Fränkischer Rotwein-Wanderweg: Da geht’s zum Schoppen

12.9.2020, 07:20 Uhr
Fränkischer Rotwein-Wanderweg: Da geht’s zum Schoppen

© Churfranken e.V. / Mainblende

Wanderer müssen so gut informiert sein, dass sie nach drei Schoppen noch den Weg finden", preist Kellermeister Willy Stritzinger seine Erfindung an. Im Radio hörte er mal eine Reportage über Südtiroler Weinorte, die wie an einer Perlenkette aufgereiht liegen– man musste nur von Ort zu Ort laufen.

Das brachte ihn auf die Idee, den Fränkischen Rotwein-Wanderweg (FRW) zu konzipieren. 1990 war er fertig, er feiert 30. Geburtstag. Die Wanderer folgen einem Rotweinglas-Symbol auf 70 Kilometern durch die Reben auf den Terrassen aus rotem Sandstein entlang des Mains zwischen Großwallstadt im Norden und Bürgstadt im Süden. So können sich Wanderer auch nach dem Besuch von Häckerschenken, wie hier die Straußenwirtschaften heißen, gut orientieren.

Den Durchbruch brachte ein Besuch des 1988 verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß in Klingenberg. Damals leitete Willy Stritzinger dort das städtische Weingut. Während "zig-Millionen" Staatsgeld in den Würzburger Weinbau flossen, wurden Fördergelder für den Terrassenweinbau am Untermain stets abgelehnt. Nach dem Besuch habe "FJS" seinen Finanzstaatssekretär angewiesen, drei Millionen Mark locker zu machen. Das war der Startschuss für den FRW.

Einige der besten deutschen Spätburgunder, aber natürlich auch Weißweine wachsen zwischen Spessart und Odenwald auf Churfrankens Sandsteinterrassen. Und es wird dort natürlich auch prima gekocht. Hier einige der interessantesten Weingüter entlang des Franken-Rotwein-Weges.

Weingut Giegerich: Großwallstädter Familienbetrieb – Den Rebsortenlehrpfad Großwallstadt durchs Lützel- und Pitztal hat Winzermeister Klaus Giegerich 1993 ins Leben gerufen. Heute ist der von Hütte zu Hütte führende Lehrpfad Teil des FRW. Mit 58 Jahren überlässt er nun das Weingut seinen Söhnen Kilian (30) und Philipp (24).

"Wir haben weniger Wein als Kunden", sagt der Winzer und meint: "Der rote Sandstein ist mächtig im Lützelberg, für den Spätburgunder ist das Pitztal die beste Lage." Die Familie setzt auf alte Züchtungen aus Frankreich, deren Beeren zehnmal kleiner sind als beispielsweise deutsche Dornfelder-Trauben. Spitzenweine kosten 20 bis 35 Euro pro Flasche.

Weingut Höflich: Innovativ in Großostheim – Vorbei am Silbersee führt der FRW 16 Kilometer nach Großostheim. Von einer der größten Marktgemeinden Bayerns am römischen Limes hat Peter Höflich freien Blick auf die Frankfurter Skyline und das Aschaffenburger Schloss. Als Erster in Franken pflanzte der Winzermeister mit einer Sondergenehmigung Merlot und Cabernet Franc.

Sohn Frank hat mit Winzerkollegen aus Italien die Cuvée "Teste Matte" (Verrückte Köpfe) kreiert, auf deren ersten Roten sich der Senior freut. Seit zwei Jahrzehnten verzichtet der Familienbetrieb in vierter Generation zugunsten von Nützlingen auf Insektizide.

Fränkischer Rotwein-Wanderweg: Da geht’s zum Schoppen

© Christian Ruhland

Weingut Waigand: Erlenbacher Frauenpower – "Manchmal wölben sich die Trockenmauern, als seien sie schwanger", schildert Verena Waigand-Sacher die Mühsal des Terrassenweinbaus am Main. Damit kennt sich die vierfache Mutter aus. Während sich ihre Eltern Albert und Heike um die zwei Hektar am Erlenbacher Hochberg kümmern, umhegt die Weinküfnerin und Weinbetriebswirtin lieber bei 16 Grad im Keller ihre Tanks.

Der Größte davon fasst 3000 Liter, also darf sie sich keine Fehler erlauben. Spätburgunder nennt die Weinprinzessin von 2008 ihre Leidenschaft, vor allem als kräftige S-Klasse im Bocksbeutel voll trockener Spätlese. Den Portugieser hat sie ins Barriquefass gepackt und eine Goldmedaille gewonnen.

Weinbau Stritzinger: Bio trifft Tradition in Klingenberg – "Die hüpfen hier rum wie Gummisbälle", beschreibt Anja Stritzinger, Tochter des FRW-Erfinders Willy, ihre jüngste Begegnung mit einem Rehbock zwischen den Reben am Klingenberger Schlossberg.Dort wachsen 20 Rebsorten im gemischten Satz, also durcheinander, werden gemeinsam gelesen, gekeltert und vergoren. "Alter Satz" steht auf dem Etikett, weil die EU den "Gemischten" für Österreich geschützt hat. Seit 1990 ist das Weingut Bioland-Betrieb.

Kremers Winzerhof: Der Jungwinzer aus Großheubach – Mit 240 Millionen Jahren ist der Großheubacher Bischofsberg, "einer der ältesten Böden Frankens", erzählt Jungwinzer Ulli Kremer. Seine Reben wachsen auf kargen, steinigen Böden. Bis zu 50 Prozent neigen sich die Hänge. Nach Praktikum am Kaiserstuhl hat er an der Technikerschule Volkach seinen Meister gemacht und den Familienbetrieb übernommen.

Ulli bewirtschaftet inzwischen über zehn Hektar, seit 2009 biologisch. Für den Herbst wird jede zweite Rebenreihe mit einer Weizen-Kräuter-Mischung eingesät. "Der Regenwurm hat hier alles, was er braucht", freut sich der 29-Jährige. Von seinem 2017er "Pinot Noir Fass 29" hat er 1500 Liter geerntet, auf drei Grad runtergekühlt, 14 Tage stehengelassen, dann in der Sonne das Gären gestartet, den Saft entzogen und unfiltriert im französischen Eichenfass reifen lassen.

Weingut Rudolf Fürst: Der Große vom Bürgstadter Centgrafenberg – Mit Sohn Sebastian bewirtschaftet Paul Fürst 32 Hektar. Schonende Verarbeitung im vollen Fass, das wöchentlich aufgefüllt wird, ist das Erfolgsrezept des Familienunternehmens. Das Weingut exportiert in 35 Länder.

Pauls Prunkstück ist der "Hundsrück", ein würzig-kräftiges Großes Gewächs vom Spätburgunder, das in Bürgstadt auf 2,5 Hektar Südhang wächst. Eine Flasche vom 2018er Jahrgang kostet 129 Euro. Generell setzen Fürsts auf "rein manuelle Lese mit Auslese", arbeiten "herbizidfrei und biologisch, aber nicht zertifiziert". Dafür setzt das moderne Weingut am Rande eines Wohngebietes "eigenen Kompost aus Rinder- und Pferdemist" zur Düngung ein.

Christian Boergen

Mehr Informationen:
Churfranken
www.churfranken.de/aktiv-kultur/fraenkischer-rotwein-wanderweg
Tel.: 0 93 71 / 6 60 69 75
Wohnen:
Viele familiäre und mittelständische Übernachtungsbetriebe. Einige bieten Gepäckservice zum nächsten Etappenziel an.
Anreise:
A3 bis Marktheidenfeld, B8 Richtung Miltenberg.
Per Bahn und Bus sind alle Orte via Aschaffenburg-Hauptbahnhof gut erreichbar.
Beste Reisezeit:
Spätsommer, wenn der erste Heurige ausgeschenkt wird bis Oktober.

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