Aktionstag Alkoholaufklärung im Berufsförderungswerk

11.2.2010, 00:00 Uhr

Der jetzt 47-Jährige sitzt auf einem Hocker im Freizeitcafé des Berufsförderungswerks und plaudert locker über die schwerste Krise seines Lebens. Seine Bewältigungs-Strategie: ein offener und ehrlicher Umgang. Weil, wie er sagt, es ihm ja damals auch egal war, dass ihm die Besoffenheit ins Gesicht geschrieben stand. Und weil, wenn’s jeder weiß, ihn die Leute auch in Ruhe lassen - und ihm kein Bier aufschwatzen.

Volksdroge Alkohol. Das Berufsförderungswerk hat gestern einen Aktionstag zum Thema veranstaltet mit Infoständen und Vorträgen. Die 700 Rehabilitanden haben das Angebot interessiert wahrgenommen. Siegfried Kaul ist selbst Teilnehmer der Reha-Maßnahme. Im Juli wird er seine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter im Berufsförderungswerk abschließen. Irgendwann einmal war er Schriftsetzer. Bis der Alkohol ihm den Kopf verdrehte.

Verheerend waren vor allem die letzten drei Jahre, als ihn ein Kumpel bei sich aufnahm und kostenlos logieren ließ. Dafür bediente Kaul in der Kneipe des Kumpels. Und sich selbst. Mit alkoholischen Getränken frei Haus. Zu dieser Zeit ließ er sein Leben komplett schleifen. Kümmerte sich um nichts. Nicht um Geld, nicht um Menschen und schon gar nicht um sich selbst. Dann, erzählt er, bringt der Alkohol einen guten Freund um. Dieses Schockerlebnis hat ihn aufgeschreckt. Und aufgeweckt. Er geht in die Bezirksklinik, macht 20 Tage lang Entzug - ohne erleichternde Medikamente. «Den Mist hab’ ich mir ja auch selbst eingebrockt.» Es folgen Langzeittherapie und ambulante Therapie. Damals war er 42.

Er rührt das Zeug nicht mehr an – und bleibt für immer Alkoholiker

Fünf Jahre später. Saufkumpane hat Siegfried Kaul nicht mehr («Die bleiben von alleine weg, wenn man nichts mehr trinkt.»). Nur noch Freunde. Allen voran die aus seinem Männerchor, die nämlich, die auch während der schweren Entzugs- und Therapiezeit für ihn da waren. Alkohol verteufelt er nicht. Er rührt ihn nur nicht mehr an. Kaul weiß, dass er für immer Alkoholiker bleiben wird - wenn auch hoffentlich ein trockener. Und wenn er mit einer Clique zusammen ist, die zu viel trinkt - «dann verlass’ ich halt die Situation». Nicht weil er einen Rückfall befürchtet. Sondern weil ihn die Sauferei nervt.

Genauso wie der Bierautomat im Berufsförderungswerk. Muss der sein? Darüber diskutieren Kaul und seine Zuhörer. Sie sind alle erwachsen, einerseits. Andererseits wird ja das Rauchen in der Öffentlichkeit mittlerweile auch nicht mehr toleriert.

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