"Menashe": Vom Pech verfolgt

6.9.2018, 08:00 Uhr

© Mindjazz

Pünktlichkeit gehört zu jenen Tugenden, die Menashe (Menashe Lustig) so gar nicht hat. Nicht gerade eine optimale Voraussetzung bei seinen zahlreichen beruflichen, familiären und religiösen Verpflichtungen. Er ist Angehöriger der ultraorthodoxen Gemeinde von Brooklyn. Mit den strengen religiösen Vorschriften nimmt er es nicht so genau, gläubig ist er aber durchaus. Menashe lebt mehr schlecht als recht von einer stressigen, aber mager bezahlten Tätigkeit im Supermarkt. Sein elfjähriger Sohn Rieven (Ruben Niborski) wohnt beim streng religiösen Schwager Eizik (Yoel Weisshaus). So lange der Witwer nicht neu geheiratet hat, darf der Sohn nach der Tora nicht bei ihm leben.

Eizik ist auch materiell wesentlich bessergestellt. Da er diese Überlegenheit gegenüber dem aus seiner Sicht nichtsnutzigen Menashe deutlich spüren lässt, steht das Verhältnis der beiden nicht gerade zum Besten. Bei der Trauerfeier für die verstorbene Frau verschärft sich die Lage. Dem vom Pech verfolgten Titelhelden will mal wieder so gar nichts gelingen...

Der jüdische Humor hat eine sehr eigene Note, insbesondere was sein hohes Maß an Selbstironie angeht. Und er hat eine sehr lange Tradition. Die wurde in Deutschland bekanntlich jäh unterbrochen, aber glücklicherweise nicht beendet. Freilich ist "Menashe" keine reine Komödie. Die immer wieder anklingenden melancholischen Untertöne machen den Film eher zur Tragikomödie.

Joshua Z. Weinstein, selbst New Yorker und (säkularer) Jude, gelingt mit seinem Spielfilm-Debüt ein amüsanter und warmherziger Film. Der Streifen liefert gleichzeitig einen interessanten Einblick in eine sonst für Außenstehende wenig zugängliche Gemeinschaft.

Besetzt ist der Film ausschließlich mit Laiendarstellern. Die Figuren spielen sich praktisch selbst und sind erstaunlich überzeugend. So ist Hauptdarsteller Lustig tatsächlich Supermarkt-Angestellter, Witwer, Vater und chassidischer Jude, allerdings auch Stand-up-Comedian. Er agiert in der Hauptrolle angenehm zurückhaltend. Auch die konzentrierte Inszenierung vermeidet alle überflüssigen Beigaben.

Ein leiser, unspektakulärer, aber dennoch oder gerade deshalb sehenswerter Film, der ausschließlich auf Jiddisch mit deutschen Untertiteln zu sehen ist. "Ich selbst spreche kein Wort Jiddisch", so Weinstein, "aber für die Authentizität des Films gab es keine andere Wahl." (USA/83 Min.)

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