Drei Hochhäuser am Wöhrder See

18.2.2006, 00:00 Uhr
Drei Hochhäuser am Wöhrder See

Von der Decke tropft das Wasser in dicken Tropfen auf die weißen Schutzhelme der Journalisten, an den Wänden haben sich Graffiti-Sprayer schon seit Jahren ausgetobt, die Scheiben sind längst geborsten und an den Betonträgern klaffen dicke Risse. Rüdiger Berghaus von der Dibag-Industriebau AG kann aber noch nachlegen: «Da hat eine Anti-Terror-Einheit geübt“, berichtet er und zeigt auf eine gewaltsam aufgebrochene Stahltür. Einige Schritte weiter lenkt er die Aufmerksamkeit auf abgerissenes Dämmmaterial: «Teerkork, Krebs erregend!“

Auch Baureferent Wolfgang Baumann macht den Rundgang durch das von Otto Ernst Schweizer entworfene und unter Denkmalschutz gestellte Milchhof-Hauptgebäude mit. Er vertritt die Stadt, die Doblingers Dibag AG die Vorgabe gemacht hat, diesen Industriebau mit seiner filigranen Dachkonstruktion zu erhalten und als Parkhaus zu nutzen. Baumann interessieren aber weniger die Vandalismusschäden, die entstehen wenn ein Gebäude über zehn Jahre lang leer steht. Für ihn ist wichtig: Was kostet es, die Bausubstanz zu erhalten und ist das für den Bauherrn noch zumutbar?

Mindestens fünf Millionen Euro meint Berghaus müsste man an zusätzlichen Kosten veranschlagen. Für Doblinger sind es aber nicht allein diese Kosten. «Warum müssen wir mit aller Kraft ein Denkmal erhalten, das nicht zu erhalten ist?“, fragt er. An dem Schweizer-Bau und dem alten Milchhof-Schornstein müsste der gesamte Beton abgetragen werden, sogar die Eisenträger hätten Rost angesetzt und müssten teilweise ausgetauscht werden. Eigentlich müsse man das Gebäude neu bauen. Doblinger sieht darin keinen Sinn. «Die Industriegeschichte ist vorbei, der Schornstein hat ausgedient“, sagt er. Zeichen der Hoffnung sähen heute anders aus.

Deshalb will Doblinger lieber ein neues Denkmal schaffen und die Skyline am Wöhrder See erweitern. Drei Hochhäuser von etwa 45 Metern Höhe möchte er zwischen den HDI-Türmen, dem Noricus und dem Business-Tower platzieren. Moderne Dienstleistungsarbeitsplätze sollen darin entstehen, Forschungs- und Verwaltungsräume, sowie Büros «für Jungunternehmer und Idealisten“ — und das alles mit Blick auf den See und die historische Altstadt. Leerstände, da ist sich Doblinger sicher, werde er keine produzieren, denn die Mieten sollen moderat bleiben, schließlich, so hat Doblinger herausgefunden, «sind die Nürnberger geizig“.

Um diesem Geiz entgegenkommen zu können, müssen sich aber die Baukosten im Rahmen halten. Wenn ein Parkplatz in einem wiedererrichteten Schweizer-Bau 40 000 Euro koste, sei das nicht realisierbar, zumal dieses Parkhaus auch nicht optimal an die künftigen Arbeitsplätze angebunden wäre.

«Wer die Renten nicht sichern braucht, der kann schnell dumm daherreden“, entgegnet Doblinger denjenigen, die jetzt immer noch ihr Denkmalschutz-Fähnchen hochhalten. Ge-meint haben kann er dabei nur die untere Denkmalschutzbehörde in Nürnberg. Das Landesamt für Denkmalpflege hat nämlich bereits signalisiert, es nicht zu einem Konflikt kommen zu lassen, falls die Stadtverwaltung einem Abriss zustimmt.

Diese Zustimmung machte Doblinger der Stadt gestern noch mit einer Ankündigung schmackhaft: Wenn, wie von der Dibag geplant, im September der Grundstein für die Milchhof-Hochhäuser gelegt werden könne, werde er sofort das nächste Nürnberger Projekt angehen, den Augustinerhof. Schon vor zwei Jahren habe er diesen im Visier gehabt, sich dann aber entschlossen, erst das Milchhofareal zu erwerben. Peter Viebig

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