Der Mobilfunk hat Nürnberger Wurzeln

13.5.2011, 18:57 Uhr
Der Mobilfunk hat Nürnberger Wurzeln

© Mathias Orgeldinger

„Es ist kaum bekannt, dass wir damals die grundlegenden Prinzi-pien des GSM-Standards erarbeitet haben“, sagt Werner A. Schmidt, der die Tagung zusammen mit zwei Mitstreitern organisiert hat. Unterstützt wurden sie von der Nürnberger Initiative für die Kommunikationswirtschaft (NIK).

Der Diplomingenieur wechselte 1979 zur Firma TeKaDe (Süddeutsche Telefon-, Apparate-, Kabel- und Drahtwerke AG), die eine Niederlassung in der Thurn-und-Taxis-Straße hatte. Dort übertrug man ihm die Verantwortung für die Architektur neuer Mobilfunksysteme. 1982 ging der Standort an die PKI (Philips Kommunikations Industrie AG) über.

Sendetechnik füllte einen ganzen Kofferraum aus

Die Firma TeKaDe hatte bereits eine lange Erfahrung mit mobiler Kommunikation. In den 1960er Jahren lieferte sie die Geräte für das erste deutsche Mobilfunknetz (A-Netz), das jedoch nie über 11000 Nutzer hinauskam. Die Sendetechnik für das Autotelefon benötigte den Kofferraum einer Luxuslimousine.

Die Vermittlung übernahm das „Fräulein vom Amt“. Erst mit dem B-Netz konnte sich der Nutzer selbst einwählen, sofern er wusste, in welchem Vorwahlbereich sein Gesprächspartner gerade unterwegs war. Das C-Netz, welches 1985 an den Start ging, ermöglichte einheitliche Rufnummern und erstmals tragbare Geräte. In allen drei Systemen wurde die Sprache noch analog übermittelt. Erst die GSM-Technik machte es möglich, Sprache digital zu senden. D1 und D2 kamen 1992 auf den deutschen Markt.

Während Siemens beim C-Netz die Nase vorn hatte, glänzte PKI bei der Entwicklung der GSM-Technik. „Das war ein komplexes Gebiet“, untertreibt Schmidt.

Neben den Problemen der Funkausbreitung, der Vermittlungstechnik und der Identifikation musste auch das begrenzte Spektrum der Frequenzen beachtet werden.

Die digitale Sprachübermittlung ähnelte der Quadratur des Kreises. „Wir suchten die Balance zwischen geringer Bitrate und hoher Sprachqualität“, erinnert sich Schmidt. „Ein wesentlicher Teil des heute noch verwendeten Sprachcodes wurde in Nürnberg entwickelt“, berichtet Professor Alfons Eizenhöfer von der Georg-Simon-Ohm-Hochschule.

„Die erste Basisstation für eine Funkzelle war in einem 2,6 Meter hohen Schrank untergebracht“, erinnert sich Ulrich Möhlmann von der Alcatel-Lucent Deutschland AG, der „Nachfolgerin“ von PKI. „Heute passt die Technik in eine halbe Fritz-Box.“ In ähnlichem Maße verringerten sich auch Größe und Gewicht der Handys.

Die rasche Digitalisierung und Vereinheitlichung des Mobilfunks verdanken wir letztlich der deutsch-französischen Freundschaft. Nachdem ein gemeinsames Hubschrauberprojekt gescheitert war, konzentrierten sich Kohl und Mitterand auf die „Groupe Spécial Mobile“ beim Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen, erzählt Eizenhöfer. Heute steht GSM für das „Global System for Mobile Communications“ mit schätzungsweise über zwei Milliarden Teilnehmern.

Technischer Fortschritt basiert zunehmend auf internationaler Zusammenarbeit. Deshalb fällt es heute viel schwerer als noch zu Edisons Zeiten, bahnbrechende Erfindungen zu verorten.

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