Curaçao: Schönheit auf den zweiten Blick

7.3.2020, 08:00 Uhr
Curaçao: Schönheit auf den zweiten Blick

© Georg Klietz

Endlose Sandstrände, Palmen, exotische Tierwelt – beim Stichwort "Karibik" hat man unwillkürlich diese Bilder im Kopf. Das ist bei Curaçao nicht anders. Doch schon beim Landeanflug auf das Eiland in der Südkaribik wird beim Blick aus dem Fenster klar, dass man das erstmal vergessen kann.

Lange Strände? Fehlanzeige. Üppige tropische Vegetation? Kaum zu finden. Stattdessen scheint die Insel von undurchdringlichem, dornigem Gestrüpp und meterhohen Kakteen überwuchert zu sein. Die Küste zeigt sich karg, schroff und schwer zugänglich. Meterhoch peitscht die Gischt empor, wenn die Wellen mit Getöse an die Klippen der Nordküste klatschen. Baden scheint schwierig zu werden auf dieser vulkanischen Insel. Das Paradies – so viel steht fest – hatte man sich anders vorgestellt.

Curaçao ist eine raue Schönheit, die ihre Reize erst auf den zweiten Blick offenbart. Die Insel drängt sich nicht auf, sie möchte erobert werden. Was zunächst nach einem Nachteil aussieht – die Schroffheit –, erweist sich bald als großer Vorteil. Denn die seit 1499 zum Königreich der Niederlande gehörige Insel – einst Zentrum des Sklavenhandels – hat sich bis heute dem Massentourismus verweigert, anders als das benachbarte Aruba, das wegen seiner traumhaften Endlosstrände vor allem US-Amerikaner zuhauf in seine Bettenburgen lockt.

Fremdenverkehr ist hier nur Nebensache

Curaçao zählt rund 160 000 Einwohner und pro Jahr vergleichsweise wenige 800 000 Besucher, viele davon Holländer. Mehr als die Hälfte der Touristen kommt per Kreuzfahrtschiff für einen kurzen Stopp. Für die übrigen Gäste stehen etwa 3700 Betten in zumeist kleineren Hotels aller Kategorien zur Verfügung, hinzu kommen rund 1500 Airbnb-Betten, die manchem Insulaner ein hübsches Nebeneinkommen bescheren. Curacao bietet also genug touristische Infrastruktur, ohne vom Fremdenverkehr dominiert zu sein – gute Voraussetzungen für einen genussvollen Urlaub.

"Bei uns dreht sich fast alles ums Essen", betont Reiseführer Emlyn Pietersz immer wieder. Die Inselhauptstadt Willemstad hat viele überdurchschnittlich gute Restaurants, Cafés und Bars, in denen man den frischesten Fisch, Schalentiere oder Steaks serviert – und zuweilen die gewöhnungsbedürftige Iguana Soup – einen Eintopf mit dem Fleisch vom Grünen Leguan. Wer sich traut, kann das einfache Gericht zum Beispiel in der Plasa Bieu, dem Alten Markt in Willemstad, probieren. Ein Dutzend Garküchen bieten in der schmucklosen Wellblechhalle mittags karibisch-kreolische Spezialitäten an. Hier treffen sich die Insulaner zu ausgedehnten Mittagspausen.

Curaçao: Schönheit auf den zweiten Blick

© Georg Klietz

Wer es noch ursprünglicher liebt, macht am Sonntagmorgen einen Ausflug in den Westen und frühstückt am Marshe Barber. Um acht Uhr öffnet der kleine Markt – die Familien des Dorfes kochen dort gemeinsam in der offenen Halle, man trifft sich, ratscht und tauscht Neuigkeiten aus – und isst miteinander. Unbedingt versuchen sollte man hier Pumpkin Pancakes, kleine Kürbis-Pfannkuchen.

Immer mehr Lokale interpretieren die kreolische Küche mit ihren aromatischen Gewürzen neu oder bauen auf den staubigen Böden selbst ihr Gemüse an. Mit ihrem Farm-to-table-Konzept tun sich Josh und Femi Peiliker derzeit besonders hervor.

Das junge Ehepaar kehrte nach dem Studium in Holland in seine karibische Heimat zurück. Sie kauften das verfallene Wohnhaus eines Großgrundbesitzers, restaurierten es und richteten hier ihr (vorwiegend) vegetarisches Bistro "Hofi Cas Cora" ein, das so hip daherkommt, als läge es in Berlin-Mitte.

Dahinter liegen die Felder, auf denen Josh Peiliker Gurken, Süßkartoffeln und Tomaten anbaut. Er erklärt, wie er sich nach und nach das Wissen über ökologische Landwirtschaft ohne künstlichen Dünger angeeignet hat. Er bewässert seine Äcker mit dem Wasser aus eigenen Brunnen, andere Bauern kommen nicht so leicht an Grundwasser wie er. Sogar Paprika gedeihen bei ihm.

Knallbunte Häuser in Willemstad

Regen fällt auf Curacao eher selten, nennenswerte Niederschläge gibt es nur von Oktober bis Dezember. Dafür ist das Klima das ganze Jahr über gleichbleibend warm mit Höchsttemperaturen zwischen 30 und 33 Grad. Nachts fällt das Thermometer kaum unter 25 Grad. Vor allem aber liegen die ABC-Inseln (Aruba, Bonaire und Curacao) außerhalb der Hurrikan-Zone.

Die meisten Touristen beziehen in Jan Thiel Quartier, einem Nachbarort der Inselhauptstadt. Das Herz der Insel schlägt aber in Willemstad, und hier vor allem in den Altstadtvierteln Punda und Pietermaai mit ihren Einkaufsstraßen, Straßencafés, Bars und Clubs, in denen man abends bei Livemusik Cocktails trinkt, mit dem legendären Likör Blue Curaçao, der seit 1896 tatsächlich hier hergestellt wird. Oder man probiert sich durch die zahllosen Rumsorten.

Was Willemstad einmalig macht, sind seine knallbunten Häuser – die Stadt gilt als einer der farbenfrohesten Orte der Welt. Die Kolonialhäuser strahlen blau, rot, gelb oder pink und bekommen jedes Jahr einen neuen Anstrich. Die Tradition geht auf den einstigen Gouverneur Albert Kikkert (1761–1819) zurück. Er soll an Syphilis gelitten haben und infolge der Krankheit lichtempfindlich geworden sein. Deshalb verbot er weiße Farbe, um nicht geblendet zu werden.

Verlässt man Willemstad und gewöhnt sich an die Kargheit der Landschaft, kann man der rauen Natur einiges abgewinnen. Fast vegetationslos ist die schroffe Nordküste. Bei Boca Pistol im Norden klatschen die Wellen laut wie ein Pistolenschuss gegen den Fels. Zwischen Kakteen und Dornenbüschen im Hinterland kann man den mehr als ein Meter großen Grünen Leguan entdecken. Und bei der Jan Kok Saline bei St. Willibrordus lassen sich Flamingos in freier Wildbahn beobachten.

Spektakulärer wird es unter Wasser. In den Sandbuchten an der Westküste starten Schnorchel- und Tauchtouren zu Riffbarschen, Papageien- und Trompetenfischen. An der Playa Piscado kommen Meeresschildkröten sogar bis an den Bootssteg. Fischer locken diese mit Fischresten an, mit Taucherbrille und Schnorchel kommt man ihnen dann so nahe , dass man sie berühren könnte.

Ein halbes Dutzend solcher Badebuchten gibt es auf Curaçao. Das Wasser ist so türkis, dass es beinahe künstlich aussieht, der feine Sand strahlend weiß. Palmen spenden Schatten und aus der Strandbar klingen Salsa-Rhythmen. Spätestens jetzt ist klar: Genau so hat man sich das Paradies vorgestellt.

Mehr Informationen:

Curaçao Tourismus in München

www.curacao.com/de

Anreise:

Mit KLM täglich ab Nürnberg über Amsterdam in rund 13 Stunden.

Günstig wohnen:

Hotel Casa Amalia in Kaya

www.amaliacuracao.com

Luxuriös wohnen:

Scuba Lodge

www.scubalodge.com/de

Beste Reisezeit:

Januar bis Oktober

Redaktioneller Hinweis:

Die Recherche für manche Artikel auf diesen Seiten wurde von Reiseveranstaltern, Hotels, Fluglinien oder Tourismusverbänden unterstützt. ​Informationen des Umweltbundesamts über die Möglichkeit, den CO₂-Ausstoß Ihrer Reise zu kompensieren:

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