Literatur mit dem großen Herz für die Polen

16.7.2008, 00:00 Uhr
Literatur mit dem großen Herz für die Polen

© Gnad

«Gott wollte, dass wir Nachbarn sind», zitiert der Schriftsteller, der seit 40 Jahren in Nürnberg lebt, ein altes polnisches Sprichwort. Und dann erzählt er, wie er seine Liebe zu dem Land an Oder und Weichsel entdeckte. Ende der 80er Jahre verschlug es Godehard Schramm zum ersten Mal über die Grenze. Aus naheliegenden Gründen: Seine Frau stammt aus dem oberschlesischen Zabrze. Der erste gemeinsame Urlaub war somit eine Spurensuche: eine deutsch-polnische Familiengeschichte. Noch im selben Jahr lag ein Angebot von dem damaligen Kanzler Helmut Kohl im Briefkasten, ihn zusammen mit drei anderen deutschen Literaten auf eine offizielle Staatsreise nach Warschau zu begleiten.

«Diese beiden Reisen waren die Initialzündung», blickt der Literat aus der Nordstadt zurück. Immer wieder besucht er seitdem das Nachbarland, hat die Sprache gelernt. Er taucht ab in die reichhaltige Kultur, hat den polnischen Dichter Jan Twardowski ins Deutsche übersetzt, schreibt Texte, die ins Polnische transferiert werden. Er wird zu Lesungen eingeladen und findet Freunde. Mit «Einladungen nach Polen» liegt nun die Quersumme aus Aufenthalten in Polen vor: eine Art Staudamm, hinter dem 20 Jahre Beschäftigen mit Land und Leuten liegen. Neben eigenen Texten und Essays finden sich Betrachtungen von Alfred Döblin, Ludwig Uhland und August Graf von Platen. Oder Bonmots wie das des Engländers Norman Davies, der einmal geschrieben hat: «Für den durchschnittlichen Russen kam aus Polen nichts anderes als Scherereien.»

«Es ist kein Reiseführer geworden», warnt Schramm. Das Wesentliche entdecken und wieder in Sprache verwandeln, darum geht es dem 64-Jährigen. Jedes Kapitel ist ein Erzählbogen, es gibt Geschichten über schier endlose Alleen, die Begegnung mit einem Grafen, eine Wanderdüne an der Ostsee und eine polnische Messe in Nürnberg. Flankiert wird «Einladungen nach Polen» (259 Seiten, 19,80 Euro, Wiesenburg Verlag Schweinfurt) von elf pfiffigen Zeichnungen des Warschauer Grafikers Zygmunt Januszewski. Die Buchpräsentation ist für Herbst geplant.

Seine KulTour-Tipps: Godehard Schramm freut sich auf die Eröffnung der Gerhard- Wendland-Ausstellung am Sonntag, 20. Juli, 10.30 Uhr, in der Galerie Defet, Gustav-Adolf-Str. 33 (www.galerie-defet.de). Dann: Das «Nizza-Fest» des Deutsch-französischen Clubs am Freitag, 18. Juli, ab 19.30 Uhr in der Villa Leon, Philipp-Körber-Weg 1, sowie die Ausstellung «Muschelkünstler» mit Bildern von autistischen Jugendlichen, die am 27. Juli um 11 Uhr in der Galerie «DestillArta» in Roßtal/Buchschwabach eröffnet wird (www.destillarta.de). Am Wochenende feiert Schramms Stamm-Grieche «Meteora» in der Schweppermannstraße/Ecke Friedrichstraße sein 30-jähriges Betriebsjubiläum - da wird natürlich mitgefeiert. «Und wenn ich ganz viel Zeit habe, gehe ich zu Fuß in die Stadt und gucke mir im Germanischen Nationalmuseum einen Spinettdeckel an, der ganz viel mit Nürnberg zu tun hat, wandel mal wieder durch diesen wunderschönen Kreuzgang und nutze das Museum als

geistige Aufladestation!»

Stefan Gnad