16. März 1970: Stadtrat Schmeißner

16.3.2020, 07:23 Uhr
Humorvolles "Geburtstagsständchen" vor dem Hummelsteiner Schloß: Stadträte und zahlreiche Mitarbeiter aus dem Bauhof vernahmen die Moritat, gemünzt auf den Baureferenten (rechts auf der Treppe) und stilgerecht vorgetragen zu den Klängen einer Drehorgel.

Humorvolles "Geburtstagsständchen" vor dem Hummelsteiner Schloß: Stadträte und zahlreiche Mitarbeiter aus dem Bauhof vernahmen die Moritat, gemünzt auf den Baureferenten (rechts auf der Treppe) und stilgerecht vorgetragen zu den Klängen einer Drehorgel.

Sein 65. Geburtstag ist das Zeichen, daß im Bauhof bald eine Ära zu Ende geht: Heinz Schmeißner hat gestern das Pensionsalter erreicht, besungen an seinem Wohnsitz, dem Hummelsteiner Schlößchen, von den drehorgel-spielenden Mitarbeitern und beglückwünscht von zahlreichen Bürgern, dem Oberbürgermeister vorneweg.

Denn Nürnberg, wie es aus den Trümmern des Bombenkrieges wiedererstand, trägt unverkennbar die Handschrift des großen Lokalpatrioten, der im Fembohaus als Sohn des Landesbaurats Jakob Schmeißner aufwuchs. Schon damals hat den "Fembo" – die Stätte seiner Kindheit hat ihm den liebenswürdigen Spitznamen eingetragen – die Liebe zu historischen Gebäuden gepackt, die ihn fürderhin nicht mehr loslassen sollte.

Seiner beim Wiederaufbau konsequent verfolgten Idee, eine Synthese zwischen alt und neu zu finden, verdankt die Stadt ihr heutiges Aussehen, das aus berufenem Munde genug gelobt worden ist. Der Jubilar kann darauf besonders stolz sein.

Große Aufgabe: neuer Tiergarten

1936 hat die steile Karriere von Heinz Schmeißner in seiner Vaterstadt begonnen. Hier erwartete den ehemaligen Realgymnasiasten mit der Planung des neuen Tiergartens auf dem Schmausenbuck, die er zusammen mit Kurt Schneckendorf übernahm, eine große Aufgabe. Wie glänzend sie gelöst wurde, empfindet heute noch jeder Tiergartenbesucher.

Vertraut mit den Eigenarten Nürnbergs und seiner besonderen Atmosphäre, war er der rechte Mann, um im August 1949 das Baureferat zu übernehmen und mit an die Spitze der Stadtverwaltung zu gelangen. Auf dem Stuhl im Baumeisterhaus gab er der Stadt ihre einstige städtebauliche Bedeutung zurück.

Welche Kleinarbeit dazu notwendig gewesen ist, mag der Außenstehende nur ahnen. Finanzierungsprobleme mußten ebenso überwunden wie Bauherrn unter einen Hut gebracht werden. Morgens der erste – um 6.30 Uhr schon am Schreibtisch zu finden – und abends der letzte: so hat Heinz Schmeißner unermüdlich geschafft.

Die Rathäuser wurden wiederaufgebaut, über das erste Stück Schnellstraße brausen die Autos, die Meistersingerhalle steht, sonntags schauen die Spaziergänger auf die glitzernde Fläche des Wöhrder Sees, bald rollt die U-Bahn zwischen der Julius-Leber-Straße und Neuselsbrunn. Das sind Marksteine, die während der Amtszeit des 65jährigen gesetzt worden sind. Aber trotz der 70-Stunden-Woche mußte auch Heinz Schmeißner manche Wünsche zurückstellen. Noch fehlt beispielsweise das zweite Krankenhaus. Die Bebauung zwischen Königstor und Landesgewerbeanstalt ist zunächst einmal gescheitert und viele Straßen harren noch des Ausbaus. Für Otto Peter Görl als seinem Nachfolger bleibt noch allerhand zu tun.

Aber das ist nur der Fachmann und Arbeiter Heinz Schmeißner, dem im verantwortungsvollen, hohen Amt jegliche steife Würde fremd geblieben ist. Nicht weniger liebenswürdig ist auch der Privatmann und Kollege, bekannt für seine Fähigkeit, Verse zu schmieden, entweder für Festlichkeiten im Bauhof-Geviert oder für einen Neujahrsglückwunsch.

Zu seinen Liebhabereien gehört außerdem die herzhafte Nürnberger Brotzeit, natürlich mit Preßsack, das Wandern und Schwimmen – möglichst im eiskalten Wasser – oder das Skilaufen, mit dem er häufig sogar den Neid der Stadträte erregt – wenn er braungebrannt zur Sitzung des Bau- oder Verkehrs-ausschusses kommt, sich die obligatorische Zigarette – natürlich ohne Filter – ansteckt und die Brille in unnachahmlicher Manier auf die verlängerte Stirne schiebt.

Ärger mit dem Friseur

Heinz Schmeißner – er zählt als Rotarier zur ersten Gesellschaft Nürnbergs – hat stets einen Witz im Köcher und genießt großes Ansehen, sogar bei den Journalisten, die ihm wegen seines aufgeschlossenen Wesens und der Bereitschaft, notfalls auch um Mitternacht Auskunft zu geben, ihren "Wander-preis", die "Presse-Ente" verliehen haben.

Noch vieles gäbe es über Heinz Schmeißner zu erzählen, beispielsweise von seinem Ärger, wenn er beim Friseur den vollen Preis fürs Haareschneiden zahlen muß, von seinen Erfolgen bei Architektur-Wettbewerben und von der Freude, mit der er selbst am Steuer eines Autos sitzt. Deshalb hat er sich auch zur Vorbereitung auf den Ruhestand einen PS-starken Wagen gekauft. So rundet sich das Bild einer Persönlichkeit, von der mit Fug und Recht gesagt werden kann: Heinz Schmeißner hat sich um seine Vaterstadt verdient gemacht.

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