.30 Uhr meldete sich der wichtigste Zeuge, der gegen 8.30 Uhr einen goldfarbenen Ford Capri auf der Fürther Straße langsam an der Vereinsbank vorbeifahren sah. Dem Zeugen fiel auf, daß der Fahrer die Kapuze seines Anoraks über den Kopf gezogen hatte. „Bei dem strahlenden Wetter sah das schon komisch aus.“

Das Gespräch gehört?

Die Beschreibung des Fahrers paßt genau auf den Bankräuber. Es ist nicht auszuschließen, daß er beobachtet hat, wie der Geldkoffer gegen 8.30 Uhr in die Filiale gebracht wurde. Kassier Klaus F. hat seine eigene Theorie: „Vielleicht hat der Täter das Telefongespräch am Donnerstagnachmittag mit der Zentrale abgehört, als ich den Tagesbedarf von 165 000 DM für Freitag bestellte.“ In die Fahndung nach dem Ford Capri 1700 wurde kurz nach Bekanntwerden dieser Beobachtung sofort die zentrale Registratur für alle Personenwagen im Bundesgebiet in Flensburg eingeschaltet, um den Halter der verdächtigen Wagen zu ermitteln. Pausenlos wurde gestern nachmittag die elektronische Datenverarbeitung des Polizeipräsidiums mit Daten gefüttert, wobei neuerdings auch die Möglichkeit besteht, „Örtlichkeiten abzurufen“, wo sich zur Zeit Ganoven aufhalten, die für eine solche Tat in Frage kommen könnten.

Fahrzeug in Ansbach gestohlen

Kurz nachdem gestern abend die Tagesschau von dem Nürnberger Überfall und dem verdächtigen goldfarbenen Ford Capri berichtet hatte, sah ein Passant gegen 21 Uhr in der Blumenthalstraße einen geparkten Ford Capri, lindgrün. Durch die Dunkelheit konnte der wachsame Mann die Farbe nicht genau erkennen und betrachtete sich den Wagen aus der Nähe. Als er sah, daß er lindgrün war, wollte er sich schon wieder abwenden. Da machte er die entscheidende Entdeckung: auf dem Rücksitz lag der geöffnete Aluminiumkoffer – leer. Gestern abend stellte die Kripo bereits das Tatfahrzeug in der Blumenthalstraße sicher: es war am Abend zuvor in Ansbach gestohlen worden. Der Erkennungsdienst der Kripo machte sich wenig später an die Arbeit, im Polizeipräsidium den Tatwagen auf mögliche Spuren des Täters hin zu untersuchen. Immer und immer wieder wurde der Computer mit neuen Daten gefüttert. Bis Redaktionsschluß aber verliefen alle Bemühungen ergebnislos.

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