"The Party": Dinner-Runde mit lauter verkappten Egoisten

27.7.2017, 09:00 Uhr

© Weltkino

Beim zwanglosen Dinner mit Freunden und Weggefährten will die Oppositionspolitikerin Janet (Kristin Scott Thomas) ihre Wahl zur Gesundheitsministerin im britischen Schattenkabinett feiern. In der Küche bereitet sie Involtini vor, kommt wegen der vielen Glückwunschanrufe kaum vom Handy weg, während sich Ehegatte Bill (Timothy Spall) schon mal beim Rotwein bedient und im Wohnzimmer seine alten Schallplatten auflegt.

Erfolg schützt vor klassischen Rollenmustern nicht, zeigt uns Potter da ganz nebenbei. Und dass diese Party aus dem Ruder laufen wird, ahnt der Zuschauer schon beim ersten, den Schluss vorwegnehmenden Bild, wenn die sichtlich derangierte Hausherrin mit der Pistole aufs Publikum zielt.

Aber noch herrscht Ruhe vor dem Sturm. Nach und nach trudeln die Gäste ein: Als erste die elegante April (Patricia Clarkson), Janets älteste Freundin, mit ihrem deutschen Freund Gottfried (Bruno Ganz). Sie eine Zynikerin und Giftspritze vor dem Herrn, er ein engelsgeduldiger Esoteriker, der für jedes Problem eine fernöstliche Weisheit parat hat. In dem All-Star-Ensemble, das die Regisseurin für "The Party" vor der Kamera versammelt hat, sind die beiden ein echter Knüller.

Die weiteren Gäste: Martha (Cherry Jones), eine lesbische Uni-Professorin, die Janet zu ihrem "Triumph für die Frauen" gratuliert und kurz darauf die Fassung verliert, als ihre junge Freundin Jinny (Emily Mortimer) ihr eröffnet, sie erwarte nach gelungener künstlicher Befruchtung Drillinge. Als letzter taucht Tom (Cillian Murphy) auf, ein hochnervöser Banker im teuren Maßanzug, der unverhofft ohne seine Frau Marianne kommt und erst mal ins Bad muss, um sich eine Portion Koks reinzuziehen. Er ist auf Rache aus, der Grund dafür betrifft alle Beteiligten.

Dass jeder der hier Versammelten ein riesengroßes Ego hat, der hehre Feminismus und die linksliberale Haltung längst einem intellektuell verbrämten Narzissmus gewichen sind, liegt schnell auf der Hand. Die Feier von Janets Erfolg ist da ein willkommener Anlass, sich einmal mehr selbst wichtig zu machen. Nur dem alten Bill fällt es schwer, sich bei dem eifrigen Geschnatter Gehör zu verschaffen, weshalb er schließlich das schwerste Geschütz auffährt. Was er der munteren Runde mitteilt, ist nicht nur eine doppelte, bittere Ohrfeige für Janet, sondern offenbart endgültig die Verlogenheit dieser sich so solidarisch gebenden Party-Gesellschaft. Mit Janet könnte man (fast) Mitleid haben, während April zur größten Sympathieträgerin wird, weil sie aus ihrem abgeklärten Zynismus nie einen Hehl macht.

Auf kleinstem Raum überaus elegant inszeniert, legt Sally Potter den Finger in die Wunde des linksliberalen Establishments ihres Landes. Mit seinen messerscharfen Dialogen, bei denen jede Pointe wie eine Ohrfeige sitzt, den sich irgendwann überstürzenden Ereignissen und einem zur Hochform auflaufenden Spitzenensemble ist das herrlich unterhaltsam. Doch lässt Potter bei allem bissigen Witz auch die Verlustängste unter der Oberfläche spüren. Ein kurzes, knackiges Kinovergnügen mit Nachhall. (GB/71 Min.)

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