Der Trend geht zum «Handgebrauten»

5.2.2009, 00:00 Uhr
Der Trend geht zum «Handgebrauten»

© Fengler

Die Konkurrenz potenziert sich, wenn man den Umkreis nur wenige Kilometer weiter zieht. Das Land der 1000 Brauereien hieß es früher. Und nach wie vor hat die Branche nirgends auf der Welt eine höhere Dichte. 200 Brauereien gibt es heute in Oberfranken. Etwa 100 Sudhäuser stehen in der Fränkischen Schweiz. Und es werden wieder mehr, denn Schmitts Pretzfelder Nikl-Bräu ist kein Einzelfall. Während sich die großen Braukonzerne gegenseitig dezimieren, freuen sich die kleinen Brauereien über einen regelrechten Boom. Zahlreiche Neugründungen beleben den Markt. Mit Nikl haben zuletzt Steinbach-Bräu in Erlangen, Elch-Bräu in Thuisbrunn und das Gostenhofer Schanzenbräu den «Männer-Traum» vom Selbst-Gebrauten wahr gemacht.

Wie bei den meisten alteingesessenen Brauereien stoßen die neu gegründeten weniger als 5000 Hektoliter im Jahr aus. Und nur in dieser Kategorie verzeichnet der Bayerische Brauerbund (BBB) ein Wachstum. 65 Prozent der Bierproduktion machen die «Mini-Brauereien» mit weniger als 5000 Hektoliter Ausstoß im Jahr mittlerweile deutschlandweit aus, sagt Walter König vom BBB: «Der Trend ist eindeutig. Und er geht weg vom Allerweltspils.»

Während die Großbrauereien zwar durch Fusionen immer größer werden, zugleich aber immer weniger Bier verkaufen, berichtet König von einer weltweit wachsenden Nachfrage nach Handgebrautem. «In Amerika gab es vor 20 Jahren ganze 20 bis 25 Brauereien. Heute sind es mehr als 1200.»

Teil des Erfolgskonzepts sind sowohl diesseits als auch jenseits des Ozeans die Spezialitäten. Die Zeiten in denen es in ländlichen Braugaststätten nur eine Sorte ungespundetes Bier gab, sind längst passé, hat auch Gabriele Flierl vom «Landbierparadies» festgestellt. Mehr als 100 Biersorten von knapp 50 verschiedenen Brauereien aus dem fränkischen Bergland verkauft Flierl in ihrem Laden in der Galgenhofstraße, der mehr an eine Weinhandlung erinnert als an einen Getränkemarkt. «Die Leute wollen genau wissen, wo das Bier herkommt und wie es gebraut wird», sagt Flierl, «und umso kleiner die Brauerei ist, umso besser finden sie das.»

Noch in seiner Studentenzeit hatte der Kaufmann Joachim Glawe die goldene «Schnapsidee» mit dem Bierladen. Das war vor 20 Jahren als man in Nürnberg nur die Biere der großen Brauereien zu kaufen bekam und für ein Landbier immer auch eine Landpartie in Kauf nehmen musste. Mittlerweile haben sich zu Glawes Laden fünf Wirtshäuser in Nürnberg und Fürth gesellt, die allesamt Bier aus der «Fränkischen» ausschenken. Das Schanzenbräu könnte da bald dazugehören.

Die Nürnberger Bier-Pioniere haben ihr erstes «Rotes» im Keller einer Autowerkstatt gebraut. 100 Liter waren das zunächst pro Sud, erinnert sich Schanzenwirt Sebastian Köhler. Die Gostenhofer Kneipe «Café Regina», die bislang vor allem Landbiere aus der Fränkischen Schweiz ausschenkte, nahm den jungen Brauern aus der Nachbarschaft das erste Fass ab – und schnell wurde das Schanzen-Bräu zum Kult-Produkt. Acht Wirtschaften beliefern die Gostenhofer, die mittlerweile einen Ausstoß von 28 Hektolitern im Monat erreicht haben (einen Teil davon brauen sie in einer ehemaligen Metzgerei in der Adam-Klein-Straße und einen Teil in den Sudkesseln einer befreundeten Brauerei), mit ihren drei Sorten «Helles», «Rotes» und Schwarzbier. Ab kommendem Monat soll es auch erstmals Schanzenbräu aus der Flasche geben. Und auch eine eigene Schankwirtschaft haben sie in der Adam-Klein-Straße eingerichtet.

«Umso mehr sich die großen zusammenschließen, umso mehr Lücken reißt das für uns auf», sagt Köhler, dem die Konkurrenz ebenso wenig Sorgen macht wie schlechte Konsum-Prognosen. «Natürlich haben wir im Vergleich höhere Stromkosten und höhere Rohstoffkosten, aber wir haben eben auch das bessere Bier.»

Drei Monate hält sich so eine Flasche Schanzenbräu maximal, da die Brauer darauf verzichten, ihr Bier zu pasteurisieren. Für den Export nach Übersee ist das Gostenhofer folglich kaum geeignet. Bis zum «Walberla» dürfte es aber allemal durchhalten.

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