"Loving": Langer Kampf um ein ganz normales Leben

21.6.2017, 10:31 Uhr

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Ihr Handicap ist ihre unterschiedliche Hautfarbe. Mildred (Ruth Negga) ist schwarz, Richard (Joel Edgerton) weiß, die beiden hat das nie gestört, sie haben sich irgendwann ineinander verliebt und jetzt, als Mildred schwanger ist, wollen sie heiraten. Doch "gemischtrassige" Ehen sind im US-Bundesstaat Virginia 1958 verboten. Für die Trauung fahren sie nach Washington D.C., wo der "Racial Integrity Act" nicht mehr gilt. Doch damit fangen die Probleme erst richtig an.

Zu Beginn skizziert Jeff Nichols den ganz normalen Alltag des noch unverheirateten Paares: Richard, der einfache Maurer, der auf der Arbeit unermüdlich Stein für Stein aufeinandersetzt – ein wiederkehrendes Motiv, das zur Metapher wird für den Aufbau eines neuen, gerechten Landes. Am Wochenende Rock-’n’-Roll-Musik, ein Autorennen zwischen Schwarzen und Weißen, ein Abend in der Country-Kneipe. Für die jungen Menschen scheint die Hautfarbe hier auf dem Land keine Rolle zu spielen.

Eine Geschichte mit Potenzial zum großen Melodram

Doch für Mildred und Richard ist bald nichts mehr normal. Nach ihrer Heirat bekommen sie die rassistische Gesetzgebung mit aller Härte zu spüren. Die Polizei zerrt sie nachts aus dem Bett und sperrt sie ins Gefängnis. Vor Gericht bekennen sich beide schuldig. Die Freiheitsstrafe wird daraufhin ausgesetzt, doch darf sich das Paar in den nächsten 25 Jahren nicht gemeinsam in Virginia aufhalten.

Die Lovings ziehen nach Washington, wo Mildred, die sich bald um drei kleine Kinder kümmern muss, ihre Verwandten und die vertraute Umgebung schmerzlich vermisst. 1964 richtet sie ein Hilfegesuch an Justizminister Robert Kennedy, der tatsächlich reagiert und einen jungen Anwalt mit dem Fall beauftragt.

Es ist eine Geschichte, die das Potenzial zum großen Melodram oder zum wuchtigen Gerichtsdrama hätte. Doch Jeff Nichols verzichtet auf jedes Pathos und laute Anklagen. Stattdessen macht er sich die unaufdringliche Art seiner Protagonisten zu eigen, die ihre Situation mit einer gewissen Sturheit ertragen, nach ihrer Rückkehr nach Virginia aber auch in beständiger Anspannung leben.

Vor allem Richard, der nicht versteht, was er und seine Frau Unrechtes getan haben, sind die wachsende Angst und Verunsicherung anzumerken, während Mildred zunehmend selbstbewusster auftritt. Als sie sich dann doch mit dem Staat anlegen, haben sie mit politischem Aktivismus nichts am Hut haben. Was sie für sich einfordern, ist das Selbstverständlichste der Welt – dass zwei Liebende in Würde als Ehepaar zusammen leben dürfen.

Zwei Bürgerrechtsanwälte bringen ihren Fall 1967 vor das Oberste Gericht und bewirken eine entsprechende Verfassungsänderung. Viele Worte braucht Nichols auch hier nicht. Er lässt die Bilder sprechen – es sind die Bilder eines einfachen Ehepaares, dessen langes Ringen um ein unbehelligtes Glück neun entbehrungsreiche Jahre währte. Stark. (US/GB/124 Minuten)

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