Interview: Reiner Hollerung zum Thema Kurzarbeit

23.2.2009, 00:00 Uhr
Interview: Reiner Hollerung zum Thema Kurzarbeit

© Karlheinz Daut

Herr Hollerung, die Krise trifft jetzt auch die Region. Wie viele Firmen sind derzeit in Kurzarbeit?

Reiner Hollerung: Es werden täglich mehr. 520 Firmen plus 270 Baufirmen haben Kurzarbeit angemeldet, derzeit melden sich täglich 20 bis 25 neue bei uns. Es ist einfach so, dass längst nicht mehr nur Auto-Zulieferer und Industrie betroffen sind, die Krise ist im Mittelstand und beim kleinen Handwerker angekommen.

Wissen denn alle, wie Kurzarbeit funktioniert?

Hollerung: Es sind viele darunter, die noch nie mit uns zusammengearbeitet haben. Ganz offen: Viele haben Berührungsängste. Wir bemühen uns sehr, sie abzubauen.

Was ist der erste Schritt?

Hollerung: Wir laden die Firmen zu uns ein. Vor einem halben Jahr war die Situation noch anders, da sind wir hingefahren und haben in Ruhe mit Arbeitgeber und Betriebsrat gesprochen. Aber die Fahrzeit ist verlorene Zeit - Schnelligkeit und Flexibilität sind enorm wichtig, um die Liquidität der Firmen und damit Arbeitsplätze zu sichern. Die Firmen sind in Not, sie brauchen Planungssicherheit und die Gelder müssen schnell fließen.

Wie lange dauert es, bis die Agentur ihr Okay gibt?

Hollerung: 48 Stunden.

Wissen denn Unternehmen nicht früher, dass sie kurzarbeiten müssen?

Hollerung: Sie sind sehr verunsichert, viele müssen von Null auf 100 reagieren. Es kann sein, dass sie heute die Mitteilung erhalten, dass der Auftraggeber nichts mehr abnimmt. Bis dahin haben sie geglaubt, dass Firma und Mitarbeiter die nächste Woche über noch Arbeit haben.

Was muss der Chef mitbringen, wenn er zu Ihnen kommt?

Hollerung: Die Anmeldung ist sehr einfach und durch das Konjunkturpaket II noch leichter geworden. Die Arbeitgeber müssen ein paar wirtschaftliche Daten nennen - die absolut vertraulich bleiben - und Angaben über die Situation machen. Und wenn es nur ein Fax des Auftraggebers ist.

Und dann?

Hollerung: Klären wir im Gespräch, ob die Voraussetzungen für Kurzarbeit gegeben sind, helfen beim Ausfüllen des Vordrucks und geben definitiv eine Zusage, dass die Kurzarbeit sofort beginnen kann.

Wie die Kurzarbeit intern geregelt wird, ist nicht mehr Ihre Aufgabe?

Hollerung: Durchführung und Planung kann der Arbeitgeber vollkommen flexibel mit Mitarbeitern und Betriebsrat regeln. Wir haben alle Konstellationen: von Firmen, die gerade die Grundvoraussetzungen erfüllen und nur drei Tage im Monat nicht arbeiten, bis zum Totalausfall.

Was leistet die Agentur noch?

Hollerung: Die Arbeitsagentur kommt am Monatsende wieder ins Spiel, wenn die Abrechnung gemacht wird. Wir zahlen das Kurzarbeitergeld möglichst schnell an den Betrieb.

Wie schätzen Sie die Lage ein?

Hollerung: Wir hoffen natürlich, dass die Thematik sich schnell überholt. Die Kurzarbeit ist von sechs auf 18 Monate erweitert worden. Wir genehmigen zunächst für sechs Monate, denn wir wollen wissen, wie sich die Situation entwickelt. Aber ich spreche mit vielen Arbeitgebern. Sie geben klare Signale: Wenn die wirtschaftliche Lage sich nicht bald erholt, wird es nicht bei Kurzarbeit bleiben.

Kontakt: Reiner Hollerung, Team Kurzarbeit, Telefon 5293388.