Am Wöhrder See haben sich Biber angesiedelt

18.8.2009, 00:00 Uhr
Am Wöhrder See haben sich Biber angesiedelt

© Gerullis

Nur einmal an der Satzinger Mühle über die Straße und ein paar Meter ins Uferwäldchen hinein: Hier wohnt Familie Biber. Behauptet zumindest Barbara Philipp. Im letzten Herbst und Frühjahr habe sie einen großen und einen kleinen vorbeischwimmen sehen, als sie sich am Ufer postiert hatte. «Aber jetzt schlafen sie.»

Die 5 c des Dürer-Gymnasiums ist eine forsche Klasse, die sich lieber selbst überzeugt. «Wir könnten sie wecken», schlagen die Schüler vor. «Keine gute Idee», antwortet Philipp. «Wir wollen ja, dass der Biber dableibt.» Deshalb schärft die Umweltpädagogin den Kindern ein, niemals eine Biberburg anzufassen, wie sie hier in der Böschung liegt. Der flache Haufen aus Stöckchen und Ästen ist eine der Spuren, mit denen Barbara Philipp in der neuen Führung des Bund Naturschutz (BN) schnell die Anwesenheit der Art «Castor fiber» beweisen kann.

Kompakte Kraftkugel

Schon seit fünf Jahren sichtet die Kreisgruppe des Naturschutzverbands ab und zu Biber an der Pegnitz. Zwischen Fürth und Hammer im Nürnberger Osten dürften es mittlerweile sechs Reviere sein. Eines umfasst zwei bis drei Kilometer. Doch nicht der Biber hat sich an die Stadt angepasst. «Wir haben uns geändert, indem wir ihn überleben lassen», sagt Jens Schlüter, hauptamtlicher BN-Biberbeauftragter für Nordbayern. Zwar ist der nachtaktive Biber scheu, aber die Nähe zu Menschen nimmt er hin. «Er braucht keine Wildnis. Die schafft er sich einfach selbst, wo es Wasser und Pflanzen gibt.»

Schwer vorstellbar, dass ein pelziger Vierbeiner mit Schwimmhäuten an den Hinterfüßen all das Holz hier herangeschleppt haben soll. Aber der Biber, eine kompakte Kraftkugel, wird ausgewachsen nicht nur schwerer als die meisten Hunde, er ist auch arbeitssüchtig. Plötzlich entdecken die Schüler viele Stellen, wo er dies bewiesen hat: abgeknabberte Rinde, Zahnabdrücke auf Astgabeln und einige gefällte Hainbuchen als Futtervorrat. Mit diesem toten Holz vergrößert er nebenbei das Biotop für Insekten und Vögel.

Barbara Philipp kann so einige Vorurteile abstellen. Zum Beispiel stellt sie klar: «Menschen fällen viel mehr Bäume als die Biber.» Sie holt einen Schädel aus ihrer Tasche: Obwohl der Biber Zahnpasta-Werbebotschafter ist, sind seine vier stattlichen Nagezähne rostbraun. Bakterien, mutmaßen die Kinder, oder Rindenreste. Falsch. Eisenverbindungen färben den Zahnschmelz von Natur aus – und härten ihn.

Die Führerin baut auf einem Tuch am Boden ein Büfett auf. Zwiebel, Zitrone, Zucchini, Karotte, Blätter, Schilf, dazu Bildchen von einem Maiskolben, Frosch und Fisch. Was davon frisst der Biber? Die Jungen und Mädchen würden ihm Fische und Frösche unterjubeln, doch als Vegetarier verschmäht er gerade diese. Außer Zitrone und Zwiebel nähme er aber jedes Gemüse.

Das Tier ist so pragmatisch, dass ihm auch Abwasserrohre oder Kläranlagen als Unterkunft taugen oder es sich auf Äckern sattfressen kann. Dann zieht der Biber Ärger auf sich und ruft seine Schützer für Vermittlungsmaßnahmen auf den Plan. In Nürnberg dürften solche Reibereien ausbleiben. Hier an der Pegnitz findet er so viel Nahrung, dass er keine Staudämme bauen muss, und in Obstgärten kann er sich nicht gütlich tun.

Ein paar Schüler laufen noch weiter auf die Halbinsel im Wöhrder See hinaus. Begeistert kommen sie zurück. «Da war einer! Er hat uns gesehen und ist abgetaucht!» Egal, ob das ein «Nessie»-Effekt war oder Wirklichkeit – die Kinder wissen jetzt, dass der Biber in derselben Stadt wohnt wie sie.

Wer sich für Biberführungen interessiert, kontaktiert den Bund Naturschutz unter 45 76 06.

Zum Herbst will die Kreisgruppe Nürnberg eine zentrale Jugendgruppe gründen. Dafür werden noch Betreuer und Mitglieder gesucht.

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