Autohandel: Die Ruhe nach dem Abwrack-Sturm

7.9.2009, 00:00 Uhr
Autohandel: Die Ruhe nach dem Abwrack-Sturm

© Fengler

Fred Berger hat nicht viel zu tun an diesem Samstag. Gerade hat er einer jungen Frau die Schlüssel zu ihrem nagelneuen, schneeweißen Nissan Quashqai überreicht. «Nicht gleich Vollgas geben», hat er ihr noch mit auf den Weg gegeben. Es ist still im Autohaus Kropf. «Wir haben seit dem Ende der Abwrackprämie deutlich weniger Publikum», sagt er. Noch am Samstag zuvor hatte jeder der vier Verkäufer acht bis zwölf Beratungsgespräche geführt - ein paar Kunden hatten doch noch kurzentschlossen versucht, die Prämie einzustreichen.

Bis zu 7500 Euro konnte ein Kunde teilweise sparen, wenn er sich für einen neuen Nissan entschied. Allein bis zu 5000 Euro Nachlass gewährt der Hersteller beim Kauf eines Wagens. «Bis Ende September wird das noch so sein», sagt Berger. Was dann passiert, ist noch ungewiss. «Wir glauben, dass wir durch das letzte Quartal noch gut durchkommen. Und im neuen Jahr hoffen wir auf das Firmengeschäft.» Folgen der Abwrackprämie gibt es aber noch in anderer Hinsicht - das Preisgefühl bei den Kunden habe gelitten, viele erwarteten stets noch mehr Nachlass.

«Ein Einbruch wird wohl kommen»

Das stellt nicht nur der Nissan-Händler fest. Auch Marko Hasler, geschäftsführender Gesellschafter des Toyota-Autohauses Bruckner & Hasler, bewertet die Situation ähnlich. «Ich hatte zeitweise schon ein schlechtes Gewissen, dass ich überhaupt noch Geld für ein Auto haben wollte», sagt er scherzhaft.

Trotzdem, sein Geschäft brummte durch die Abwrackprämie, sagt auch er. Bis Mitte des Jahres sei der Run am größten gewesen. Die zwei Verkäufer wurden des Zustroms an manchen Samstagen kaum Herr. «Aber wir sind ein Familienunternehmen, da halfen schnell mal drei Verwandte aus.»

Zu 80 bis 90 Prozent seien neue Kleinwagen vom Hof gerollt, sagt Hasler. Er hat den Eindruck, dass viele, die sich ohne die 2500 Euro keinen Neuwagen hätten leisten können, zugeschlagen hätten. «Viele haben auch einen Autokauf vorgezogen.»

Seit dem 2. September ist es nun bei ihm ruhiger im Laden. «Jetzt haben wir wieder mehr Zeit für die Kunden», sagt er. Langfristig blicken alle Autohändler in eine ungewisse Zukunft. «Ein Einbruch wird wohl kommen», befürchtet Hasler. «2010 wird interessant werden. Aber ich sehe die Situation nicht ganz so schwarz.» Besonders der Umweltprimus Toyota profitiere von den neuen Kfz-Steuerregelungen.

Wie viele andere der befragten Händler hält auch er sich hoffnungsvoll am Dienstleistungsbereich fest - denn Neuwagenüberprüfungen und Reparaturen werden ja auch in Zukunft anfallen. «Die Prämie war eine Spritze, die kurzzeitig den Automarkt wieder angekurbelt hat. Langfristig glaube ich, ist sie ungut. Auch, weil der Gebrauchtwagenmarkt dadurch zusammengebrochen ist», so Hasler. Zwei bis drei Jahre könnte es dauern, bis dieser sich erholt, vermutet er. Denn dann werden die jetzt neu gekauften Wagen teilweise wieder abgestoßen.

Wird die Rabattschlacht von den Medien provoziert?

Die in den letzten Tagen viel publizierte Rede davon, dass sich nun die Hersteller immer weiter unterbieten, hält Hasler für eine Kampagne. Für die Händler sei es fürchterlich, wenn große Boulevardzeitungen bereits einen Tag nach dem Auslaufen der Prämie zur Rabattschlacht blasen. Rabatte würden von den Herstellern gewährt, betont er. Und diese verhalten sich derzeit erst einmal abwartend.

Toyota werde, nach ersten Informationen, in den kommenden Monaten wohl eine Art Umweltprämie zahlen. Er als Händler könne jedoch keine weiteren Nachlässe gewähren. «Wir können die Autos nicht verschenken.»

Besonders zu Beginn des Jahres seien die Händler überrannt worden, sagt auch Selami Dönek vom Autohaus Skof. «Bis Mai zog das Geschäft am deutlichsten an.» Dann stand Mazda-Händler Skof vor dem Problem, das viele andere Händler hatten: Es gab keine Fahrzeuge mehr und die Lieferzeiten zogen sich über Monate hin. Dass Mazda keine Zusatzrabatte gewährte, habe sich aber vor allem in den letzten Monaten bemerkbar gemacht und bei so manchem dazu geführt, sich für das Modell eines anderen Herstellers zu entscheiden.

Gelassen ist man derzeit im Audi-Zentrum Pillenstein. «Der Kundenzustrom war schon in den letzten Wochen nicht mehr so heftig.» Bei der Premiummarke ist der Geschäftskundenanteil üblicherweise höher. «Deswegen ist es bei uns nicht so dramatisch», sagt Neuwagenverkäufer Bernd Sauer. Bis zu 15 Prozent mehr Wagen verkaufte er zu Beginn des Jahres an Privatkunden. «In diesem Bereich stellen wir nun auch den stärksten Rückgang fest.»

Wie sieht sein Blick in die Zukunft aus? «Ich bin skeptisch, viele Geschäftskunden versuchen zu sparen.» Auch der Gebrauchtwagenmarkt liegt darnieder. «Unsere Audi-Jahreswagen gingen gut, aber vom mittleren bis hochpreisigen Segment ist der Markt tot.» Nachvollziehbar findet er das - wer kauft schon einen teuren Gebrauchten, wenn er einen günstigen Neuen haben kann. Da macht der Kunde schon mal Abstriche bei der Fahrzeuggröße. Audi zahlt derzeit noch eine eigene Umweltprämie von 2500 Euro. «Für 2010 müssen sich die Hersteller neue Programme einfallen lassen», sagt Sauer. «Denn die Kunden erwarten immer noch mehr.»

Viele Leute zahlten in bar

Dass Kunden von einem größeren auf einen kleineren Wagen umgestiegen sind, überraschte Michael Kreuzer vom Kia-Zentrum Wüstner. Picanto, ein Kleinwagen, und Ceed, etwa Golfklasse, heißen seine Verkaufshits. Kia hatte ebenfalls noch mal Rabatte draufgelegt: von 600 bis 1250 Euro, je nach Modell. Viele Leute hätten bar gezahlt, der Großteil der Abwracker sei älter gewesen. Mit allen Rabatten kostete ein Picanto nur noch rund 5600 Euro. Die Kia- Rabatte gelten noch, bis die Neuauflagen der Wagen Ende September kommen. Kreuzer rechnet mit einer Rabattschlacht am Ende des Jahres, hofft aber auch auf die Politik. Gerade in der Krisenregion Nürnberg, gebeutelt von Kurzarbeit und Quelle-Pleite, müsse etwas passieren. Denn Arbeitslose kaufen keine Autos.

«Die Krise im Autohandel ist nur verschoben worden»

Mit der Kauflust der Abwracker hätte das Werteempfinden gelitten, bestätigt auch Christof Oesterlein, Inhaber des Autohauses Schanzäcker. Bis Juni verkaufte er dank Prämie die dreifache Anzahl an Opel und Hyundais. Bei einigen Käufern habe man die Gier gespürt, sich das Geld vom Staat zu holen. «Gefeilscht wurde trotz Prämie wie eh und je», so Oesterlein. Und dabei bewegten sich die meisten Händler bei den Gewinnspannen bereits am Limit. «Da geht einfach nichts mehr.» Auch wenn viele Kunden das anders sehen. Er glaubt, dass die Krise im Autohandel mit der Abwrackprämie lediglich um eine kurze Zeit auf 2010 verschoben worden sei. Dauerhaft könne kein Hersteller die Abwrackprämie auffangen, glaubt er.

Jeder steuerzahlende Bundesbürger finanzierte im Jahr 2009 rund zwei Millionen Neuwagen mit, die mit Hilfe der Abwrackprämie gekauft wurden. Ebensoviele Altautos landeten statistisch gesehen seit Januar in deutschen Schrottpressen, viele davon noch mehr als fahrtüchtig. Nach diesem Jahr sind sich alle befragten Händler einig: Man darf das Abwrackjahr nicht als Maßstab nehmen - denn das führe zu nichts als Enttäuschung.

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