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Anlegestellen zur Romantik: Auf Flusskreuzfahrt von der Ostsee bis Berlin

10.4.2021, 07:50 Uhr
In gründer Natur nah dem Wasser steht Schloss Cecilienhof. Das Gebäude-Ensemble im englischen Landhausstil beherberte 1945 die Potsdamer Konferenz der Alliierten.

© Bernd Kregel In gründer Natur nah dem Wasser steht Schloss Cecilienhof. Das Gebäude-Ensemble im englischen Landhausstil beherberte 1945 die Potsdamer Konferenz der Alliierten.

Einst bewegte eine „Blaue Blume“ die Gemüter. Als Sinnbild der Romantik verzehrten sich die Künstler einer ganzen Epoche nach ihr. Leider stets ohne Erfolg. Wie von Geisterhand gelenkt entzog sie sich, kaum dass man sich ihr empfindsam näherte. So blieb sie das imaginäre Symbol unerfüllter Träume und Sehnsüchte.
Doch auch jenseits der „Blauen Blume“ gab es im Zeitalter der Romantik Orte, vor deren spezieller Lichtkulisse sich bei sensiblen Menschen Gefühle offenbarten. Und dabei zum Anlass wurden, über sich selbst und die eigene Winzigkeit im riesigen Universum nachzudenken. Die Uferlandschaften von Ostsee und Oder gehören dazu. Denn mit etwas Glück entdeckt man während einer Romantik-Kreuzfahrt die Spuren des Malers Caspar David Friedrich (1774 – 1840), der hier, angeregt vom Lichterlebnis des Nordens, ein einfühlsames bis tiefgründiges Werk hinterlassen hat.

Meeresweite unterm Sternenzelt

Besonders waren es die Kreidefelsen von Rügen, die die Fantasie des Künstlers anregten. Zwar sind die zu Weltruhm gelangten „Wissower Klinken“ unlängst dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen.

Doch bestätigt dieser bedauerliche Anlass nur seine Bildaussage, die Schönheit und Lebenszeit in ihrer Vorläufigkeit darstellt. Auch heute vermag nicht einmal der Blick auf den felsigen Königsstuhl über diese pessimistische Grundstimmung hinwegzutäuschen.
Damit wird deutlich, wie der Künstler stets von der Oberfläche der Naturerscheinung vordringt zum Wesentlichen, das sich dahinter verbirgt. Zu Herzen geht dabei die Verlorenheit der Menschen vor weiten Meereslandschaften oder angesichts der Unendlichkeit des Universums. Und dennoch schimmert stets die Hoffnung durch, dass sich über dem Sternenzelt ein Wesen verbirgt, das von höherer Warte aus dem Leben Sinn verleiht.

Ein Ausflusschiff vor den berühmten Kreidefelsen auf der Insel Rügen.

Ein Ausflusschiff vor den berühmten Kreidefelsen auf der Insel Rügen. © Jens Büttner, dpa

Für weitere Gedanken bleibt aber vorerst keine Zeit. Denn schon sind an der Anlegestelle in Stralsund die Schiffsmotoren angesprungen, die das Schiff entlang der Südküste Rügens durch den Bodden in Bewegung setzen. Ziel ist nunmehr Greifswald, wo Caspar David Friedrich das Licht der Welt erblickte. Noch heute versprüht die Hansestadt mit ihrer ehrwürdigen Bausubstanz einen unglaublichen Charme.

Weiter südlich der Stadt verwischen sich die Spuren des Künstlers. Denn hier beginnt mit dem Oderdelta ein unübersichtliches System von Flüssen und Kanälen, in dem man sich gern der Ortskenntnis des Kreuzfahrt-Kapitäns anvertraut. Zunächst bis zur Insel Usedom, wo die weit hinausragenden Seebrücken von Ahlbeck und Heringsdorf versuchen, ihre üppigen Schwestern der Bäder Binz und Sellin in den Schatten zu stellen.

Völlig anders präsentiert sich dagegen die polnische Großstadt Stettin, vor deren guter Stube, der monumentalen Hakenterrasse, unser Schiff „Katharina von Bora“ festmacht. Wie blinkendes Gold leuchten die Sonnenstrahlen von der sich kräuselnden Wasseroberfläche herüber. Noch sind die Schäden des Zweiten Weltkrieges unübersehbar. Doch profitiert die Stadt von dem Reichtum, den ihr weit ausgebauter Hafen erwirtschaftet.

Schilfrohre im Abendwind

Insgesamt sind die Ansätze zur traditionellen Prachtentfaltung unverkennbar. So wachsen das Alte Rathaus, das Schloss der Pommerschen Herzöge sowie die ehrwürdige Jakobuskirche ihrer Vollendung entgegen. Ja selbst eine moderne Philharmonie in grellem Weiß schmückt inzwischen mit ihrer riesigen Zackenkrone das Stadtbild. Damit zeigt sich Stettin als eine Stadt im Aufbruch mit einem überzeugenden Konzept für die Zukunft.

Bei der Weiterfahrt in Richtung Süden dominiert erneut die vom Ufer ausgehende Romantik. Besonders, wenn sich zum Sonnenuntergang die Baumwipfel und Schilfrohre im Abendwind wiegen. Bis hin zum Oder-Havel-Kanal, in den das Schiff nun in südwestlicher Richtung einbiegt. Hier grüßt das alte Zisterzienserkloster von Chorin, das in seinen prächtigen Anlagen mittelalterlichen Charme versprüht.

Selbst die Technik-Begeisterung kommt nicht zu kurz. Denn in Niederfinow erhebt sich seit mehr als acht Jahrzehnten ein gigantisches Hebewerk, das die Schiffe in einer riesigen Wanne nach oben befördert und dabei ein traditionelles Schleusensystem vermeidet. Vom geschützten Bug aus lässt sich dieser Weg nach oben genau beobachten.

Die "Blaue Blume" bleibt

Nun steht dem Berliner Zielort des Schiffes an der Havel nichts mehr entgegen. Viel zu schnell verfliegt nach mehr als 500 Kilometern die restliche Reisezeit bis zum Tegeler See, wo die prächtige Natur an der Anlegestelle an die zurück liegenden romantischen Uferlandschaften erinnert. Und wieder beginnt das Grübeln darüber, ob und wo sich das Schiff auf seiner langen Reise der „Blauen Blume“ ein Stück weit angenähert hat. Eine Frage, die wohl nur Romantiker zu beantworten wissen.

Wie auch immer die Antwort ausfallen mag, darf doch ein Abstecher in die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam nicht fehlen: von der Glienicker Brücke zum Cecilienhof, vom Park von Sanssouci zum gastlichen Holländerviertel. Und wenn sich schon alle diese Namen als historisch erweisen, dann gehört der Schiffname Katharina von Bora nach Martin Luthers Ehefrau (1499 – 1542) sicherlich auch dazu.

Mehr Informationen:

Tourismusverband Mecklenburg Vorpommern Tel.: 03 81 / 4 03 05 50 mit der Homepage www.auf-nach-mv.de

Nicko Cruises Flussreisen, Tel. 07 11 / 72 48 98 00, www.nicko-cruises.de

Anreise:

Ab Nürnberg über Berlin beträgt die Fahrzeit sowohl mit der Bahn als auch mit dem Pkw jeweils rund 7,5 Stunden.

Beste Reisezeit:

Frühling bis Herbst sind die idealen Jahreszeiten für eine Flusskreuzfahrt auf den Gewässern von Ostsee-Oder-Havel.

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