Der Hirsvogelsaal hat seine Kaiser wieder

14.5.2009, 00:00 Uhr
Der Hirsvogelsaal hat seine Kaiser wieder

© Zotos

Dornisch schwebte eine künstlerische Nachschöpfung der zwölf Büsten vor. Nun ist er am Ziel. Seit heute sind die in Stuckgips gefertigten Porträts der Kaiser im Rahmen der Ausstellung «Ave Caesar» wieder im Hirsvogelsaal zu bestaunen. Der Reigen beginnt bei Gaius Julius Caesar, der sich nicht Kaiser nannte, aber am Ende als Alleinherrscher amtierte und auch deswegen von Verteidigern der Republik im Jahr 44 vor Christus ermordet wurde; er endet bei dem 96 nach Christus ebenfalls gemeuchelten Domitian.

Die Bildhauer Anke Oltscher und Olaf Bieber, die sich zirka drei Jahre mit den Konterfeis der römischen Imperatoren beschäftigten, sind Absolventen der Nürnberger Akademie für Bildende Künste. Dornischs Mitstreiter Martin Boss, Leiter der Antikensammlung des Instituts für klassische Archäologie der Erlanger Universität, hatte die beiden Künstler vermittelt. Und die mussten sich mit einer höchst unsicheren Quellenlage auseinandersetzen. Schon in den überlieferten Bildnissen aus der Antike seien die Kaiser oft im Stile von «Wahlplakaten» stilisiert worden, sagt Boss. Und der Patrizierfamilie Rieter, die sich um 1580 den Hirsvogelsaal mit den Büsten schmücken ließ, ging es mehr darum, den damaligen Kaiser Maximilian II. zu beeindrucken, als die Physiognomie der historischen Herrscher möglichst korrekt abzubilden. Damals sollte ein «imperiales Gefühl» transportiert werden, nicht die historische Wahrheit, erläutert Dornisch.

So entschied man sich für künstlerische Neuschöpfungen, die sich an Caesarenporträts aus der Antikensammlung des Instituts für klassische Archäologie und historischen Fotografien der Renaissancebüsten lediglich orientieren. Die Genese der Kunstwerke ist in der Ausstellung ausgezeichnet nachzuvollziehen, weil neben den neuen Büsten von Caesar und Co. sowohl Abgüsse der antiken Bildnisse als auch Aufnahmen der verschollenen Originale zu sehen sind. Zudem präsentiert die Schau viel historisches Begleitmaterial, welches über Leben und Werk der Kaiser informiert und dabei auch den Geschichtsschreiber Sueton zu Wort kommen lässt, der freilich über Herrscher wie Tiberius («In den Tiber mit dem Tiberius») und Vitellius («Er war ein nichtswürdiger Sklave, der sich an Luxus und Prasserei ketten ließ») wenig Schmeichelhaftes überliefert.

Laut Martin Boss ist Sueton zwar die «Bild-Zeitung der Antike», aber auch Boss gibt zu, dass man wohl nicht mit jedem der zwölf «ein Bier trinken gehen würde»; und Künstler Olaf Bieber meint, dass sich schon «einige schauderhafte Herren» darunter befinden. Andererseits haben die beiden Bildhauer Bieber und Oltscher in der jahrelangen Beschäftigung mit den Imperatoren auch ihre persönlichen Favoriten gefunden. Bieber mag Vitellius aus künstlerischen Gesichtspunkten, «er hat ein schönes Volumen»; Anke Oltschers Favorit ist Caesar. «Er hat einen großartigen antiken Kopf, auch wenn es mich anfangs gegruselt hat, wenn ich nachts mit ihm alleine im Atelier war.»

Vespasian fand Gnade vor der Denkmalpflege

In den Begleittexten wiederum findet der beim Volk wegen seines Humors beliebte Vespasian mit das mildeste Urteil. Und auch die Ausstellungsorganisatoren werden ihn in guter Erinnerung behalten, ebnete er doch als «Probekaiser» den anderen Imperatoren den Weg zurück in den Hirsvogelsaal. Dornisch und Franz Sonnenberger, bis 2008 Direktor der Städtischen Museen, mussten hierfür die Genehmigung von Matthias Exner, Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege, einholen. Am 1. März 2007 stellten sie dem Kunsthistoriker die Büste Vespasians vor. Und Exner gab nach der Betrachtung mit den Worten «So sei es» grünes Licht für die Rückkehr der zwölf Kaiser. Die finanzielle Basis für das Projekt legte der Lions-Club.

Die Büsten werden nach der Ausstellung den ihnen angestammten Platz auf ihren Sockeln direkt unter dem Deckenfirmament beziehen. Die Lücke, die Dornisch einst so geschmerzt hat, ist geschlossen.

Museum Tucherschloss, Hirschelgasse 9 - 11, 14. – 28. Mai, täglich 10 – 17 Uhr, Eintritt 5 Euro.

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