Darum öffnen fränkische Weihnachtsmärkte so früh wie selten zuvor

22.11.2019, 05:50 Uhr

Morgen, Kinder, wird‘s was geben. . ." So wie im bekannten Weihnachtslied können es die Kleinsten ab dem ersten geöffneten Türchen im Adventskalender kaum mehr erwarten, bis das Fest mit all seinen Geschenken und Leckereien näher rückt. Doch auch den Erwachsenen kann es inzwischen nicht mehr schnell genug gehen. Immer früher eröffnen die Advents- und Weihnachtsmärkte, da macht die Region rund um Nürnberg keine Ausnahme. Warum das so ist, hat unterschiedliche Gründe. Ganz oft aber geht es ums Geschäft. Time is money, den kapitalistischen Grundsatz hat auch das Christkind längst verinnerlicht. Die Saison ist nicht nur der Himmelsbotin schlicht zu kurz geworden.

Den Vogel im Konzert der blinkenden und glitzernden Märkte hat die Stadt Bayreuth abgeschossen: Bereits am 17. Oktober wurde dort das "Winterdorf" aufgesperrt, "zu einer Zeit, an der noch kein Mensch an Weihnachten denkt", wie Stadtsprecher Joachim Dippold unumwunden zugibt. Warum die Kommune der Betreiberfamilie doch Grünes Licht für Glühwein und Co. im Spätsommer erteilt hat, ist im Standort begründet. Mitten in der Fußgängerzone sei das Dorf ein wahrer Publikumsmagnet, sagt Dippold, auch After-Work-Partys und Treffen von Freunden finden dort statt. Will heißen: Das Dorf mitten in der Stadt lockt kaufkräftige Kundschaft an.


Romantik geht flöten: Adventsmärkte starten zu bald


Die wollen sich auch Schlossherren und Burgenbesitzer nicht entgehen lassen, die ihre prächtigen Anwesen gerne von Marktbeschickern in ein Winterwonderland verwandeln lassen. Die Besucher zahlen Eintritt, die Hausherrn hoffen so auf Einnahmen, um den teuren Unterhalt der malerischen Gebäude zu sichern.

Deswegen, sagt Jakob Hirmer von der gleichnamigen Kommunikationsagentur, sei man mit der "Winterlust" auf Schloss Weißenstein in Pommersfelden (Landkreis Bamberg) auch stets mindestens zwei Wochen vor dem 1. Advent zu Gast. Denn viele Besucher würden sich auf dem "hochkarätigen Markt" Anregungen und Weihnachts-Deko holen, um das eigenes Haus oder die Wohnung pünktlich zum 1. Advent schmücken zu können. Das Motto dieser Klientel sei klar, weiß Hirmer: "Ich bin zwar noch nicht richtig aus dem Sommerurlaub da, aber ich will mich schon mal auf Weihnachten einstimmen."

 

Auch die "Winterträume", die eine Agentur aus den Niederlanden in vier deutschen und holländischen Städten wahr werden lässt, setzen auf das Motto: Der frühe Vogel frisst den Wurm! Schon am 15. November lockten fast 100 Aussteller mit schicker Ware rund um das Faber-Castell‘sche Schloss in Stein. "Winterträume"-Sprecherin Sabrina Kaul betont, man wolle bewusst "vor dem ganzen Trubel" loslegen, denn in der Adventszeit werde die Konkurrenz schließlich größer.

Die Mehrzahl der Städte und Gemeinden in der Region hält sich aber an die Tradition, nicht vor dem Totensonntag mit "Jingle Bells" und "O Du Fröhliche" loszulegen und Engel in die Budenstadt einschweben zu lassen. Die christlichen Kirchen warnen ohnehin seit Jahren vor dem "Ausverkauf von Weihnachten" und empfehlen, neben Kommerz und Konsum auch an den Sinn des Festes zu denken: die Feier der Geburt Jesu.

Die Buden waren rar

In Muhr am Altmühlsee eröffnet der Adventsmarkt in romantischer Atmosphäre zwar bereits an diesem Samstag, 23. November. Doch anderntags gedenkt man der Toten mit feierlicher Bläsermusik um 13 Uhr. Dass in Muhr überhaupt so früh Glühwein ausgeschenkt wird, Drechsler und Klöpplerinnen ihr Handwerk zeigen und Selbstgebackenes angeboten wird, ist aus einer "Notlage" heraus entstanden, wie Hilde Bickel sagt, die Leiterin des Altmühlsee-Infozentrums. Denn als die kleine Gemeinde vor 15 Jahren erstmals eine Budenstadt im Advent präsentieren wollte, hatte sie keine eigenen Hütten dafür. Die musste sie sich im benachbarten Gunzenhausen ausleihen. Doch die Kreisstadt benötigte die Holzhäuschen im Dezember natürlich selbst. Also rückte Muhr im Kalender nach vorne — und blieb da bis heute, auch wenn man längst eigene Buden angeschafft hat.

Verwandte Themen


8 Kommentare