Werkstatt mit Wohlfühlfaktor

20.5.2021, 13:03 Uhr
Werkstatt mit Wohlfühlfaktor

© Diakoneo

„Wir schauen im Verlauf, wo der Beschäftigte seine Fähigkeiten und Neigungen hat. Und was er selbst gerne machen möchte“, erläutert Friedrich Burkhard, Leiter der Diakoneo-Filiale in Laubenzedel. Deshalb durchlaufen alle Neuankömmlinge nach einem dreimonatigen Eingangsverfahren zuallererst den zweijährigen Berufsbildungsbereich. „Da kann man dann schon erkennen, ob der- oder diejenige überhaupt für die Werkstatt geeignet oder doch besser in einem anderen Bereich aufgehoben ist“, sagt Burkhard.

Auch die Kulturtechniken – Lesen, Schreiben, Rechnen – werden vor Ort mit geschultem Personal geübt. Durch diese gezielten, zusätzlichen Angebote werden die Leistungsfähigkeit erweitert und die Persönlichkeit gestärkt. Zusätzlich gibt es therapeutische Angebote und arbeitsbegleitende Maßnahmen wie Musizieren, sportliche Betätigungen und kreative Angebote sowie Entspannungsstunden.

Werkstatt mit Wohlfühlfaktor

© Diakoneo

„Am wichtigsten ist es, dass die Menschen eine Tagesstruktur haben, ein soziales Umfeld, Freundschaften pflegen und sich einfach wohlfühlen können“, so Burkhard, der seit über 44 Jahren für Diakoneo tätig ist, seit 1985 als Leiter in Laubenzedel.

Die angelernten Tätigkeiten reichen dabei von Verpackungsarbeiten, Montage und Konfektionierung für die Kfz- und Elektroindustrie bis hin zur Garten- und Landschaftspflege oder künftig auch dem schonenden Dampfreinigen von Wabenrähmchen für Imker. Aber auch der Bereich der Aktenvernichtung ist gefragt: 130 Tonnen Akten werden in Neuendettelsau jährlich zu Konfetti verarbeitet und gepresst, um anschließend in einer Papiermühle wiederaufbereitet zu werden.

Die Menschen sollen sich hier einfach wohlfühlen.

Die Werkstatt verfügt über gute Verbindungen zu heimischen Firmen, darunter Bosch, Schaeffler, Schwan-Stabilo und Müller + Ziegler. Aber auch Zubehörteile für Daimler in Stuttgart oder Volvo in Schweden setzen die Beschäftigten in Laubenzedel  zusammen.

Werkstatt mit Wohlfühlfaktor

© Diakoneo

Als Werkstätte für Behinderte gehe man  dabei den umgekehrten Weg wie die Industrie, erläutert Burkhard, der als gelernter Maschinenbauer über den Zivildienst im sozialen Bereich gelandet ist. Damit möglichst viele Menschen beschäftigt werden können, teilt man Aufträge in möglichst kleine Arbeitsschritte auf. „Der eine Beschäftigte nimmt dann zum Beispiel nur das Teil aus dem Karton, das der nächste weiterverarbeiten kann, und der letzte kontrolliert nach einem Muster das Ergebnis.“

2020 hatte man vor, zusammen mit den Beschäftigten, auch eine gastronomische Dienstleistung anzubieten: den Verkauf von Crêpes auf Festivals und Märkten. Der eigens dafür angeschaffte Anhänger mit Grill- und Crêpes-Platten musste im Corona-Jahr allerdings erst einmal in der Halle ausharren, bevor er hoffentlich 2021 seine Premiere im Straßenverkauf feiern darf.

„Wir versuchen, auch den Leuten mit schwerer Behinderung eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben“, sagt der Diakoneo-Leiter in Laubenzedel. Im Berufsbildungsbereich der Werkstatt werden deshalb alle TeilnehmerInnen, die mit einer angelernten Tätigkeit beginnen, auf ihre Aufgabe in der Werkstatt sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet. Unterstützt und betreut werden sie durch 20 ausgebildete Fachkräfte und HeilerziehungspflegerInnen. Bei Außenarbeitsplätzen werden die Beschäftigten durch einen Jobcoach begleitet, der dauerhaft als Ansprechpartner zur Verfügung steht.  Zusätzliche Unterstützung gibt es temporär durch SozialpädagogInnen und den Psychologischen Dienst. Initiativbewerbungen sind in Laubenzedel jederzeit willkommen.

In Gremien wie dem Werkstattrat und der Werkstattversammlung können Beschäftigte mit Handicap an der Weiterentwicklung ihrer Arbeitsstätte mitwirken. Daneben gibt es eine Frauenbeauftragte für die Belange der weiblichen Beschäftigten. Und auch bei der Musikauswahl, die in den hell erleuchteten Werkräumen aus den Lautsprechern dringt, dürfen alle mitbestimmen. Nicht jeder in Laubenzedel stehe eben auf deutschen Schlager, wie ein Beschäftigter grinsend verrät. Burkhard und seinem Team ist es wichtig, dass die Menschen in  Laubenzedel eine lebendige Gemeinschaft finden, in der sie, neben der Arbeit, auch kreativ werden können, etwa beim Singen, Kochen, Malen oder Sporttreiben. Bei den Nationalen Special Olympics Winterspielen etwa war das Sportteam Polsingen-Oettingen-Gunzenhausen mit sieben Athleten unter 900 Sportlerinnen und Sportlern mit und ohne geistige Behinderung vertreten.

Mit den Diakoneo-Angeboten werden Menschen mit Handicap auf ihrem Weg in ein gelingendes, sinnerfülltes und selbstbestimmtes Leben unterstützt. „Bei uns steht nicht nur die Arbeit, sondern vor allem das Miteinander im Fokus“, sagt Burkhard.  In Zeiten von Corona keine leichte Herausforderung, die man aber dank individuellem Hygiene- und Schutzkonzept in den Diakoneo-Einrichtungen gut bewältigen konnte.   
  -klm-

Diakoneo Laubenzedel

Wilhelm Löhe gründete 1854 in Neuendettelsau die erste bayerische Diakonissenanstalt. Löhes Vision war der Aufbau eines flächendeckenden Netzes von Gemeindestationen für die häusliche Kranken-, Alten- und Behindertenpflege. 1866 wurden in Polsingen im ehemaligen Wöllwarthschen Schloss die erste Filiale des Diakonissenwerks eröffnet und 100 Menschen mit Behinderung betreut. Um Polsingen zu entlasten, entstand 1985 im ehemalige Schulhaus in Laubenzedel bei Gunzenhausen eine Schwesterfiliale. Mitte 2019 schlossen sich die Diakonien Neuendettelsau und Schwäbisch Hall zu einer der fünf größten Diakonischen Unternehmen in Deutschland, zusammen. „Diakoneo“ ist heute ein zukunftsorientiertes und christlich ausgerichtetes Sozialunternehmen. Dabei bilden die Förderung und Unterstützung von Menschen mit Behinderung nach wie vor den Schwerpunkt der Arbeit.

Diakoneo - Werkstatt Laubenzedel, Laubenzedel 58, 91710 Gunzenhausen, Tel. 09831/884111, www.diakoneo.de, Friedrich.Burkhard@diakoneo.de, facebook.com/diakoneo2019, instagram.com/diakoneo.karriere, Unternehmensgründung: 1866, MitarbeiterInnen: 104, Leiter: Friedrich Burkhard