Goldbach Werkstatt hat erweitert

3.2.2012, 17:10 Uhr
Goldbach Werkstatt hat erweitert

© Hagen Gerullis

Letzteres hat sich mittlerweile schon zu einer Art Treffpunkt in Zabo entwickelt, wie Mitarbeiterin Hannelore Born berichtet. Bei Bio-Kaffee, Tee, Säften und selbst gebackenem Kuchen kämen die Stadtteilbewohner hier gerne miteinander ins Gespräch.

Der Werkstattladen gibt aber auch Mitarbeitern mit Behinderung die Gelegenheit, die Werkstatt zu verlassen und mit Kunden zu arbeiten. „Unsere Mitarbeiter gehen gerne raus und der Kontakt zu den Leuten hier im Stadtteil ist ihnen sehr wichtig“, betont Agnes Kählke, Leiterin der Goldbach Werkstatt,

Goldbach Werkstatt hat erweitert

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Der Laden mit Café, der auch ein Schneider-Atelier beherbergt, ist das jüngste Projekt der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, die schon seit 25 Jahren in der etwa drei Fußminuten entfernten Urbanstraße ansässig ist. 40 betreute Mitarbeiter, zehn Fachkräfte sowie Praktikanten arbeiten hier gemeinsam nach einem sozialtherapeutischen Ansatz, der auf den Wiener Kinderarzt und Anthroposophen Karl König (1902–1966) zurückgeht. Der Gründer der internationalen Camphill-Bewegung setzte sich für das gleichberechtigte Zusammenleben und Arbeiten von Behinderten und Nichtbehinderten in Lebensgemeinschaften ein. In 20 Ländern gibt es Camphill-Gemeinschaften, die Menschen mit Handicap eine Beschäftigung in der Landwirtschaft, Küche, Bäckerei oder in kunstgewerblichen Werkstätten anbieten.

„Als anthroposophische Werkstatt arbeiten wir mit Urhandwerken“, erläutert Agnes Kählke. Neben einem Berufsbildungsbereich – einer Art Lehrwerkstatt – gibt es eine Weberei, eine Töpferei, eine Holzwerkstatt und ein Schneider-Atelier, das gerade im Aufbau ist. Wer möchte, kann außerdem in der Haushalts- und Dienstleistungsabteilung tätig werden. Diese Mitarbeiter richten zum Beispiel das Frühstück für ihre Kollegen her. Für die Zukunft ist auch ein Bügelservice in Planung.

Goldbach Werkstatt hat erweitert

© Hagen Gerullis

Die Einrichtung in Zerzabelshof ist eine der kleinsten Behindertenwerkstätten überhaupt in Deutschland. „Für so eine kleine Werkstatt haben wir unheimlich viele Arbeitsbereiche“, berichtet Agnes Kählke.

Eine ganz zentrale Rolle nimmt die Weberei ein: Ein gutes Dutzend Web-stühle aus Holz stehen in dem großen, lichtdurchfluteten Raum. Und etwa ebenso viele Mitarbeiter arbeiten an Schals, Teppichen, Sitzkissen, Geschirrhandtüchern oder bunten Stoffen, aus denen Mäppchen für Wachsmalkreiden oder Stifte werden. „Weben ist aus therapeutischer Sicht ideal“, sagt Webermeisterin Maria Hößle-Stix. „Jeder kann so schnell arbeiten wie er kann und möchte. Und jeder wird irgendwann mit seinem Werkstück fertig.“ Die Arbeit an den Webstühlen oder am Filztisch wirke beruhigend, schule die Fingerfertigkeit und die taktile Wahrnehmung, so die geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung. Und es macht vor allem Spaß, wie Sabrina Sohr berichtet. Die junge Frau hat sich sogar für zu Hause einen Webstuhl angeschafft und stellt auch in ihrer Freizeit bunte Stoffe her.

Mit großer Begeisterung sind auch die Mitarbeiter der Holzwerkstatt bei der Sache: „Man muss genau wissen, wo man die Löcher macht und man darf nicht zu lange schleifen, sonst wird das Holz zu dünn“, erklärt der 26-jährige David, der mit Leib und Seele in der Schreinerei arbeitet. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen stellt er unter Anleitung von Schreiner und Heilerziehungspfleger Udo Blanke heute Wipp-Vögel aus Holz und Metall, sowie Kerzenständer her. Auch in der Holzwerkstatt können sich die unterschiedlichsten Talente entfalten: Während einige Mitarbeiter Baumscheiben schön glatt schleifen, sägt eine junge Frau mit einer kleinen Säge und viel Geduld die Einzelteile für die Vogelfiguren aus.

Relativ neu im Angebot der Goldbach Werkstatt ist die Töpferei. In einem kleinen Raum arbeiten zwei Frauen gerade hochkonzentriert an Schalen mit hübschem Schneckenmuster. Ihr Kollege, der von allen als Experte an der Töpferscheibe geschätzt wird, stellt derweil ein Kaffeeservice her. „Unsere Töpferei ist sehr erfolgreich und die Produkte kommen gut an“, berichtet Agnes Kählke. Die bunt glasierten Schalen, Teller und Tassen werden im neuen Werkstattladen verkauft.

Werkstattladen, Café und Schneider-Atelier der Goldbach Werkstatt, Zerzabelshofer Hauptstraße 1, Tel. 21714477, geöffnet: Mo.–Fr. 10–18 Uhr, Sa. 10–14 Uhr.
 

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