"Rückkehr nach Montauk": Schmerzhafte Formen der Reue

11.5.2017, 08:00 Uhr

© Wild Bunch

Max Zorn heißt der Protagonist im Film, ein berühmter Schriftsteller, der aus Berlin nach New York gereist ist, um seinen neuen Roman "Jäger und Gejagte" vorzustellen. Schlöndorff hat für diese erste Szene ein starkes Bild gefunden: In der Public Library liest Max den Text nicht vor, sondern er spricht direkt in die Kamera von den zwei Arten der Reue – der einen für das, was man getan hat, und der anderen, für das was man nicht getan hat.

Die Unmittelbarkeit seines Vortrags lässt gleich erkennen: Dieser alternde Autor spricht von sich selbst, von den zwei Dingen in seinem Leben, die nicht wieder gutzumachen sind und deren Opfer natürlich Frauen sind. Der einen hat er wehgetan, auch die andere hat er enttäuscht, aber er liebt sie noch immer.

Hier ist Volker Schlöndorff noch nah an der literarischen Vorlage beziehungsweise ihrem Autor. Dann aber wird "Rückkehr nach Montauk" mehr und mehr zu einer von melancholischer Empathie getragenen Demontage des von Stellan Skarsgård sehr glaubwürdig verkörperten Helden. Sein Max Zorn ist ein erfolgsverwöhnter, unverbesserlicher Narziss, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Im Publikum sitzt während der Lesung auch seine junge, in New York lebende Freundin Clara (Susanne Wolff), die ihre Verletzung, ihr Staunen kaum verbergen kann, wenn Max von seiner Reue über die große, vertane Liebe zu jener anderen spricht. Und dass er auch diese andere, die im Film Rebecca Epstein heißt (bei Frisch heißt sie Lynn) und der Nina Hoss bei aller vorgeblichen Kühlheit eine große Fragilität verleiht, erneut verletzen könnte, das scheint dem egomanischen Max niemals in den Sinn zu kommen.

Über einen alten Freund (Niels Arestrup als undurchschaubarer Kunstsammler) erfährt er die Telefonnummer von Rebecca, die als Star-Anwältin reich geworden ist. Obwohl sie abweisend reagiert, lässt Max nicht locker und drängt auf ein Wiedersehen. Anfangs immer an seiner Seite: Die hilfreiche Verlagsagentin Lindsey (Isi Laborde-Edozien), die Max in allen praktischen Angelegenheit tatkräftig unterstützt, ihm aber seine Lügen vorhält und nicht versteht, was er von Rebecca will, wenn er doch mit Clara liiert ist. Lindsey ist zugleich die einzige Alltagsfigur in dieser intellektuellen Upper-Class-Society und die einzige, mit der man Sympathie hegt.

Allen anderen Charakteren vermag Schlöndorff kaum echtes Leben einzuhauchen: So großartig es ihm gelingt, Stimmungen auszuloten, bleiben seine Protagonisten letztlich unnahbar. Als Rebecca Max einlädt, sie nach Montauk zu begleiten – vor 17 Jahren der Ort ihres kurzes Glücks, jetzt will sie dort eine Luxusvilla kaufen –, ist die Vertrautheit sofort wieder da.

Der winterlich verlassene Strand, das Holzhaus, in dem sie sich einmieten: Max’ Hoffnung, Rebecca zurück zu gewinnen, könnte sich hier erfüllen. Doch stattdessen erfährt er die größte Kränkung seines Egos, als sie ihm klar macht, dass es nach ihm einen anderen gab, der viel wichtiger war in ihrem Leben.

So konfrontiert Schlöndorff den Erfolgsverwöhnten am Ende mit den Beschädigungen, die er bei seinen Frauen und Geliebten hinterlassen hat. Auch Clara wird ihm noch sagen, was er ihr angetan hat. Doch obwohl "Rückkehr nach Montauk" von der Tragik der Liebe erzählt, bleibt man als Zuschauer seltsam unberührt. Das können auch die hervorragenden Schauspieler, allen voran Nina Hoss, nicht wettmachen. (D/106 Min.)

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