Rijeka als Kulturhauptstadt 2020: Viel zu tun, viel geschafft

16.11.2019, 07:22 Uhr
Rijeka als Kulturhauptstadt 2020: Viel zu tun, viel geschafft

© Rino Gropuzzo/Visitrijeka

Die 1,7 Kilometer lange Mole wird ab 1. Februar zur Bühne einer Sound-Skulptur, alte Lagerhallen am Hafen werden nicht nur Kulisse einer Gruppenausstellung zum Thema neue Wirtschaftsformen, es wird ihnen als Club-Location und Ort für Cafés dauerhaft neues Leben eingehaucht. Und auf der Brache davor entsteht endlich ein stadtnaher Strand.

Ein paar Schritte weiter fristet Titos einstige Luxusyacht "Galeb" (Möwe) ein rostiges Dasein. Das Schiff des Präsidenten des früheren Jugoslawiens sollte eigentlich zu einem schwimmenden Museum umgebaut werden, es ist aber nicht sicher, ob daraus noch etwas wird.

Es gibt nämlich noch immer einiges zu tun in Rijeka. Auf dem Benčić-Gelände werden mehrere Fabrikgebäude umgebaut und erweitert, lange standen sie wie viele weitere Industriebauten rund um den etwas angegammelten Hafen leer. Schon offen ist dort das Museum für Zeitgenössische Kunst, der Rest des Areals, auf dem das Stadtmuseum, die Stadtbibliothek sowie ein Kreativzentrum für Kinder entstehen, ist zum Teil noch Baustelle.

Zwischen den Ländern hin- und hergerissen

Die Zentrale der Kulturhauptstadtkampagne hat ein historisches Gebäude am Rande der Innenstadt bezogen, es heißt jetzt RiHub und soll Begegnungsstätte sein. Nebenan liegt der Museumshügel, von dem man über die Kvarner Bucht auf die Urlaubsinseln Krk und Cres blickt. Im ehemaligen Gouverneurspalast zeigt das Historische Museum die Ausstellung "D’Annunzios Märtyrerin".

Sie erinnert an die Monate nach dem Ersten Weltkrieg, als der italienische Nationalist, Mussolini-Freund und Dichter Gabriele D’Annunzio Rijeka, das nach dem Untergang des Habsburger-Reiches dem neugegründeten Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen zugeschlagen worden war, mit 2000 Soldaten eroberte. D’Annunzio erprobte hier den Faschismus – inklusive Führerkult und Gewalt gegenüber der kroatischen Bevölkerung.

Nach der Rückeroberung war die Stadt Freistaat, dann gehörte ihr größter Teil als "Fiume" bis 1941 zu Italien. Die Grenze verlief entlang des Flusses Rječina mitten durch die Stadt. Vom Jugoslawien-Krieg blieb Rijeka zwar verschont, nicht aber von den Folgen. Der Hafen verlor an Bedeutung und die Stadt an Bevölkerung. Die hohe Arbeitslosigkeit betrifft vor allem junge Menschen.

Dass Rijeka nicht reich ist, sieht ihm an. Es erinnert ein wenig an Ostberlin nach der Wende. Auch viele der Prachtpaläste aus der Zeit der Donaumonarchie sind in beklagenswertem Zustand. Das 1885 errichtete Nationaltheater, eine der Spielstätten der Kulturhauptstadt, erzählt in seiner Neorenaissance-Opulenz noch vom alten Rijeka. Gegenüber stehen drei historische Markthallen vom Ende des 19. Jahrhunderts, sie sind der beliebteste "Supermarkt" der Stadt.

Ein Torpedofabrikant hat den größten Palast

Ihr Herz schlägt aber am Korzo, der Einkaufs- und Kaffeehausstraße. Auch hier zeigen viele Prunkfassaden der Bürgerhäuser Spuren ihres Alters. Ein besonders beeindruckendes, verkehrumtostes Bauensemble bilden der Palast des Torpedofabrikanten Hannibal Ploech und die Kapuzinerkirche Maria Lourdes – ein kuppelgekrönter Eckbau – neben erst hundert Jahre alter Neogotik mit imposanter Freitreppe und gestreifter Fassade.

Zwar spielen die Kirchen im Programm der Kulturhauptstadt keine Hauptrolle, im Stadtbild sind sie jedoch prägend. Etwa der Schiefe Turm von Rijeka, der vor dem Mariendom mit barocker Ausstattung steht. Oder die Vitus-Kathedrale, ein markanter Barock-Rundbau mit mächtiger Kuppel. In der Nähe findet man nicht nur Reste aus römischer Zeit, sondern auch den Eingang zu einem begehbaren Tunnel aus dem Zweiten Weltkrieg, heute ein angesagtes Party-Domizil.

Den Titel einer Kulturhauptstadt erhält man eben nicht für herausgeputzte Sehenswürdigkeiten, sondern für ein Programm, das zeigt, welche Rolle die Kultur bei der Stadtentwicklung spielen soll. Mit einem eher geringen Etat von 30 Millionen Euro (zum Vergleich: Graz hatte im Jahr 2003 ein rund doppelt so hohes Budget) will sich Rijeka auch den Startschuss für eine bessere Zukunft der Stadt geben. Wer sich umhört, erfährt von den großen Hoffnungen, die die Menschen in das Kulturhauptstadt-Jahr setzen. Zwischen 17. Januar und 26. Februar finden hier übrigens einige der größten Karnevalsfeiern der Welt statt.

Mehr Informationen:
Kroatische Zentrale für Tourismus in München
www.croatia.hr/de-DE/
Rijeka Touristinfo:
www.visitrijeka.eu/de/
Rijeka 2020:
www.rijeka2020.eu/en/
Anreise:
Von Nürnberg bis Rijeka mit dem PKW knapp 700 km (München Salzburg, Villach, Ljubljana).
Von München gibt es Direktflüge nach Rijeka (Dauer 60 bis 75 Minuten).
Günstig wohnen:
Botel Marina auf einem ehemaligen Fährschiff:
www.botel-marina.com
Luxuriös wohnen:
Hotel Navis
www.hotel-navis.hr/de

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