Die Zähmung der Widerspenstigen

17.5.2008, 00:00 Uhr
Die Zähmung der Widerspenstigen

© wwp

Noch ein Beispiel gefällig? Ein fünfjähriger, ansonsten durchaus liebenswerter Knirps stürzt sich gleich nach dem Pizza-Essen auf das rote Sofa, um sich aus den Kissen eine Höhle zu bauen. Die Ermahnung seiner Mutter, er solle sich doch bitte erst im Bad Mund und Hände waschen, beantwortet er mit einem so verständnislosen wie ungerührten «Das ist doch nicht dein Sofa, Mama!» Die Episode endet mit einem trotzig heulenden Kind. Zu blöd aber auch, dass die Erwachsenen immer so kompliziert sein müssen!

Kurse für Eltern sollen bei der Erziehung helfen

Wie man in solchen oder ähnlichen Situationen richtig reagiert, können Eltern in zahlreichen Kursen einüben. Diese gehen von unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen aus. «Welchen Kurs Eltern belegen, hängt ganz wesentlich von ihrer inneren Einstellung ab», meint Dagmar Hauenschild, Fachbereichsleiterin für Familienbildung am Nürnberger Bildungszentrum (BZ). Das BZ bietet zum Beispiel die in Australien entwickelte Methode «Triple P» (Positive Parenting Program) an.

Dieses Programm fußt auf lerntheoretischen und verhaltenstherapeutischen Konzepten. Seine Umsetzung ist durch die «Super Nanny» Katharina Saalfrank via RTL einem breiten Publikum bekannt geworden. «Triple P bietet relativ schnell erreichbare Lösungen, wird aber auch von manchen als recht starr empfunden», sagt Hauenschild.

Ziel ist - wie bei allen Erziehungskonzepten - eine positive Beziehung zwischen Eltern und Kind. Der Weg dahin führt - nach Triple P - über eindeutige und konsequente Anweisungen der Eltern. Die Eltern legen fest, was sie von ihrem Kind erwarten und wie es sein Verhalten zu ändern hat. Der Schlüsselbegriff dafür lautet: Konsequenz.

So soll unerwünschtes Verhalten des Kindes reduziert werden. Das BZ bietet zwei Triple P-Varianten an, die auf unterschiedliche Altersgruppen ausgerichtet sind. Der Kurs für Eltern von Drei- bis Zwölfjährigen kostet 78 Euro. Er besteht aus vier Präsenzterminen, bei denen die Elterngruppe unter Anleitung zusammenkommt, und vier individuellen Telefonberatungen. Außerdem gibt es noch den Kurs für Eltern von Pubertierenden zwischen zehn und 16 Jahren, der 85 Euro kostet und vier Präsenztermine, drei Telefonberatungen sowie einen abschließenden Präsenztermin umfasst. Laut Dagmar Hauenschild wird das Angebot nicht sehr gut angenommen. Bei nur einem Kurs pro Jahr, der auf bis zu 14 Teilnehmer angelegt ist (der nächste wird voraussichtlich im Januar 2009 stattfinden), sei eine tatsächliche Anzahl von acht bis zehn Personen die Regel.

«Und die machen sich ohnehin schon sehr viele Gedanken, während wir diejenigen, die ein Elterntraining am nötigsten hätten, kaum erreichen», so Hauenschild. Das liege schlicht am Desinteresse und an der mangelnden Bereitschaft, in den Nachwuchs zu investieren: «Eltern mit Nürnberg-Pass müssten nur die halbe Kursgebühr zahlen, aber auch das zieht nicht.»

Wird dem Kind bei Triple P eher wenig Mitspracherecht eingeräumt, basiert das «Gordon-Familientraining» auf Verhandlungen. Das von dem Amerikaner Thomas Gordon entwickelte Konzept erreichte Deutschland in den achtziger Jahren. Gordons Buch «Familienkonferenz» wurde zum Standardwerk. Auf der Basis des Grundsatzes, das Eltern und Kinder gleichwertig sind, wird eine Lösung gesucht, die allen Beteiligten gerecht wird. Die Eltern lernen Kommunikationstechniken wie aktives Zuhören und Ich-Botschaften, welche die Beziehung zum Kind - bei Bedarf auch zum Partner - erleichtern sollen. Idealerweise lernt das Kind dann am Vorbild der Eltern, so zu kommunizieren, dass es schon früh seine Konflikte mit anderen allein regeln kann.

«Das Grundprinzip des Gordon- Familientrainings ist, dass es keine Sieger und keine Verlierer geben soll», sagt Richard Sporrer von «Zoff und Harmonie». Die Familienbildungsstätte der katholischen Stadtkirche Nürnberg bietet Kurse nach dem Gordon-Familientraining an. «Der Gedanke dahinter ist, dass negative Gefühle wie Wut und Frust sich früher oder später wieder gegen den Verursacher wenden würden», ergänzt Sporrer. Deshalb sei das Familientraining leider gar nichts für Eltern, die auf schnellem Weg Erfolge möchten.

Ein Kurs bei «Zoff und Harmonie» besteht aus insgesamt 20 Stunden, verteilt auf vier Freitagabende sowie einen Samstag und kostet 105 Euro für Einzelpersonen, für Paare 165 Euro. «Die Trainings werden gut angenommen, sie sind meistens voll belegt», so Sporrer. Der nächste Kurs ist für den Herbst vorgesehen, je nach Terminplan der Kursleiter.

www.triplep.de

www.gordonmodell.org

www.starkeeltern-starkekinder.de

Keine Kommentare