Ideen gegen Schuttberge

25.11.2009, 00:00 Uhr
Ideen gegen Schuttberge

© Aus dem Katalog

«Weichen für den Wiederaufbau» ist die zweite von drei Ausstellungen, die sich mit dem Thema Wiederaufbau auseinandersetzt. Im Fembohaus war in diesem Jahr schon die Ausstellung, wie Künstler den Wiederaufbau gesehen haben. Ab Ende Januar geht es wiederum im Fembohaus um die Umsetzung der Pläne im Detail.

Von den 134 000 Wohnungen, die in Nürnberg 1939 gezählt wurden, waren nach Kriegsende nur noch 14 577 Wohnungen nicht zerstört. Das waren 10,8 Prozent. Der Schuttberg der Innenstadt war deutlich größer als die Cheops-Pyramide in Ägypten. Bezogen auf die Stadtfläche war Nürnberg nach Dresden die am meisten zerstörte Stadt Deutschlands. Während etwa Koblenz, Heilbronn und Stuttgart beim Wiederaufbau auf ihren historischen Grundriss keine Rücksichten nahmen, so Michael Diefenbacher, Leitender Archivdirektor des Stadtarchivs, suchten die Nürnberger nach einem eigenen Weg: «Sie wollten Altes und Neues miteinander verbinden und nicht nur rekonstruieren.»

Um die Frage beantworten zu können, wie Nürnberg wieder erstehen soll, wurde 1947 der Wettbewerb «Tausend Gedanken für den Wiederaufbau und Neubau der Stadt Nürnberg» ausgelobt. Laut Martina Bauernfeind, die vom Stadtarchiv die Ausstellung konzipiert hat, gab es 1192 Einsendungen, meistens von Laien. Die Darstellung solcher ungewöhnlicher Skizzen zum Wiederaufbau ist einer der schönsten Teile der Ausstellung: Da wünschen sich Nürnberger Fertighäuser, die von Flugzeugen angeliefert werden. Andere bringen schon eine U-Bahn ins Spiel, oder aber es wird auf der Zeppelinwiese eine Gartenstadt als Bauform gewünscht. Mit dem «grünen» Stadtteil Langwasser ging dieser Wunsch auch in Erfüllung.

Ebenfalls 1947 führte Nürnberg als eine der ersten Städte einen Architektenwettbewerb durch. Mit 188 Einsendungen stellte er sich dann als der größte Wiederaufbau-Wettbewerb im Nachkriegsdeutschland heraus. Die Vorschläge der Stadtplaner reichten vom vollständigen Bruch mit der Vergangenheit bis hin zur kompletten Rekonstruktion der Altstadt. Am Ende setzte sich, so Bauernfeind, ein «pragmatischer Weg» durch. Unter Führung von Heinz Schmeißner, der dann 1949 zum Baureferenten gewählt wurde, hielt Nürnberg im Wesentlichen an den alten Straßenführungen fest und baute historisch wichtige Bauten wie die Burg, das Rathaus und die Innenstadtkirchen wieder auf. «Die neuen Häuser fügten sich aber maßstäblich ein», sagte Rudolf Käs, Leiter des Stadtmuseums Fembohaus.

Obwohl Ende 1949 erst ein Viertel der Schuttmassen beseitigt war, führte die Stadt schon die in ganz Deutschland beachtete «Deutsche Bauausstellung» durch. Maschinen für den schnellen Hausbau wurden gezeigt, es gab Tipps, wie günstig gebaut werden kann und vor allem Anregungen für modernes Bauen.

Laut Bauernfeind leitete die Ausstellung das Ende des Redens über das «Wie» des Wiederaufbaus ein. Am 26. April 1950 wurde der Grundplan, der die Details des Wiederaufbau festlegt, vom Stadtrat verabschiedet.

Zu dieser Ausstellung ist der von Martina Bauernfeind und Rudolf Käs gestaltete, interessante Katalog «Wiederaufbau in Nürnberg» erschienen. Er kostet 19,80 Euro. Die Ausstellung in der Norishalle, Marientorgraben 8, kostet keinen Eintritt und ist bis zum 27. Januar 2010 zu sehen. Auf Nachfrage gibt es Gruppenführungen. Am 15. Dezember wird ein Zeitzeugengespräch über die Trümmerzeit in Nürnberg durchgeführt.

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