«Das ist eine Provokation»

2.12.2008, 00:00 Uhr

In der Dr.-Kurt-Schumacher-Straße, die an den ehemaligen KZ-Häftling und SPD-Vorsitzenden erinnert, hat die Modemarke Thor Steinar ihren einzigen Laden in Westdeutschland eröffnet. «So ein Laden gegenüber dem Gewerkschaftshaus und der Straße der Menschenrechte ist eine Provokation», sagt der mittelfränkische DGB-Vorsitzende Stephan Doll. «Wir brauchen diese Naziklamotten nicht, wir wollen in Nürnberg keine Naziläden.»

Denn auch wenn die Thor-Steinar-Kleider, die im Tonsberg verkauft werden, auf den ersten Blick sportlich und unpolitisch aussehen: «Thor Steinar ist eindeutig eine neonazistische Marke, das sind Kleider von Rechtsextremisten für Rechtsextremisten», erklärt Max Seibert vom Antifaschistischen Aktionsbündnis (AAB). Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein: In Berlin und Brandenburg, wo die Firma ihren Sitz hat, wird die Marke im Verfassungsschutzbericht geführt. In vielen Fußballstadien und im Bundestag ist das Tragen von Thor-Steinar-Kleidern verboten. Presseanfragen werden im Tønsberg-Laden abgebügelt: «Welche Vorwürfe? Da wissen wir nichts. Ich kann nichts dazu sagen», so eine Mitarbeiterin.

«Die Stadt wird das nicht einfach so hinnehmen.»

«Jetzt sind tatsächlich alle gesellschaftlichen Gruppen, insbesondere die Stadt Nürnberg, gefordert, dass dieser Laden geschlossen wird, am besten gestern», so DGB-Chef Doll. Vor allem aber: «Wir müssen den Vermieter unterstützen, ihn trifft ja keine Schuld, der ist getäuscht worden.» Tatsächlich kam dieser zu seinem schwierigen Mieter wie die Jungfrau zum Kind: «Die kamen über einen Makler als Kleiderladen, das war soweit unverdächtig», sagt Markus Maisch, der Vermieter, auf Anfrage der NZ. «Ich habe erst aus der Presse erfahren, wer das ist. Das begeistert mich überhaupt nicht.»

Nicht nur der DGB, auch die Stadt Nürnberg erkennt Maischs verzwickte Lage. Peter Murrmann vom Bürgermeisteramt: «Die Stadt wird das nicht einfach so hinnehmen. Aber wir müssen natürlich schauen, wie die rechtlichen Grundlagen sind. Nur, weil das ein rechter Laden ist, kann ich ihn ja nicht einfach schließen.» So sieht das auch der betroffene Maisch: «Wenn der Mietvertrag über eine Strohfirma läuft, kann man den praktisch gar nicht kündigen. Aber wir sind mit Hochdruck dabei, eine Lösung zu finden.» Immerhin: Weil die Kleiderhändler den Vermietern das Sortiment verheimlicht hatten, sollen nach jüngsten, noch nicht rechtskräftigen Gerichtsurteilen Thor-Steinar-Geschäfte in Leipzig, Berlin und Magdeburg geschlossen werden.

Über sein konkretes Vorgehen gegen die rechten Mieter will Maisch in der laufenden Auseinandersetzung nichts sagen, doch er kündigt an: «Wir wollen sehr stark nach vorne gehen.» Stark nach vorne gehen indes alle Seiten: Seit der Eröffnung am Freitag verteilen Antifaschisten im Umfeld des Geschäfts Flugblätter, um Passanten aufzuklären. Dabei gab es bereits Reibereien zwischen Tønsberg-Verkäufern und Flugblattverteilern. Am Samstag gab es eine erste Demonstration mit 150 Teilnehmern, und AAB-Sprecher Max Seibert kündigt weitere und größere Aktionen an: «Wir machen so lange weiter, bis der Naziladen geschlossen wird.»

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