Die Buchhändler kämpfen seit 25 Jahren gegen die Online-Konkurrenz

24.5.2020, 14:22 Uhr
Die Buchhändler kämpfen seit 25 Jahren gegen die Online-Konkurrenz

© Jan Stephan

Auch wenn es so weit noch nicht ist: Eine Revolution war der Online-Handel trotzdem. Binnen eines Vierteljahrhunderts wurde Amazon vom Garagen-Start-up zu einem der mächtigsten Unternehmen der Welt. Mit Umsätzen, die die Wirtschaftsleistung ganzer Länder übersteigen. Die kleinen Buchhandlungen aber haben Bezos überlebt. Zumindest viele.  Nicht nur in den Städten, sondern auch in der Fläche. Meyer, Stoll, buchunterwegs, Am Färberturm, Fischer,  Francke, Korn und wie sie alle heißen. Es gibt sie noch in Altmühlfranken.

Und es wird sie auch in 25 Jahren noch geben, sagte Mathias Meyer von der gleichnamigen Weißenburger Buchhandlung. Zumindest wenn sie sich richtig aufstellen. Das allerdings ist eine kontimuierliche Herausforderung, denn das Buch steht unter Druck. Die Handelskonkurrenz im Netz, die Digitalisierung des Buches selbst, die Konkurrenz durch Netflix und Co sowie die Unruhe einer sich immer schneller drehenden Welt. All das macht es dem ältesten Massenmedium der Welt nicht leicht.

 Es wird nur mit Qualität und Einkaufserlebnis gehen, glaubt Meyer. Und Melena Renner, die Inhaberin der Buchhandlung Am Färberturm in Gunzenhausen, fügt Leidenschaft und Begeisterung hinzu. Was andere Branchen vom Buchhandel über den Kampf mit dem Online-Handel lernen können, ist die Besinnung auf die eigenen Stärken und das Digitale als Fortsetzung des Stationären. Der real existierende Laden ist es, der Meyer, Fischer, Stoll und Co. von Amazon absetzt, der sie besser sein lässt, wenn es um Einkaufserlebnis, soziale Interaktion und Service geht. Das Digitale hat bei den kleinen Buchhandlungen die Aufgabe, diese Stärken sichtbarer zu machen.

Die Buchhändler kämpfen seit 25 Jahren gegen die Online-Konkurrenz

„Wenn irgendjemand den neuen Bestseller von Jussi Adler-Olsen auf Google sucht, dann wird er mich nicht finden,“, erklärt Melena Renner. „Und das ist auch nicht mein Ziel. Aber wenn jemand bei mir einkauft, dann soll er sein Buch auch Sonntagnacht bestellen können, wenn es ihm gerade einfällt.“ Und das im Online-Shop, per Mail, via Facebook oder per WhatsApp.  Ähnlich ist das bei Mathias Meyer. Die Online-Bestellungen werden wie im Laden auch persönlich beantwortet. Bei Meyer kommen handgeschriebene Dankeskarten in die Päckchen, die etwa über das neue Online-Kaufhaus Altmühlfranken versandt werden. Weil hier Menschen am anderen Ende des Bildschirms sitzen.

Das Ladenprinzip der persönlichen Beratung velängert man ins Netz hinein. „Man kann uns anschreiben und sagen, was man für eine Art Buch sucht, sagen, was einem bisher gefallen hat, und wir machen Vorschläge“, so Meyer. Man verschickt auf Wunsch auch ganze Literaturlisten zu Themen. „Unsere Leistung ist die Auswahl aus einer unüberschaubaren Masse von 100 000 Neuerscheinungen pro Jahr“, erklärt Meyer. „Wir kennen unsere Kunden, wissen, was sie lesen, und wir kennen die Bücher.“ Melena Renner ergänzt: „Ich kenne die Namen der meisten Kunden, ich weiß, wo sie wohnen und wie es familiär so ungefähr ist. Bei Amazon wäre das ein bisschen unheimlich, bei uns ist es Stoff für einen netten Plausch.“

Die Buchhändler kämpfen seit 25 Jahren gegen die Online-Konkurrenz

Die beiden begeisterten Buchhändler sind überzeugt, dass ihre Empfehlungen besser sind als die des Amazon-Algorithmus.  Der antwortet auf Dan Brown verlässlich mit Sebastian Fitzek, Mathias Meyer und Melena Renner auch mal mit einer Wiederentdeckung eines amerikanischen Krimis der 20er-Jahre. Amazon ist die Filterblase der Literatur. Einmal losgelesen, bekommt man endlos Nachschub im Ähnlichen. So kann man ein Leben lang atemlose Bestseller-Thriller lesen.

Die Welt der Literatur wird so dicker im Mainstream, dünner an den Enden. Am besten lesen alle nur noch 100 Autoren, ist das Amazon-Prinzip. Das reduziert die Logistik-Kosten.  Aus dem Grund gibt es die Buchpreisbindung. Der Erhalt der Vielfalt auf dem Buchmarkt wird als kulturell wertvoll betrachtet. Deswegen schreibt in Deutschland der Gesetzgeber vor, dass Bücher immer zum selben Preis verkauft werden müssen. Dadurch können die Großen nicht über Masse die Kleinen aus dem Markt drücken. „Ein Ende der Buchpreisbindung würde ich nicht überleben“, ist sich Renner sicher.

Die Buchhändler kämpfen seit 25 Jahren gegen die Online-Konkurrenz

© Jan Stephan

Die Branche hat sich in den vergangenen Jahren stabilisiert. Der stationäre Buchhandel steht bei knappen 50 Prozent des Gesamtumsatzes von rund neun Milliarden Euro. Der Online-Handel kommt auf etwa 20 Prozent Marktanteil. „Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass wir es geschafft haben“, sagt Meyer. „Im Moment kämpfen vor allem die Großen wie Hugendubel und Thalia um ihre Existenz, die früher unsere größten Konkurrenten waren.“

Aber auch im Kleinen muss man rechnen. Bei aller Begeisterung für die Literatur ist der Buchhandel ein Geschäft. Eines, das nicht ohne Zahlen auskommt, weil man seinen Strom nicht mit Gedichtbänden bezahlen kann. Es ist aber ein Geschäft, das Begeisterung braucht. „Lesen ist ein wichtiger Teil deiner Arbeitszeit, für den du aber nicht bezahlt wirst“, sagt Renner. „Lesen muss dein größtes Hobby sein, sonst kriegst du das Work-Life-Balance-technisch nicht gewuppt“, lacht die Buchändlerin.

 Im Laden habe sie übrigens noch nie nur eine einzige Seite am Stück gelesen. Da gilt es Kunden zu beraten, die