"The Cleaners": Putztruppen des Internets

17.5.2018, 08:00 Uhr

© Farbfilm

Der Film entführt in eine geheime Welt, die sorgsam von der Öffentlichkeit abgeschirmt wird. Im Mittelpunkt stehen die Putztruppen des Internets. Sie entfernen im Auftrag der großen Online-Konzerne wie Facebook und Youtube unerwünschte Bilder, Filme und Texte. Diese heikle und anspruchsvolle Aufgabe wird nicht etwa von bestens ausgebildeten, gut bezahlten Experten verrichtet. Es handelt sich vielmehr um einen Bereich, den die Firmen zwecks Profitmaximierung zum größten Teil in Entwicklungsländer ausgelagert haben. Dort kommen schlecht entlohnte Arbeitskräfte nach einem kurzen Crashkurs zum Einsatz. Eines der größten Löschzentren befindet sich auf den Philippinen, in Manila.

Die Mitarbeiter sind zu strengster Verschwiegenheit verpflichtet. Dennoch gelang es den Regisseuren Hans Block und Moritz Riesewieck, Cleaner zu finden, die bereit waren zu sprechen und sich bei der Arbeit beobachten zu lassen. Wie am Fließband prüfen sie täglich tausende von Beiträgen. Sie entscheiden in Sekundenschnelle und dürfen sich gerade mal drei Fehler pro Monat erlauben. Oft werden sie mit Pornografie konfrontiert, bis hin zu übelster Kinderpornografie. Eine große Rolle spielen auch IS-Propaganda und Gewaltdarstellungen, wie Bilder und Videos von Hinrichtungen.

Doch schnell zeigt sich, dass es viele Fälle gibt, die alles andere als eindeutig sind. Bilder von Kriegsgräueln können für dokumentarische Zwecke bedeutsam sein. Und wo liegt etwa die Grenze bei Cartoons? Die Entfernung einer Trump-Karikatur mit kleinem Penis und dem Slogan "Make America Great Again" sorgte für mächtigen Wirbel. David Kaye, UN-Sonderbeauftragter für Meinungsfreiheit, kritisiert im Interview fragwürdige Beschränkungen der Meinungsfreiheit und der Konfliktfähigkeit. Lieber zu viel als zu wenig zu löschen, scheint oft die bequemere und sicherere Vorgehensweise zu sein.

"The Cleaners" beleuchtet viele weitere wichtige Aspekte. Etwa das Geoblocking, mit dem Inhalte in einzelnen, meist autoritären Staaten gesperrt werden. Die Öffentlichkeit erfährt davon häufig nichts. Oder der Missbrauch sozialer Netzwerke, um Hass gegen Minderheiten zu schüren. Zudem wird Einblick in das oft triste Privatleben der Lösch-Arbeiter gegeben und gezeigt, wie psychisch belastend der Job ist. Bisweilen kommt es sogar zu Selbstmorden.

Eine mit ihren düster gestylten Bildern auch handwerklich gut gemachte Doku, die in ihrer Vielschichtigkeit der enormen Komplexität des Themas durchaus gerecht wird. (D/BR/88 Min.; nach der 19.30 Uhr-Vorstellung am 21. Mai im Nürnberger Casablanca gibt es ein Gespräch mit Regisseur Moritz Riesewieck und Christian Urban von nordbayern.de, dem Online-Portal dieser Zeitung)

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