"Your Name": Grenzenlose Teenagerliebe

11.1.2018, 09:00 Uhr

© Universum

Die meisten Animationsfilme entführen ihr Publikum in fantastische Welten, die mit der Lebensrealität der Zuschauer nicht viel zu tun haben. Wie man das Kunststück vollbringt, hochfliegende Träume und eine oft unglamouröse Realität zu verknüpfen, beweist eindrucksvoll der preisgekrönte japanische Animationsfilm "Your Name" von Regisseur und Drehbuchautor Makoto Shinkai.

Multitalent Shinkai, der auch die Manga-Vorlage gezeichnet hat und zudem für Kamera und Schnitt verantwortlich ist, erzählt in "Your Name. Gestern, heute und für immer" die Geschichte des Mädchens Mitsuha, das mit seiner jüngeren Schwester bei der Großmutter in einer langweiligen, aber wunderschön gelegenen Kleinstadt lebt. Immer wieder träumt Mitsuha, deren Mutter gestorben ist, vom aufregenden Leben in der Millionenstadt Tokio.

Dort rackert sich der gleichaltrige Taki in der Schule und seinem Job in einem Restaurant ab. Dem Jungen, der mit seinem Vater in einem winzigen Apartment lebt, täte etwas ländliche Ruhe gut. Eines Tages gehen die Wünsche der beiden in Erfüllung. Sie tauschen ihre Körper, landen immer wieder für kurze Zeit im Leben des anderen, und sorgen dort für reichlich Chaos und amüsante Missverständnisse. Auf dem Smartphone des jeweils anderen schreiben sie ihre Abenteuer auf.

Shinkais hinreißend detailreich animierter Film beginnt als turbulente Bodyswitch-Komödie und weitet sich zu einer komplexen Geschichte übers Heranwachsen, in der es um die Suche nach Identität und dem eigenen Platz im Leben geht. Schließlich leben beide Protagonisten auch nicht in einer putzigen Idylle, sondern stammen aus dysfunktionalen Familien.

Mitsuhas Großmutter, die sich um einen Götterschrein in der Kleinstadt kümmert, ist eine zentrale Figur des Films: Sie hat Zugang zur Welt der Geister und knüpft buchstäblich die Fäden zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Dann verschieben sich die Zeitebenen. Mitsuhas Heimatstädtchen wird von einem gigantischen Kometen bedroht, der alles Leben auszulöschen droht, und Taki ist am Ende der einzige, der diese Katastrophe verhindern kann.

In einem großen Erzählbogen verknüpft Makoto Shinkai die Gegensätze von Tradition und Moderne, Stadt und Land. Er reflektiert über die Macht der Naturgewalten sowie die Angst vor Katastrophen, die in Japan seit Fukushima wieder sehr real geworden ist. Aber das schnell pochende Herz seines Films bilden die Sehnsüchte zweier Teenager, die sich noch nie gesehen haben, aber schon so viel voneinander wissen. Noch können sie nur von der Liebe träumen.

In Japan avancierte "Your Name" zum kommerziell erfolgreichsten Film seit Hayao Miyazakis oscargekröntem Meisterwerk "Chihiros Reise ins Zauberland". Bei einem solchen Erfolg wird Hollywood hellhörig: "Star Wars"-Regisseur J. J. Abrams kündigte bereits an, ein Live-Action-Remake des japanischen Originals produzieren zu wollen. (Japan/106 Min.; Sondervorstellungen diese und nächste Woche)

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