Steine für die Patrizier

18.12.2009, 00:00 Uhr
Steine für die Patrizier

© Archiv

Vieles ist im Nürnberger Süden verschwunden, musste Schnellstraßen, dem Hafen oder dem Neuen Kanal weichen, aber das Waldidyll Steinbrüchlein gibt es noch. Man schrieb das Jahr 1302, als das «Staabrüchla», wie es die Nürnberger nennen, zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde. Die offizielle Bezeichnung Unterlangenlohe konnte sich nie durchsetzen.

Der Sandstein hat Nürnberg geprägt. Alle berühmten Denkmäler, ob Patrizierhäuser, Kaiserburg oder Lorenzkirche, wurden aus den Rohstoffen des Waldes, Sandstein und Holz, erbaut. Die seinerzeit hier entstandene Steinbrechersiedlung bestand bis etwa 1660 nur aus einem einzigen Haus, zu dem später ein Wirtshaus an der über Kornburg nach Süden führenden «Venezianer Straße» und Stallungen für Pferde, welche die Fuhrwerke mit den schweren Sandsteinquadern zogen, hinzukamen.

Wir wollen das Gasthaus erst nach einer kleinen Wanderung aufsuchen und wählen den mit Gelbstrich markierten Dr.-Richard-Sauber-Weg, der hinter dem Stahlmast am Waldrand beginnt. Sauber war Rechtsreferent der Stadt Nürnberg und wegen seiner Verdienste als Förderer und Mitbegründer des Vereins Naherholungsgebiet Lorenzer Reichswald wurde der 4,5 Kilometer lange Wanderweg vom Steinbrüchlein bis nach Wendelstein nach ihm benannt.

Der Weg führt über den Glasersberg, den mit 388 Meter höchsten Punkt des Höhenrückens zwischen Worzeldorf und Wendelstein. Danach geht es steil bergab zum romantischen Wernloch, das an Karl Mays «Schatz im Silbersee» denken lässt. Der Weg endet am alten Ludwig-Donau- Main-Kanal, an dem man bis Worzeldorf zurückwandern kann. Hinter den letzten Häusern führt eine Rotkreuzmarkierung in den Wald, sie stößt auf einen grünen Punkt. Mit diesem Zeichen gelangt man schließlich wieder zum Ausgangspunkt zurück.

Uns ist aber heute nur nach einer kleinen Runde zumute. Mit dem gelben Strich geht es durch die Straßenunterführung hindurch, es folgt ein gepflegter Weg, auch für Nordic Walker gut geeignet. Wir jedoch verlassen ihn nach einer knappen halben Stunde wieder und lassen uns von den Markierungen Blaustrich und Jakobsmuschel scharf nach rechts geleiten.

Weiher wie grüne Augen

Der wunscherschöne Mischwald mit hohen Fichten, durch den wir jetzt kommen, ist so ganz anders als der sonst übliche «Steckerleswald». Der Weg führt stetig bergan bis zu einer kleinen Lichtung, links ein Holzzaun. Neugierig gehe ich näher und sehe tief unter mir einen Steinbruch. Wie grüne Augen blinken die kleinen Weiher, die sich darin gebildet haben, zu mir herauf. Später erfahre ich, dass dies der sich noch im Betrieb befindliche «Holsteinbruch» ist.

Recht rutschig über Wurzeln geht es dann wieder hinab, unten riesige Steinquader. Anschließend aber verläuft der Weg wieder recht bequem nach rechts weiter. Kurz bevor wir die Straße nach Worzeldorf überqueren, kommen wir an der Informationstafel «Willkommen im Lorenzer Reichswald» vorbei.

Auf der anderen Straßenseite stoßen wir bald auf eine Rotkreuzmarkierung, mit der wir nach rechts weitergehen bis wir auf den grünen Punkt treffen, der uns zum Parkplatz Steinbrüchlein zurückbringt. Wir überqueren den Platz, der grüne Punkt führt wieder in den Wald, parallel zum Sträßchen, an aufgelassenen Steinbrüchen vorbei. Schon seltsam, denke ich bei mir, wir Wanderer empfinden den Ort als «romantisch», aber wie muss der Schweiss der Steinbrecher damals geflossen sein, wenn sie - wahrscheinlich oft nur für einen Hungerlohn - den schweren Stein zugerichtet haben.

Uralte Wirtsstube

Und dann sehen wir schon das ockerfarbige Gebäude, es steht da wie aus einer längst vergangenen Zeit. Unter den prächtigen Bäumen auf der linken Seite lässt es sich an heißen Sommertagen wunderbar sitzen.

Wir treten in die uralte Wirtsstube und tatsächlich scheint es so, als sei die Zeit hier stehengeblieben. In der Stube mit anheimelndem Kerzenlicht sitzen fröhlich plaudernd die Gäste und genießen die bodenständige Hausmannskost.

Beinahe sah es ja so aus, als wäre es mit der Idylle zu Ende, als im Januar 2009 die bekannte Wirtin «Gustl» verstarb und die Gaststätte zum Leidwesen der Stammgäste geschlossen wurde, aber glücklicherweise hat dann im Mai die Gastronomen-Familie Blödel aus Kornburg zusammen mit der Tucher-Brauerei die Türen wieder geöffnet.

Falls nur ein kleiner Spaziergang geplant ist, dann bietet es sich an, mit dem Auto auf der Autobahn A 73 Richtung Feucht bis zur Ausfahrt Nürnberg Königshof zu fahren, danach rechts, Richtung Weiherhaus und gleich links bei der Kleingartenkolonie «Am Königshof» zu parken.

Oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln ab dem Endpunkt der U 1, Langwasser-Süd, mit Buslinie 51/651 bis Haltestelle Föhrenbuck. Links zum «Alten Kanal» laufen, am Kiosk «Weißes Häusla», der ehemaligen Schleuse 71, vorbei und vor der nächsten Schleuse mit Grünpunkt nach links - der Weg ist auch Teil eines Parcours.

In etwa einer halben Stunde hat man den Parkplatz Steinbrüchlein erreicht - diesen überqueren - und mit Grünpunkt weiter bis zur Gaststätte. Danach auf dem Teersträßchen leicht abwärts, die Straße mit dem Grünpunkt überqueren - man kann jetzt mit dieser Markierung bis U-Bahnhof Langwasser-Süd wandern oder geradeaus - ist zwar nicht spannend, aber man kann sich auch nicht verlaufen - zum Ausgangspunkt zurück.

Eine Einkehr vorher oder nachher in der Gaststätte «Beim Königshof», die fränkische oder mediterrane Küche anbietet, ist empfehlenswert.

Anfahrt: Mit dem Auto von Nürnberg kommend auf der Autobahn A 73, Ausfahrt Kornburg, dann Richtung Worzeldorf, kurz danach nach rechts mit Wegweiser «Steinbrüchlein» zum ersten Parkplatz beim hohen Stahlmast.

Mit dem Bus Nr. 52 ab U-Bahn-Haltestelle Langwasser- Mitte oder mit den Linien 92 und 93 ab Meistersingerhalle.

Längere Runde über Wendelstein etwa drei Stunden – Gelbstrich – am alten Kanal bis Worzeldorf, dann Rotstrich, zuletzt Grünpunkt.

Kurze Runde etwa eineinhalb Stunden – Gelbstrich – Blaustrich – Rotkreuz – Grünpunkt.

Kürzeste Runde ab Kleingartenkolonie «Beim Königshof» etwa eine Stunde – alter Kanal – Grünpunkt – geradeaus zurück.

Hilfreich: Fritsch Wanderkarte Nr. 75.

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