Die Umsiedlung der schlafenden Fledermäuse

17.12.2010, 19:46 Uhr
Die Umsiedlung der schlafenden Fledermäuse

© Katrin Meistring

Während die Männer um sie herum schuften, verschlafen die Fledermäuse die kalte Jahreszeit in den Baumhöhlen, Spechtlöchern und Rissen im Stamm.

Zum Wohl der Nürnberger musste die morsche Weide am Dutzendteich gestern gefällt werden, weil sich der Stamm Anfang der Woche bedenklich Richtung Uferböschung geneigt hatte und Passanten oder Eisläufer zu erschlagen drohte. Und zum Wohl der unter Artenschutz stehenden Fledermäuse, die sich vermutlich in der Weide ihr Winterquartier eingerichtet hatten, musste der Stamm in einem Stück umziehen – zum Silberbuck, auf die andere Seite des Großen Dutzendteichs.

Bettina Cordes, die Biologin und Beraterin der Stadt in Sachen Fledermausschutz, war sofort zur Stelle. Ausgerüstet mit Taschenlampe, Endoskop und einem speziellen Fledermauskäfig beobachtet die 45-Jährige die Fällaktion. „Sicher kann man nicht sagen, ob Fledermäuse ausgerechnet in diesem Baum überwintern, aber die vielen Baumhöhlen und Spechtlöcher sprechen dafür“, sagt Cordes.

Falls eines der Tiere durch den Umzug aufgeschreckt wird, ist sie zur Stelle und fängt das Fledertier ein. Das Gebiet rund um den Dutzendteich ist ein Paradies für den Großen Abendsegler. Vor allem diese Fledermausart hat sich in den letzten Jahren dort angesiedelt. Auf 1000 bis 2000 Tiere schätzt die Fledermaus-Expertin die Population am ehemaligen Reichsparteitagsgelände. Daneben vermutet sie auch Rauhhaut- und Mückenfledermäuse in dem Baum. 14 verschiedene Fledermaus-Arten sind insgesamt in Nürnberg heimisch, weiß Cordes.

Mit zwei Gurten wird der massive Stamm am Autokran der Berufsfeuerwehr befestigt. Weil der Baum während der Fällaktion keinen großen Erschütterungen ausgesetzt werden soll, müssen die zwei Gurte den Sturz abfangen. Nach einer halben Stunde schwebt der Weidenstamm sicher über den Köpfen der Anwesenden.

Bettina Cordes ist zufrieden: „Das ist ja super gelaufen“, freut sie sich. Anfangs hatte sie Bedenken, dass die Fledermäuse von den Erschütterungen und dem Lärm aufwachen könnten. Doch es lässt sich auch nach dem Verladen auf den Tieflader keine Fledermaus blicken. Selbst als sie mit einer Taschenlampe in die Baumhöhlen leuchtet, ist nichts von den Tieren zu sehen.

Karl Peßler, Leiter der Baumkontrollgruppe bei SÖR, ist mit dem Verlauf der Fällaktion ebenfalls zufrieden. „Wir setzen uns gerne für den Tierschutz ein“, sagt er. Die Kosten trägt die Stadt Nürnberg. Peßler beziffert „den Umzug des mobilen Zuhauses für Fledermäuse“ auf mehrere hundert Euro.

Traurige Blicke ernten die Arbeiter dagegen von den kleinen Zabo-Rackern. Die 14 Kinder statten der Weide einen letzten Besuch ab. „Im Sommer haben sich alle Kinder auf den ausladenden Stamm gesetzt und wir haben ein Gruppenfoto gemacht“, sagt die Leiterin Theresa Biskupek. Doch ihr „Bildmotiv“ zieht nicht weit weg. Im nächsten Sommer können sie ihre Weide am Silberbuck besuchen gehen. Vielleicht lässt sich auch der ein oder andere Abendsegler blicken.

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