Einstige Quelle-Tochter ServicelogiQ macht dicht

29.9.2007, 00:00 Uhr
Einstige Quelle-Tochter ServicelogiQ macht dicht

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Damit tritt ein, was die Mitarbeiter zwei lange Jahre befürchteten und von dem sie hofften, dass es sich noch abwenden ließe. Aus und vorbei.

«Dieses Unternehmen ist nicht wettbewerbsfähig», begründet Primondo-Sprecher Manfred Gawlas den Schritt. «Mit den modernen, preisaggressiven Mitbewerbern auf der grünen Wiese kann es einfach nicht mithalten.» Und: «Jedes einzelne Geschäft unter dem Dach von Primondo muss sich mit seinen Leistungen selbst am Markt behaupten.» Eine Teilsubventionierung, wie sie ServicelogiQ (SLQ) in den vergangenen Jahren zuteil geworden sei, ist einfach nicht mehr möglich, so der Sprecher.

SLQ war jahrelang eine Quelle-Tochter und wurde zur Schwester, als die diversen Versandhandelsaktivitäten in einer Holding gebündelt wurden. Der Name der Gruppe: Primondo. Diese gehört wiederum zum KarstadtQuelle-Konzern, der sich jetzt Arcandor nennt. Und in diesem ist kein Platz für Aktivitäten, die nicht zu den Kernkompetenzen zählen - und auch erst einmal Geld kosten, statt welches abzuwerfen.

«Passion, Performance, Partnership» hat sich Primondo nach Aussage von dessen Vorstandschef Marc Sommer auf die Fahnen geschrieben. Doch das Partnerschaftliche dürfte sich Roland Speer, Betriebsratsvorsitzender von SLQ, kaum erschließen. «Leider wurde versäumt, beizeiten in die Firma zu investieren», sagte er. Denn nur so hätte es gelingen können, wettbewerbsfähig zu bleiben. Stattdessen wurden den Mitarbeitern in den vergangenen zwei Tagen Begriffe wie «negativer Deckungsbeitrag», «zu hohe Marktpreise und Infrastrukturkosten» um die Ohren gehauen.

Binnen eines Jahren rund 20 Kunden verloren

Dabei war ServicelogiQ 1995 erfolgreich gestartet, hatte jahrelang auch ordentliche Gewinne erwirtschaftet. Dank des Know-hows der Quelle war SLQ eines der ersten Unternehmen, die logistische Dienstleistungen rund um den Versandhandel anbieten konnten - von der Kundenbestellung im CallCenter über Lagerverwaltung, Versand und Buchführung bis hin zum Retourenmanagement. Rund 1500 Mitarbeiter waren in guten Zeiten hier beschäftigt.

Doch immer mehr Unternehmen entdeckten dieses Geschäft für sich. An diese verlor SLQ sukzessive seine Kunden. Allein 15 in diesem Jahr - davon zwölf externe und drei aus dem eigenen Haus. Noch Ende 2006 nahmen 31 Firmen die Dienste von SLQ in Anspruch. Der Tabakwaren-Hersteller Lucky Strike wechselte aber die Firma ebenso wie die Juwelier-Kette Christ, der Anbieter des Energy-Drinks Red Bull sowie der Versender Brigitte von Boch. Besonders herb war der Verlust des TV-Verkaufssenders Home Shopping Europe (HSE), der Mitte vergangenen Jahres bei SLQ ausstieg. Allein davon waren etwa 300 Mitarbeiter des Dienstleisters betroffen. Und obwohl Primondo die HSE-Anteile dieses Jahr zurückkaufte, bleibt HSE als Kunde verloren.

Am Ende dieses Jahres werden es wohl nur noch zehn Kunden sein, darunter der nach der Schickedanz-Tochter benannte Versender «Madeleine». Die Verträge der verbliebenen Kunden würden nicht wieder erneuert, so dass SLQ zum 30. September 2009 endgültig dicht macht. Bis dahin würden die «Kapazitäten angepasst». Nach unten, versteht sich.

Noch in der zweiten Oktoberhälfte sollen die Sozialplanverhandlungen für die 580 Mitarbeiter beginnen. Dass die meist angelernten Mitarbeiter - darunter viele Frauen - in anderen Unternehmensbereichen von Primondo unterkommen könnten, glaubt Norbert Koesling nicht.

So fallen nach Angaben des für den Versandhandel zuständigen Verdi-Sekretärs bundesweit weitere 650 bis 700 Stellen weg, wenn die über 130 Fox-Märkte geschlossen werden. Der Verkauf von Restposten und Zweiter-Wahl-Ware des Versenders rechnet sich ebenfalls nicht. Diese Maßnahme wird den Standort weitere 80 bis 90 Arbeitsplätze bei Fox kosten und zusätzlich rund 50 Stellen bei SLQ, wie Koesling schätzt.

Auch die Logistik selbst - «also alles, was mit Regalen und Paketen zu tun hat», wie es Betriebsratschef Speer umreißt - kann sich ihres Platzes unter dem Primondo-Dach keineswegs sicher sein. Wie fünf Spezialversender (drei von ihnen wurden bereits veräußert) steht die Logistik-Sparte auf der Verkaufsliste.

Zur reinen Logistik gehört das Versandzentrum in Leipzig, dass seinerzeit Fürth ablöste. Allerdings musste auch die Belegschaft in Sachsen bereits schmerzhafte Einschnitte hinnehmen. Sie wurde in den vergangenen Jahren von 1100 auf 800 Mitarbeiter verkleinert. Weitere gut 400 Mitarbeiter der Logistik sind im Retouren-Kompaktlager in Nürnberg sowie im Hängeversand in Frauenaurach tätig.

Bereits verkauft wurden im Zuge der Sanierung sämtliche Immobilien, in denen Primondo jetzt als Mieter sitzt. Den langfristig für das SLQ-Gebäude abgeschlossenen Mietvertrag wird die Gruppe trotz dessen Schließung nutzen: Hier sollen künftig die Primondo-Aktivitäten auch physisch gebündelt werden. «Bislang ist das Unternehmen auf etwa 40 Standorte verteilt. Mit dieser Maßnahme werden erstmals alle Bereiche an einem Standort konzentriert sein», so Sprecher Gawlas. Die Foto-Quelle ist der erste Bereich, der hier einzieht. Die Umbauarbeiten jedenfalls sind schon in vollem Gange. Diese Maßnahme lässt sich Primondo insgesamt rund 50 Millionen € kosten. Anja Kummerow

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